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14.12.2019 | 02:18

Storchenpopulation: Baden-Württemberg und Brandenburg buhlen um Platz 1

Störche in Deutschland
Jahrelang hatte Brandenburg deutschlandweit die meisten Störche. In diesem Jahr könnte Baden-Württemberg erstmals zumindest mit auf Platz eins gerückt sein. Wer das Rennen macht, wird vermutlich Auslegungssache sein. (c) proplanta

Putzen im Storchennest - Gefahr durch Plastikmüll



In Baden-Württemberg gibt es immer mehr Weißstörche. Das liegt auch daran, dass viele im Winter nicht mehr die gefährliche Reise bis nach Afrika auf sich nehmen. Gefahr lauert aber auch im eigenen Nest.

Eine leere Saftpackung, das Stück eines Fahrradschlauchs, mehrere Mikrofasertücher und fünf oder sechs Plastikhandschuhe hat sich das Storchenpaar in sein Nest geholt, als vermeintliches Fressen oder als Nistmaterial.

Im Karlsruher Klärwerk, in dem sich das Storchennest auf einem rund acht Meter hohen Mast befindet, konnten die Vögel besonders viel sammeln. Nun sind die gefiederten Nestbewohner im Süden und Stefan Eisenbarth räumt bei ihnen auf.

«Das ist alles unheimlich gefährlich für die Störche», sagt der 58-jährige Gärtnermeister, der sich ehrenamtlich um die Weißstörche in der Gegend kümmert. Die Vögel versuchen die weichen Gummiteile zu essen, verstopfen sich damit den Magen und können verhungern, erklärt der Storchenbetreuer.

Durch große Plastikteile am Nestboden sammelt sich der Regen im Horst - die Jungstörche erfrieren im schlimmsten Fall. Durch zu viel Müll kann ein Nest auch zu schwer werden und abstürzen, sagt Eisenbarth.

Die baden-württembergische Storchenbeauftragte Ute Reinhard erklärt: «Ganz schlimm sind die Ballenschnüre, die die Landwirte in der Landschaft herumliegen lassen.» Eisenbarth musste selbst einmal einem Jungstorch eine eingewachsene Kunststoffschnur aus dem Bein schneiden. Die Schnur wickele sich um Beine oder Hals der Vögel, manchmal ziehe sie sich bis auf die Knochen zu, sagt Reinhard. Nicht immer könne man dann den Störchen noch helfen.

Die Weißstörche können organische Stoffe nicht von Plastikmüll unterscheiden, erklärt Reinhard. Haushaltsgummibänder sehen für die Störche aus wie Regenwürmer. Kunststoffschnüre halten die Vögel für Grasbüschel. Nicht selten holen sich die Störche auch die Plastikplanen ins Nest, die die Menschen zum Abdecken von Holz verwenden und danach einfach im Wald liegen lassen.

Viele seien da mittlerweile sehr nachlässig, sagt die Storchenbeauftragte. Je nach Größe der herumliegenden Teile können sich auch andere Tiere darin verfangen und verletzen, ergänzt Claudia Wild, Sprecherin des Naturschutzbundes Nabu in Baden-Württemberg.

Die meisten Weißstörche sterben noch immer durch Stromschläge, erklärt Reinhard. Auch gebe es immer mehr Zusammenstöße mit Fahrzeugen. Jungstörchen werde schnell schlechtes Wetter zum Verhängnis oder fehlende Nahrung. Müll spiele unter den Gefahren eine kleinere Rolle, sei im Vergleich zu den anderen aber eigentlich so einfach zu vermeiden.

Trotz aller Gefahren gibt es in Baden-Württemberg immer mehr Weißstörche - vielleicht sogar mehr als in Brandenburg, das jahrzehntelang storchenreichstes Bundesland war. Nach einer vorläufigen Erhebung machten 2019 etwa 1.330 Storchenpaare im Südwesten Station, sagte Reinhard. Die meisten von ihnen bekamen Nachwuchs, gezählt wurden bislang rund 2.150 Storchenküken. 2018 brüteten laut Nabu-Erhebung rund 1.150 Storchenpaare im Land.

Deutschlandweit wurden im vergangenen Jahr fast 7.000 Brutpaare gezählt. Der Bestand im Bund nimmt laut Nabu seit den 90er Jahren zu. Vor allem im Westen gibt es inzwischen einen starken Zuwachs, erklärt Reinhard. Das liege daran, dass dort viele Störche im Winter nicht mehr die gefährliche Route bis nach Afrika auf sich nehmen. Viele fliegen nur nach Spanien, manche bleiben sogar in Deutschland. Im baden-württembergischen Oberschwaben blieb 2018 rund ein Drittel der Störche über Winter im Land.

Auch in Eisenbarths Zuständigkeitsgebiet von Karlsruhe bis Iffezheim im Kreis Rastatt leben inzwischen deutlich mehr Störche: Vor zehn Jahren übernahm er mit seinem Ehrenamt fünf oder sechs Storchennester, erinnert sich der 58-Jährige. Mittlerweile kümmert er sich um 50 Horste.

Wo die Bewohner des Nests im Karlsruher Klärwerk hingeflogen sind, weiß er nicht. Vermutlich kommt aber noch vor Winterende dasselbe Paar zu dem Horst zurück. Weißstörche sind nicht dem Partner aber ihrem Nest treu, sagt Eisenbarth. Vor der Brutzeit im März polstern sich Störche jedes Jahr ihr Domizil frisch aus - ob mit geeignetem Material, wird sich zeigen.
dpa
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