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18.09.2023 | 15:21 | Bedrohte Art 

Auch im Schwarzwald schrumpft die Auerhahn-Population

Stuttgart - Das vom Aussterben bedrohte Auerhuhn lässt auch im Nationalpark Schwarzwald Federn.

Auerhahn
Sie balzen und balzen - doch die Zahl der Auerhähne sinkt über die Jahre. Das gilt auch für eine Region im Schwarzwald, in der Natur Natur sein darf. (c) naturbild - fotolia.com
Während 2014 noch 56 balzende Auerhähne auf der Fläche des Schutzgebiets gezählt wurden, waren es in diesem Jahr nur noch 23, wie das Umweltministerium in Stuttgart auf einen Antrag aus der SPD-Landtagsfraktion mitteilte. Im Nationalpark (NLP) lebt demnach rund ein Fünftel der Auerhuhnpopulation des Schwarzwaldes. Immerhin: In diesem Frühjahr zählten Beobachter sechs balzende Hähne mehr als noch ein Jahr zuvor, nachdem der Trend in den Jahren 2014 bis 2022 negativ war.

«Unabhängig von den Maßnahmen, die im NLP zugunsten des Auerhuhns getroffen werden, sind Maßnahmen zugunsten dieser Vogelart im gesamten Schwarzwald weiterhin erforderlich, um den Abwärtstrend der Population zumindest aufzuhalten», heißt es in dem Schreiben. Der Landesvorsitzende des Naturschutzbunds Nabu, Johannes Enssle, teilte am Montag mit: «Dass die Auerhuhn-Population selbst im Nationalpark Schwarzwald zurückgeht, zeigt, wie prekär die Situation für diesen urtümlichen Hühnervogel im Schwarzwald inzwischen ist. Trotz aller Willensbekundungen durch die Forstverwaltung wurde in den letzten Jahren für den Erhalt dieser Schwarzwald-Ikone zu wenig getan.»

Seit 2008 gibt es einen Aktionsplan Auerhuhn als umfassendes Artenschutzkonzept zum Erhalt der unter strengem Schutz stehenden Tierart im Schwarzwald. Im Nationalpark werden zudem unter anderem die Entwicklung der Auerhuhnpopulation und der Reproduktionsrate überwacht. «Zusätzlich werden derzeit ein genetisches Monitoring und eine Lebensraumbewertung in Bezug auf die Ansprüche des Auerhuhnes durchgeführt.» Auf Grundlage der Ergebnisse hat die Parkverwaltung vergangenes Jahr einen «Auerhuhn-Notfallplan» zum Schutz und zur Stabilisierung der Population innerhalb des NLP aufgestellt.

Die stellvertretende Nationalparkleiterin Britta Böhr erklärte am Montag mit Blick auf den Notfallplan: «Wir weisen etwa größere Ruhezonen aus, um Störungen der Vögel auf ihren Balz- und Brutplätzen zu vermeiden. Das entspricht der Grundphilosophie des Nationalparks, dass Natur sich weitgehend ungestört entwickeln soll.» Die aktuelle Zunahme der Population zeige, dass die Maßnahmen wirkten.

Ein Sprecher des Ministeriums für Ländlichen Raum teilte mit, der zuletzt positive Trend solle weiter beobachtet werden, um als gesichert zu gelten. Der Bruterfolg bei Auerhühnern hänge stark vom Witterungsverlauf in der Reproduktionszeit ab. «Liegen darin kalte und nasse Wetterperioden, ist der Reproduktionserfolg sehr eingeschränkt», erklärte der Sprecher. Andererseits erreichten Auerhühner ein für Vögel relativ hohes Alter. Gute Reproduktionsjahre könnten deshalb zu starken Schwankungen der Monitoringergebnisse führen. Dazu komme, dass durch das Zählen der balzenden Auerhähne am Balzplatz nur ein Teil der Tiere erfasst werde. Vor allem junge Hähne nehmen demzufolge nicht regelmäßig am Balzgeschehen teil.

«Wir brauchen dringend großflächige Maßnahmen, um die Lebensräume des Auerhuhns im gesamten Schwarzwald zu verbessern. Das betrifft den Staatswald, aber auch den Kommunal- und Privatwald», forderte Nabu-Landeschef Enssle. Klar sei: «Der Nationalpark allein kann das Auerhuhn nicht retten, dafür ist er viel zu klein.»

