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25.12.2014 | 00:09 | Ökologisches Monitoring 

Artenerfassung im Nationalpark Nordschwarzwald

Karlsruhe - Sie gehört zu den heimlichen Köpfen des Jahres: Pilzforscher haben Ende September im Nationalpark Schwarzwald die äußerst seltene Zitronengelbe Tramete (Antrodiella citrinella) entdeckt. Mit dem reichlich vorhandenen Fichtentotholz finde diese Art dort günstige Bedingungen vor, sagt der Karlsruher Pilzforscher Markus Scholler.

Nationalpark Nordschwarzwald Monitoring
Der Nordschwarzwald wird zur Forschungsstätte: Schon jetzt werden Pilze dokumentiert, im neuen Jahr folgen weitere Projekte. Die Erfassung der Arten dient auch als Frühwarnsystem für Veränderungen in der Umwelt. (c) proplanta
Der getrocknete Pilz liegt jetzt in der wissenschaftlichen Sammlung des Staatlichen Museums für Naturkunde in Karlsruhe und kann von aller Welt für Forschungszwecke ausgeliehen werden. «Getrocknete Pilze sind äußerlich unansehnlich, schaut man sich das Material aber im Mikroskop an, sind sie traumhaft schön», schwärmt der Mykologe.

Die Erfassung von Pilzen im Bannwald «Wilder See» bei Baiersbronn ist das erste der wissenschaftlichen Vorhaben im Nationalpark. Mehr als 400 Arten konnten bisher dokumentiert werden. Im neuen Jahr folgen weitere Projekte, koordiniert von der Fachabteilung für ökologisches Monitoring.

Deren Leiter Marc Förschler nennt die Bestandserfassung von Käfern wie der Blattkäferart Dendrophagus crenatus, die auf das im Wald verbleibende Totholz angewiesen sind. Mit der Vegetationsperiode im April setze das Monitoring von Moosen, Farnen und Bärlappgewächsen ein.

Besonders am Herzen liegen dem Ornithologen seltene Vogelarten wie der kleine Sperlingskauz oder der Dreizehenspecht. «Von diesem Specht haben wir drei Brutpaare im Nationalpark registriert - wir hoffen, dass sich die Population weiter aufbauen kann», sagt Förschler. Beim seltenen Auerhuhn, dem Symboltier des Nationalparks, soll erfasst werden, wie viele Küken schlüpfen.

«Solche Monitoring-Projekte sind von ganz großer Bedeutung», sagt der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) Baden-Württemberg, Andre Baumann. Die kontinuierliche Erfassung von Daten sei eine wesentliche Voraussetzung für Naturschutzmaßnahmen. Der Nationalpark sei auch für die Forstwirtschaft eine wichtige Referenz: «Wenn man die Folgen des eigenen Handelns abschätzen will, muss man wissen, was passiert, wenn sich der Wald ohne Eingriffe entwickelt.»

Die Veränderungen der Vegetation unter den Schutzbedingungen des Nationalparks sind ein zentrales Anliegen der Abteilung Förschlers, deren Umfang bis 2016 von derzeit drei auf dann neun Mitarbeiter ausgebaut werden soll. «Das wird spannend zu sehen, was die Natur anstellt und was sich ohne menschlichen Einfluss alles entwickelt.» Das Projekt ist langfristig angelegt, will die Veränderungen über mehrere Jahrzehnte hinweg erfassen. «Wir haben einen großen Ansturm von Universitäten und Forschungseinrichtungen», sagt Förschler.

Was treibt die Wissenschaftler an? «Es gibt 1,5 Millionen Pilzarten und von denen sind erst etwa 100.000 beschrieben», erläutert Pilzforscher Scholler. «Das macht den besonderen Reiz dieser Biodiversitätsforschung aus.» Sogar im städtischen Raum kann man noch bedeutsame Pilze entdecken. So hat Scholler kürzlich in Karlsruhe einen pflanzenparasitischen Rostpilz entdeckt, der der Wissenschaft noch nicht bekannt ist und den er als neue Art beschreiben wird.

Pilze können auch dabei helfen, Menschen rechtzeitig auf gefährliche Entwicklungen aufmerksam zu machen. «Viele Pilze reagieren hochsensibel auf Umweltveränderungen», sagt Scholler. Manche der seltenen Pilze im Nationalpark sind noch nicht auf ihren Wirkstoffgehalt untersucht worden - sie könnten für die pharmazeutische Industrie von Interesse sein. Aber jede Art ist auch für sich kostbar und bildet einen Teil der natürlichen Vielfalt, wie Scholler betont. «Pilze sind kryptisch, sie erscheinen unregelmäßig, sind oft unscheinbar, sie sind einfach anders.» (dpa)
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