Hitzewelle hat Schattenseiten
Deutschland steht an diesem Samstag der bislang wohl heißeste Tag des Jahres und womöglich ein
Hitzerekord bevor. Neben den Sommerfreuden haben die zurzeit hohen Temperaturen auch negative Seiten. Ein Überblick:
Gesundheit: Das extreme Wetter macht Mensch und Natur zunehmend zu schaffen. An der Uniklinik Mainz zum Beispiel wird befürchtet, dass mit jedem weiteren Hitzetag mehr Menschen in die Notaufnahme eingeliefert werden. Mit akuten Kreislaufproblemen kämpften vor allem alte Menschen. Am Donnerstag versorgte die Klinik schon fünf Notfälle, darunter einen völlig ausgetrockneten Mann, der zeitweise auf der Intensivstation behandelt werden musste. «Die Kollegen sind für weitere Einsätze gewappnet», sagte ein Sprecher. Infusionen und Kühldecken stünden bereit. Laut einer Studie steigt nach dem dritten Tag einer
Hitzewelle die Zahl der Menschen, die in der Notaufnahme medizinisch betreut werden müssten.
Straßen: Die
Gluthitze kann zu einer Gefahr im Straßenverkehr werden und verursacht Schäden an Autobahnen. Vorfälle gab es aktuell etwa auf der A7 in Hamburg und auf der A5 bei Heidelberg. «Der Asphalt reagiert auf die Hitze und je heißer es wird, desto weicher werden die Fahrbahnen», sagte ein Sprecher des Regierungspräsidiums Stuttgart. Der ADAC warnte, Autobahnen und Landstraßen könnten aufbrechen oder es entstünden Dellen. Verkehrsteilnehmer sollten besonders vorsichtig fahren und den Sicherheitsabstand vergrößern. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will verstärkt Autobahnen überwachen. Er habe einen Aktionsplan gegen Hitzeschäden auf den Autobahnen aufgelegt, sagte er der «Passauer Neuen Presse» vom Freitag. Spezielle Messfahrzeuge würden untersuchen, wo die Gefahr für Blow-ups - aufgeplatzte Straßenabschnitte - am höchsten sei. «Alle Schäden werden umgehend repariert.»
Bahn: Bei der Bahn fielen Klimaanlagen aus. Die Deutsche Bahn will für die besonders betroffene Linie Berlin-Amsterdam zwei Ersatzzüge bereitstellen. Sie sollen eingesetzt werden, wenn die Luftkühlung in anderen IC auf der Strecke versagt, teilte ein Bahnsprecher mit. Bei etwa einem Dutzend Intercitys auf der Linie Berlin-Amsterdam hatten die Klimaanlagen am Donnerstag ihre Arbeit eingestellt. Insgesamt mehrere Hundert Fahrgäste mussten deshalb in Osnabrück umsteigen und mit anderen Zügen weiterfahren. Manche Intercity-Waggons auf der Strecke sind mehr als 30 Jahre alt.
Badeunfälle: Allein in Nordrhein-Westfalen wurden in den vergangenen Tagen vier Tote nach Badeunfällen gezählt, am Donnerstag ein 20-Jähriger an einem See in Leverkusen. In Mecklenburg-Vorpommern bereiten sich die Rettungsschwimmer auf einen großen Ansturm von Badegästen an der Ostseeküste vor. Alle Haupttürme und die wichtigsten Nebentürme seien besetzt, sagte die DLRG-Einsatzleiterin. «Niemand muss in einem unbewachten Strandbereich baden gehen.»
Wasser: In einigen Regionen droht Wasserknappheit. Nach einem Versorgungsengpass wegen Hitze und Trockenheit hat der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) die Verbraucher aufgefordert, Leitungswasser sparsam zu verwenden. Der Verband bat die Kunden, auf unnötiges Rasensprengen zu verzichten und Wasser in Pools nicht vorschnell auszutauschen. Zum Duschen empfahl er den späteren Abend. OOWV-Bereichsleiter Axel Frerichs sprach mit Verweis auf die lange Trockenheit von einer außergewöhnlichen Lage. «Derzeit wird besonders in den Spitzenzeiten, also morgens und abends, ein Vielfaches des normalen Tagesbedarfs verbraucht.» Bei andauernder Hitze könne es etwa in den Orten Lohne und Steinfeld auch in den kommenden Tagen zu Engpässen kommen.
Veranstaltungen: Veranstalter und Rettungsdienste stocken die Wasservorräte auf. Festivalveranstalter empfehlen auf ihren Internetseiten Sonnenhüte und Sonnenschutz. Vereinzelt gilt wegen der trockenen Wiesen auch Grillverbot. «Wir können uns auch vorstellen, mit dem Strahlrohr auszurücken oder die Besucher mit Sprühnebel zu erfrischen», sagte ein Sprecher der Kölner Feuerwehr. Am Wochenende finden in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel zahlreiche Reggae- und Rockveranstaltungen statt. Bei «Bochum Total», das bereits am Donnerstag begann, wurden 700.000 Zuschauer erwartet. Die Veranstalter des Christopher Street Day in Köln rechnen am Sonntag mit 800.000 Teilnehmern und Schaulustigen.
Waldbrandgefahr: Angesichts der Hitzewelle müssen Wanderer und Ausflügler mit gesperrten Waldgebieten rechnen. In Thüringen zum Beispiel könne die
Waldbrandgefahr in den nächsten Tagen auf die höchste Warnstufe 5 steigen, teilte der Thüringenforst mit. Damit können extrem gefährdete Waldgebiete gesperrt werden. Die Forstämter bereiten Rufbereitschaften vor und planen die mögliche Sperrung von öffentlich zugänglichen Grillplätzen und Feuerstellen im Wald.