«Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der Tierärzte sorgsam damit umgeht», sagte Landestierarzt Klaus Reimer der Nachrichtenagentur dpa. Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass sich in Fleisch, Eiern oder Milch vermehrt Rückstände von
Antibiotika befänden. Gleichwohl werde jetzt nach «missbräuchlichen Datenbanken» gesucht.
Anlass ist eine Studie, wonach der Einsatz von Antibiotika in der Hähnchenzucht die Regel ist. Bei einer Untersuchung fast aller Hähnchenmastbestände in Nordrhein-Westfalen entdeckten Gutachter, dass mehr als 96 Prozent der rund 15 Millionen erfassten Tiere mit Antibiotika behandelt worden waren. Ihre Aufnahme über die Nahrung kann bei Menschen dazu führen, dass sie bei einer Krankheit nicht mehr wirken. Wegen multiresistenter Keime sterben in Deutschland jedes Jahr tausende Menschen.
Laut Arzneimittelgesetz dürfen Antibiotika nur zur Behandlung kranker Tiere eingesetzt werden. Die Geflügelwirtschaft steht aber im Verdacht, die Mittel auch als Dopingmittel zur Wachstumsförderung zu verwenden. «Das Ergebnis verursacht bei mir eine dauerhafte Übelkeit», hatte NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) jüngst bei der Vorstellung der Studie gesagt.
Brandenburgs Landestierarzt Reimer unterstrich, er zweifle eine Übertragbarkeit der Studienergebnisse auf andere Bundesländer an. In der Tierärzteschaft in Brandenburg herrsche Einigkeit darüber, gewissenhaft mit Medikamenten und Hormonen umzugehen. Würden Tiere krank, müssten sie allerdings behandelt werden. «Das gebietet schon das Tierschutzgesetz.» Die Veterinäre hätten dann «Therapiefreiheit».
Dabei werde streng darauf geachtet, dass Medikamente nicht in die Hände der Landwirte gelangen. «Schwarze Schafe» seien in der Branche gleichwohl nicht auszuschließen, fügte Reimer hinzu.
Nach Angaben des Geflügelwirtschaftsverbands Brandenburg wurden im vergangenen Jahr 3,7 Millionen Masthähnchen und 2,8 Legehennen in den märkischen Agrarbetrieben gehalten. Zahlen über die Menge der eingesetzten Antibiotika habe der Verband nicht, wie Landesgeschäftsführerin Anika Folgart sagte.
Die Sprecherin des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft, Christiane Riewerts, ergänzte, dass der Einsatz von Antibiotika in den landwirtschaftlichen Betrieben durchaus dokumentiert werde. Was fehle, sei eine einheitliche Auswertung - dieses Problem werde die Branche jetzt aber angehen. Riewerts verwies zudem darauf, dass der Geflügelwirtschaftsverband bereits eine Initiative zur besseren Überwachung von Antibiotika in der Geflügelzucht ergriffen habe. Ziel sei es, den Einsatz in den kommenden fünf Jahren um 30 Prozent zu reduzieren. (dpa/bb)