Die 43-Jährige züchtet Reissorten - Reis, der auch in sengender Hitze überlebt, in Überschwemmungsgebieten oder in ausgelaugten Böden. Drei Milliarden Menschen ernähren sich weitgehend von Reis, 90 Prozent davon in Asien. Der
Klimawandel bedroht Millionen Hektar Anbauflächen. Die Molekularbiologin steht an vorderster Front der Nutzpflanzenforschung: im Reisforschungsinstitut IRRI in Los Banos auf den Philippinen.
Gerade hat die Wissenschaftlerin mit Kollegen den Erfolg 20- jähriger Forschungsarbeit gefeiert: Eine vom IRRI entwickelte neue Sorte, die auch bei
Überschwemmungen überlebt, wurde kürzlich auf den Philippinen und in Indien zugelassen. Zufrieden steht Heuer auf dem IRRI-Gelände zwei Autostunden südöstlich von Manila vor ihrem Forschungsfeld: in einer etwa fünf mal 20 Meter großen Kuhle sind 20 Beete angelegt. Es gibt verschiedene Sorten, jeweils mit und ohne Sub1-Gen, das die Pflanze «wasserdicht» macht. «Wir fluten das Feld zwei Wochen, dann sieht man den Unterschied,» sagt Heuer.
Tatsächlich: In einigen Beeten ragen nur noch Halme hoch, in denen mit Sub1-Gen stehen die Pflanzen dicht an dicht. «Was wir machen, ist eine Mischung aus klassischer Züchtung mit neuen Technologien», sagt Heuer. Das Toleranz-Gen Sub-1 wird im Labor in einer bestimmten Sorte gefunden und dann in eine ertragreiche Sorte hineingebracht. «Wir sehen bei einer DNA-Untersuchung, ob das Gen da ist oder nicht. Damit beschleunigen wir den Prozess und machen ihn präziser - die DNA-Analyse spart eine ganze Saison.» Jedes Jahr würden 10 bis 15 Millionen Hektar Reisanbaufläche überflutet. «Dabei geht Reis im Wert von einer Milliarde Dollar verloren. Sub1 wird Millionen von Bauern helfen.» Das Reisforschungsinstitut arbeitet im öffentlichen Interesse, Patente auf seine Sorten meldet es nicht an.
Die Klimaforschung am IRRI koordiniert Reiner Wassmann. «Reis wird in Küstenregionen und Deltas angebaut - in Bangladesch, Birma und Vietnam. Wenn der
Meeresspiegel steigt, betrifft das Reis mehr als jedes andere Getreide», sagt der vom Forschungszentrum Karlsruhe ausgeliehene Biologe. «Vom Wohl und Wehe von Reis hängen mehr Menschen ab als von jedem anderen Getreide.» Aber die Anbauflächen schrumpfen ohnehin schon, um Platz für Bebauung zu machen. Der Verbrauch übersteigt seit Jahren die Ernte. Ernteausfälle durch Hitze, Dürre oder Überschwemmungen wären eine zusätzliche Katastrophe. Die Bauern brauchen dringend neue Sorten, um im veränderten Klima weiter Erträge zu erwirtschaften.
Reispflanzen werden steril, wenn sich die Blüte bei mehr als 36 Grad öffnet. Bei den meisten geschieht das am späten Vormittag. «Wir suchen jetzt Sorten, die sich früh morgens öffnen, wenn es noch nicht so heiß ist», sagt Wassmann. Er zeigt auf dem 250 Hektar großen IRRI- Versuchsgelände die Gewächshäuser, in denen höhere Nachttemperaturen simuliert werden. «Wir haben eine Korrelation zwischen hohen Nachttemperaturen und niedrigem Ertrag», sagt er. «Die Frage ist jetzt: gibt es Sorten die höhere Nachttemperaturen besser aushalten?»
«Rund 60 Prozent der Reisproduktion weltweit erfolgt mit IRRI- Sorten», sagt Forschungsdirektor Achim Dobermann aus Leipzig. «Von 300 hier gestarteten Sorten schaffen es aber vielleicht drei oder vier in den Markt.» Das Institut hat eine Sorte in der Pipeline, die in drei Jahren marktreif sein könnte: Goldener Reis mit hohem Vitamin A-Anteil, weil ein Mais-Gen eingezüchtet ist.
Mit Gen-Manipulation hat das nichts zu tun, betont Dobermann. Forschungsansätze mit genverändertem Bt-Reis, der gegen den Stengelbohrer resistent ist, sind aufgegeben worden. Durch den Schädling gehen zwei oder drei Prozent der Ernte verloren. «Wir haben uns gefragt: ist es nötig, bei relativ kleinen Ertragsverlusten gleich die genetische Kanone rauszuholen?» sagt er. Sein neuestes Projekt ist ein Versuchsfeld mit einer Million Sorghum-Pflanzen. Bei dem Getreide läuft die Photosynthese effizienter - die Umwandlung von Licht in Biomasse. Wenn das Gen dafür gefunden und in Reis gezüchtet werden könnte - «das wäre der Nobelpreis, das brächte 30 bis 50 Prozent mehr Ertrag», sagt er. (dpa)