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05.04.2020 | 13:24 | Tierschutzverstöße 

Schlupflöcher für umstrittene Tiertransporte in Drittstaaten

Potsdam - Beim Export von Rindern in Nicht-EU-Länder hat sich Brandenburg nach Ansicht des Deutschen Tierschutzbundes zu einem «Schlupfloch» für fragwürdige Transporte entwickelt.

Tiertransport
Obwohl es seit Jahren immer wieder Berichte über Tierschutzverstöße auf langen Strecken gibt, genehmigen einige Länder die Transporte, andere verweigern sie. Eine einheitliche Regelung steht noch aus. (c) proplanta
«Viele Tiere kommen aus anderen Bundesländern zur Ausfuhr nach Brandenburg», sagt Fachreferentin Frigga Wirths. Auf den mehrere tausend Kilometer langen Routen zum Beispiel nach Usbekistan, Kasachstan und Turkmenistan seien Verstöße gegen den laut Europäischem Gerichtshof auch in Drittländern geltenden Tierschutz bei Transporten an der Tagesordnung.

Nach Angaben des Brandenburger Verbraucherschutzministeriums wurden 2019 aus Brandenburg rund 24 800 Rinder in Nicht-EU-Länder ausgeführt, das waren 650 weniger als 2018, aber noch immer 3100 mehr als 2016.

In der Antwort auf eine Anfrage der Linke-Landtagsabgeordneten Marlen Block bestätigt das Ministerium, es gebe Hinweise, dass über Brandenburg zunehmende Transporte abgefertigt werden sollten. Angaben darüber würden in den Kommunen jedoch nicht systematisch erfasst.

Tierärztin Wirths verwies auf einen Bericht der hessischen Tierschutzbeauftragten Madeleine Martin, die im Vorjahr mit Veterinärexperten aus drei Bundesländern eine Reise entlang der Tiertransporte in Richtung Usbekistan unternommen hatte. Dabei sei festgestellt worden, dass es auf weiten Strecken überhaupt keine Entlade- und Versorgungsstationen gegeben habe. In den Frachtpapieren eingetragene Haltepunkte hätten nicht existiert. Der Transport dauere mehrere Tage. Spätestens nach 29 Stunden müssten die Tiere aber für eine 24-stündige Ruhepause abgeladen und versorgt werden.

Eine Nachfrage des Tierschutzbundes bei den Brandenburger Veterinärämtern über die Transportkontrollen sei «nüchtern» ausgefallen, sagte Wirths. Die Veterinärämter der Kreise sind für die Genehmigung zuständig. Zwei Landkreise verweigerten seit Wochen Auskünfte, nur zwei hätten Angaben gemacht.

Im Mai 2019 hatte der damalige Verbraucherschutzminister Stefan Ludwig (Linke) im Landtag eingeräumt, außerhalb der EU gebe es eine unklare Datenlage. Die Rechtsprechung verpflichte die Behörden jedoch, die Tiertransporte zu genehmigen.

Anders als Brandenburg hatte Hessen bereits Anfang 2019 Tiertransporte in 17 Nicht-EU-Staaten untersagt, darunter nach Kasachstan und Usbekistan. Ähnliche Verbote gab es in Bayern und Schleswig-Holstein.

Im März 2019 fasste der Landtag einen Beschluss gegen das Leid bei Tiertransporten. Das Handbuch Tiertransporte sollte für alle Veterinärbehörden als verbindlich gelten, ein Erlass dazu sollte nach einem Jahr überprüft werden. Im Bund und bei der EU sollte Brandenburg darauf dringen, dass Bußgelder bei Rechtsverstößen erhöht werden. Kontrollen von Tiertransporten in Drittstaaten seien «zu intensivieren».

In der Antwort des Ministeriums auf die Anfrage Blocks ist jetzt nicht mehr von intensiveren, sondern nur noch von «anlassbezogenen» Überprüfungen durch die Fachaufsicht die Rede. Geplant sei für dieses Jahr zudem ein Controlling der Transporte in Drittländer. Dabei soll die «Plausibilitätsprüfung der Transportplanung» Schwerpunkt sein.

Für die Linke-Abgeordnete ist die Antwort «völlig unzureichend». Die Formulierung der anlassbezogenen Überprüfungen sei schwammig, sagte Block. Unklar sei auch, was die Plausibilitätsprüfung bedeute und ob es überhaupt fachaufsichtliche Kontrollen gegeben habe.

Wirths geht davon aus, dass ein Großteil der exportierten Rinder «sehr schnell» in Schlachthäusern landet. In den Drittländern wachse die Nachfrage nach Rindfleisch. «In Deutschland gibt es keinen Absatzmarkt für die Tiere. Hier dient der Export einzig dem Abbau überflüssiger Rinder», sagte sie.

Die Veterinärbehörden hätten einen Ermessensspielraum bei der Genehmigung problematischer Fahrten. Sie könnten wie in Bayern und Hessen die Bestimmungen sehr streng auslegen. Leider gebe es Bundesländer, die beim Tierschutz nicht so genau hinsehen. «Warum zum Beispiel Brandenburg dem Beispiel Bayerns und Hessens nicht folgt, ist mir unbegreiflich.»
dpa/bb
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