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04.07.2013 | 09:48 | Luftverschmutzung 

EU-Parlament kämpft für CO2-Handelsreform

Straßburg / Brüssel - Die Industrie in Europa soll für Luftverschmutzung nach dem Willen des EU-Parlaments mehr zahlen.

Luftverschmutzung
(c) proplanta
Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch in Straßburg für eine zeitweise Verknappung der Zertifikate für den Ausstoß des Treibhausgases CO2. Dies soll den Preis nach oben treiben und so den Ausstoß des klimaschädlichen CO2 (Kohlendioxid) verteuern. Die Reform braucht noch das Ja der EU-Staaten.

Die Industrie in der EU muss Rechte für die Emission von CO2 vorlegen, die Unternehmen können damit untereinander handeln. Durch den niedrigen Preis von derzeit vier Euro pro Tonne Kohlendioxid fehlen Anreize für klimafreundliche Investitionen. Angepeilt hatte die EU-Kommission einst einen Zielwert von 30 Euro - doch unter anderem die wirtschaftliche Flaute der vergangenen Jahre drückte Nachfrage und Preis.

Deshalb will das Parlament nun der EU-Kommission erlauben, 900 Millionen CO2-Zertifikate zurückzuhalten (das sogenannte «Backloading»). Zum Vergleich: Im Zeitraum von 2013 bis 2015 bringt die EU-Kommission insgesamt 3,5 Milliarden dieser Zertifikate auf den Markt. Die vorübergehend zurückgehaltenen CO2-Rechte sollen noch im laufenden Jahrzehnt freigegeben werden. Die Initiatorin des Reformvorhabens, Klimakommissarin Connie Hedegaard, war erleichtert. Das EU-Parlament mache mit seinem Votum deutlich, wie wichtig Investitionen in CO2-arme Technologien seien, sagte sie.

Der SPD-Europaabgeordnete Matthias Groote, der den Kompromiss zwischen den Fraktionen im Parlament ausgehandelt hatte, war nach der Abstimmung zufrieden: «Das EU-Parlament hat den Europäischen Emissionshandel vor dem Aus gerettet», sagte er. Er appellierte an die Bundesregierung, die Reform voranzutreiben. Deutschland hat bisher nicht klar Position bezogen, weil Wirtschafts- und Umweltministerium in der Frage über Kreuz liegen.

Aus dem Berliner Bundeskabinett kamen entsprechend gegensätzliche Reaktionen. Das Straßburger Ja zum Backloading sei bedauerlich, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) äußerte sich hingegen positiv. Er sagte mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen zwischen Europaparlament und EU-Staaten, nun gebe es «eine gute Grundlage für eine tragfähige Lösung».

Aus dem industrienahen Flügel im Europaparlament kam hingegen beißende Kritik an der «Wendehals-Entscheidung», wie es Herbert Reul von der CDU nannte. Europa mache sich «lächerlich». Der beschlossene Eingriff werde den Preis der CO2-Verschmutzungsrechte nur minimal um etwa einen Euro steigern und sei deshalb «völlig sinnlos». Reul lehnt den Eingriff ab, weil er das Vertrauen der Industrie in den CO2-Markt untergrabe. Ähnlich äußerte sich der FDP-Abgeordnete Holger Krahmer.

In die gleiche Kerbe schlug der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Backloading verunsichere die Industrie europaweit, die EU-Staaten müssten den Beschluss korrigieren, forderte der BDI. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnte davor, dass höhere CO2-Preise die Firmen vor Investitionen abhalten könnten. Backloading sei «das falsche Signal in Zeiten massiver Schwäche der europäischen Wirtschaft».

Ganz anders war hingegen die Resonanz unter Umweltschützern. Greenpeace begrüßte das Votum. Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Umweltorganisation Germanwatch, sprach von einem guten Tag für den Klimaschutz, pochte zugleich aber auf einen stärkeren Eingriff. «Solange die 900 Millionen Zertifikate nicht vor 2020 ganz dem Markt entzogen werden können, bleibt das Backloading nur heiße Luft», sagte Bals.

Die Reform war im April wider Erwarten im Europaparlament vorerst gescheitert, nun passierte sie doch noch das Straßburger Plenum. Das aktuelle Vorhaben ist nur ein erster Schritt bei der Reform des Emissionshandels. Bis Jahresende will EU-Klimakommissarin Hedegaard weitere, langfristige Vorschläge machen. Umweltorganisationen hoffen auf eine dauerhafte Verknappung der CO2-Zertifikate.
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