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16.12.2012 | 05:33 | Neobionten 

Fremde Tierarten machen sich in Deutschland breit

Bonn - Ulrike Stöffler hat schon vielen Freunden und Kollegen von dem Erlebnis erzählt.

Waschbär
(c) proplanta
Als sie diesen Sommer in der Uckermark Urlaub machte, gab es jeden Morgen, wenn sie zum Auto ging, ein heftiges Zischen aus einem Baum. Dort saßen drei junge Waschbären - und fühlten sich von den ungewohnten Geräuschen hörbar gestört.

Die Waschbären sind die wohl bekanntesten Neobiota in Deutschland. Mit diesem Begriff werden gebietsfremde Arten beschrieben, die eingeschleppt oder ausgesetzt worden sind. Häufig stammen sie aus weit entfernten Ländern mit jedoch ähnlichen Klimaverhältnissen.

Manchmal aber etablieren sie sich sogar dann, wenn die klimatischen Bedingungen deutlich andere sind: So bringt im Münsterland eine kleine Kolonie von etwa 20 Flamingos Farbe in die Landschaft. Wahrscheinlich sind die ersten aus einem Zoo ausgebüxt.

Die deutschen Waschbären sind zum Teil Nachkommen zweier Pärchen, die 1934 am hessischen Edersee ausgesetzt wurden. Andere sind die Kindeskinder einiger Waschbären, die 1945 entwischten, als eine Pelztierfarm bei Berlin von einer Fliegerbombe getroffen wurde. Mittlerweile wird ihr Bestand in Deutschland auf eine halbe Million geschätzt - in der letzten Jagdsaison wurden 70.000 zur Strecke gebracht.

Denn die Kleinbären, von Natur aus ausgestattet mit feingliedrigen Pfoten und einer schwarzen Zorro-Maske im Gesicht, brechen auf der Suche nach Nahrung sogar in Häuser ein. Sie verwüsten Dachböden, plündern Obstbäume und entriegeln Mülltonnenboxen. Außerdem dezimieren sie die Bestände von Sumpfschildkröten, Graureihern und Uhus, wie der Deutsche Jagdschutzverband auflistet.

Auch andere Neobiota stoßen nicht nur auf Gegenliebe. Halsbandsittiche sind mit ihrem grünen Gefieder und roten Schnabel zwar schön anzusehen, machen aber Krach - auch in der Nacht. «Das Gezwitscher ist wirklich ohrenbetäubend», beschwert sich Jakob Kieseyer aus Köln. «Ich habe immer eine Wasserpistole bereitliegen.»

Nach einer Studie der Umweltstiftung WWF reisen allein in Ballastwassertanks von Schiffen jeden Tag etwa 7.000 Arten rund um den Globus und dringen in Ökosysteme ein, «die den Neuankömmlingen mangels natürlicher Feinde schutzlos ausgeliefert sind». Dabei verursachen diese blinden Passagiere den Angaben zufolge Schäden von jährlich fast 36 Milliarden Euro. Vor allem die Fischerei, aber auch Wasserversorger und Hafenbetreiber leiden unter den invasiven Arten.

So zerstört die chinesische Wollhandkrabbe laut WWF allein in Deutschland Flussufer, Fischereiausrüstung und industrielle Infrastruktur im Schätzwert von 80 Millionen Euro. «Die pazifische Auster in der Nordsee ist an einigen Stellen mittlerweile zu einem großen Problem geworden, weil die Miesmuschel-Bänke überwuchert werden und insofern nicht nur die Art ein Problem bekommt, sondern für den Menschen auch eine Art wegfällt, die genutzt werden kann», erläutert Magnus Wessel, Leiter Naturschutzpolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Dabei gehe es nicht nur um Geld, sagt Volker Homes, WWF-Leiter Artenschutz. «Eine Art hat auch einen ethischen Wert.»

Wichtig sei in jedem Fall, die neuen Arten genau zu beobachten, betonen WWF, BUND und das Bundesamt für Naturschutz in Bonn. Und noch wichtiger sei es, zu verhindern, dass noch mehr Arten unkontrolliert ins Land kämen. Da sei jeder - ob als Anpflanzer im heimischen Garten oder als Urlauber in exotischen Ländern - in der Pflicht. (dpa)
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