Unmittelbar vor dem am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel zeichnete sich ab, dass der Zielwert zum Energiesparen bis 2030 nur noch 27 Prozent betragen soll. Das erfuhr der Informationsdienst dpa Insight EU aus EU-Diplomatenkreisen. Bisher war von 30 Prozent die Rede gewesen - und Berlin will weiter diese höhere Marke erreichen.
Die Einschätzungen zum Erfolg der Klimaverhandlungen gingen am Mittwoch auseinander. Ein EU-Diplomat erklärte in überraschender Deutlichkeit: «Die Meinungsverschiedenheiten wurden auf einige offene Punkte reduziert, die die Chefs am Donnerstagabend lösen werden.»
In deutschen Regierungskreisen hieß es hingegen, die Gespräche würden schwierig. Alle Staaten müssten sich bewegen: «Es gibt ein Paket oder es gibt kein Paket», warnte ein deutscher Diplomat in Berlin.
Der Klima- und Energierahmen ist das Hauptthema des zweitägigen Spitzentreffens. Die EU-Staats- und Regierungschefs werden auch über die Bekämpfung der gefährlichen Ebola-Epidemie in Westafrika und die Lage in der krisengeschüttelten Ukraine sprechen. Neue Entscheidungen zu Russland-Sanktionen werden nicht erwartet.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (
CDU) kämpft laut deutschen Angaben für einen Kompromiss auf eine ambitionierte
Klimapolitik, die aber die deutsche Wirtschaft angesichts des Konjunkturabschwungs nicht überfordere. Deutschland sei bereit, schwächeren Staaten Entlastung etwa durch Instrumente beim Emissionshandel zu verschaffen, hieß es.
Der scheidende EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy schrieb an die «Chefs»: «Es ist sehr wichtig, dass die Europäische Union vor den internationalen Klimaverhandlungen im nächsten Jahr Führung zeigt und dass wir einen Rahmen beschließen, der die nötige Berechenbarkeit für die Wirtschaft schafft.» Die EU bezeichnet ihr Klimapaket als das ehrgeizigste der Welt. Die internationale Klimakonferenz ist Ende 2015 in Paris geplant.
Laut vorbereiteter Abschlusserklärung soll der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (
CO2) bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Strittig ist insbesondere die Aufteilung der Lasten auf arme und reiche Mitgliedstaaten. Deutschland könnte laut Diplomaten mit einem Ausstoß-Rückgang bis um 55 Prozent beitragen.
Es sind auch neue Finanzhilfen geplant. Die EU-Chefs wollen den europäischen Handel mit Verschmutzungsrechten neu aufstellen und dabei einen Topf einrichten, den ärmere Staaten für das Modernisieren ihrer veralteten Energieanlagen wie beispielsweise Kraftwerke nutzen können. «Wir werden einen Kompensationsfonds schaffen», kündigte ein Diplomat an.
Polen und andere mitteleuropäische Staaten lenkten bei den Verhandlungen bisher nicht ein, da sie erhebliche Mehrkosten befürchten. «Ob wir am Ende zu einem für alle akzeptablen Paket kommen, werden wir sehen», hieß es in Berlin. London sieht Zielvorgaben zum Sparen als bürokratische Bevormundung an. Das Einsparziel soll ohnehin nicht bindend sein.
Die EU-Staaten streben im Klima- und Energierahmen auch an, den Anteil der erneuerbaren Energien aus Wind oder Sonne EU-weit auf 27 Prozent zu steigern. Es wird zu den Erneuerbaren keine nationalen Ziele mehr geben.
Zum Abschluss des Herbstgipfels werden die EU-Chefs über die Wirtschaft beraten. Die Konjunktur läuft schlechter als noch im Frühjahr erwartet. Grundlegende Entscheidungen werden nicht erwartet, da die neue
EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker erst ihre Arbeit aufnehmen muss. Juncker will bis Weihnachten ein Investitionspaket im Umfang von 300 Milliarden Euro vorlegen. (dpa)