Auch der Bestand an Rothirschen hat nach Angaben des Ministeriums seit der Parkgründung nicht zugenommen, obwohl mehr als 3.000 Hektar als jagdfreie Wildruhezone ausgewiesen wurden. Die Rotwilddichte sei im Nationalpark sogar geringer als in vielen Jagd- und Forstrevieren außerhalb des Areals. Ein bundesweites Forschungsprojekt des Bundesamtes für Naturschutz in neun deutschen Nationalparks und einem Wildnisgebiet habe darüber hinaus gezeigt, dass die Dichte an Schalenwild - also zum Beispiel Hirsche, Rehe und Wildschweine - im NLP im Vergleich der untersuchten Gebiete am geringsten war. Jenseits der Wildruhezone dürfen Tiere im Nationalpark geschossen werden; dafür gibt es einen Abschussplan für Schalenwild. So sollen Fressschäden im angrenzenden Wirtschaftswald vermieden werden.

Da zum Zeitpunkt der Nationsparkgründung keine belastbaren Daten zur Rotwildpopulation vorhanden waren, wurde die Abschusshöhe aus den Vorjahren übernommen, teilte der Sprecher des Ministeriums für Ländlichen Raum mit. Diese seien aber strukturell so umgestellt worden, «dass verstärkt in den weiblichen Bestand eingegriffen wurde um die Zuwachsträger im Bestand zu begrenzen». Die Rotwilddichte im Nordschwarzwald sei regional sehr unterschiedlich, konkrete Zahlen gebe es nicht. «Aus den an den Nationalpark angrenzenden Revieren wird jedoch von zunehmenden Schälschäden durch Rotwild berichtet.»

Im Nationalpark werde seit mehreren Jahren regelmäßig ein Wolf (GW852m) nachgewiesen. Im Januar dieses Jahres habe man erstmals Spuren eines weiteren Wolfs (GW2672m) festgestellt. Genetische Nahrungsanalysen hätten gezeigt, dass sich die Wölfe im Nationalpark vorwiegend von Reh- und Rotwild ernähren. «Obwohl es sich bisher nur um ein einzelnes Tier handelt, leistet der Wolf einen wichtigen Beitrag zur Schalenwildregulation», erklärte das Ministerium. Mehrmals im Jahr würden Risse von erwachsenen Rothirschen entdeckt. Seit 2020 werde zudem ein Luchs regelmäßig im Nationalpark-Gebiet nachgewiesen. Er ernähre sich hauptsächlich von Rehwild.

Den Nationalpark gibt es seit 2014. Hier wird der Wald sich selbst überlassen und nicht bewirtschaftet; Totholz bleibt beispielsweise liegen. Das Schutzgebiet ist rund 10.000 Hektar groß und besteht aus zwei Teilen, die zusammengeführt werden sollen. Dafür müssen Wald- und Grundbesitzern die dazwischen liegenden Gebiete abgekauft werden.

Zuletzt hatte es eine öffentliche Diskussion gegeben, weil Forstminister Peter Hauk (CDU) möglichst wenig von der im Koalitionsvertrag vereinbarten Erweiterung des Parks wollte. Das Umweltministerium hält aber daran fest und hat dafür Rückendeckung von Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) bekommen.

Aus der Antwort an die SPD geht hervor, dass Verhandlungen mit der Murgschifferschaft, einer seit dem späten Mittelalter bestehenden Holzhandelsgesellschaft im Nordschwarzwald, in Vorbereitung sind. Es gehe um einen Tausch der zwischen den beiden NLP-Teilen liegenden Flächen der Murgschifferschaft gegen entsprechende Staatswaldflächen.

Nabu-Landeschef Enssle erklärte: «Forstminister Peter Hauk ist für das Waldtier zuständig und sollte sich lieber darum kümmern, als Scheingefechte um die Nationalparkerweiterung zu führen.» Die Verbindung der Nord- und Südteile wäre ein zusätzlicher, wichtiger Beitrag zur Förderung des Auerhuhns. «Durch den Lückenschluss können negative Einflüsse auf den störungsempfindlichen Vogel reduziert und der genetische Austausch verbessert werden. Außerdem profitiert der Bewohner lichter Bergwälder von gezielten Pflegemaßnahmen in der Managementzone des Nationalparks sowie von Lichtungen in den Kernzonen, die durch Stürme und Borkenkäfer entstehen.»
dpa/lsw
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