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11.07.2009 | 08:08 | Klimapolitik  

G8 markieren kleinen Wendepunkt beim Klimaschutz

L'Aquila - Ein kleines bisschen stolz wollten sie schon sein, die wohl mächtigsten Menschen der Erde.

Klimagipfel 2009
(c) proplanta
Und einige der Staats- und Regierungschefs wirken beim Familienfoto fast gelöst: Die wegen ihrer Zögerlichkeit viel gescholtenen führenden Industriestaaten (G8) haben bei einem der drängendsten Gefahren für den Planeten, der Erderwärmung, vielleicht noch nicht ganz die Wende zum Guten geschafft, aber doch einen wichtigen Zwischenschritt erreicht. Gemeinsam mit acht weiteren an Stärke gewinnenden Volkswirtschaften wie China, Indien und Brasilien wollen sie verhindern, dass sich die Erde - verglichen mit der Zeit vor der Industrialisierung - um mehr als zwei Grad weiter erwärmt. Der G8-Gipfel im italienischen L'Aquila könnte also durchaus ein bisschen Geschichte machen.

Andererseits: Was sind schon zwei Grad? fragen sich nicht nur interessierte Laien. Der World Wildlife Fonds (WWF) antwortet: «Schon eine durchschnittliche globale Erwärmung um 2 Grad Celsius wird bereits zu drastischen und unumkehrbaren Veränderungen auf unserem Planeten führen.» Die Polkappen schmelzten ab, Mensch und Tier in mancher Küstenregion müssten ihre Heimat für immer aufgeben. Die volkswirtschaftlichen Schäden solcher Szenarien dürften gewaltig sein.

Für den Potsdamer Klimaforscher Prof. Stefan Rahmstorf hat der Beschluss vor allem Bedeutung mit Blick auf den Klima-Gipfel im Dezember im dänischen Kopenhagen. Dann will die Staatengemeinschaft ein neues Abkommen aushandeln, das den Klimaschutz - im Gegensatz zum jetzigen Kyoto-Protokoll - für möglichst alle zur Pflicht macht.  «Diese Beschlüsse sind ein sehr positives Signal», sagte Rahmstorf der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Dass man sich in der Zielsetzung einig ist, ist ja die Voraussetzung dafür, konkrete Ziele für Emissionsminderungen festzulegen.»

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist klar, dass nach dem Gipfelbeschluss die eigentlichen Mühen erst anfangen. «Da ist noch eine Menge Arbeit zu leisten, was mittelfristige Zielsetzungen anbelangt», sagt sie und zeigt sich doch von einer «Trendwende» überzeugt. Und sicherlich kann US-Präsident Barack Obama für sich in Anspruch nehmen, daran einen guten Anteil zu haben. Was hatte sein Vorgänger George W. Bush all die Jahre auf der Bremse gestanden. Das Wort «Klimawandel» fehlte zunächst im Wortschatz des 43. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Und auf den G8-Gipfeln seit Heiligendamm an der Ostsee galt es schon als Erfolg, Bush dazu zu bewegen, die Erderwärmung als ein Problem der Menschheit zu begreifen.

Nun hat Obama es immerhin geschafft, das erste Gesetz auf den Weg zu bringen, das den Ausstoß der Treibhausgase in den USA verringern soll. Es muss allerdings noch durch die zweite Kammer des amerikanischen Parlaments, und Obama muss sich weiter mächtigen Realitäten und Einflüssen stellen, die mit der europäischen Liebe fürs Klima nichts am Hut haben. Doch immerhin sind Obamas Initiative und die Anerkennung des sogenannten Zwei-Grad-Ziels nach fünf Monaten Amtszeit mehr, als Bush in acht Jahren vorzuweisen hatte. Der politischen Willen, die Erderwärmung auf höchstens zwei Grad zu begrenzen, bekommt Lob von Umweltschutzorganisationen, die allerdings auf dem Weg nach Kopenhagen anmahnen, rasch kurzfristige Ziele festzuschreiben.

Wie wirkungsvoll ein neues Abkommen wird, entscheidet sich vor allem daran, wer für den Klimaschutz bezahlt. Die G8 sind bereit, bis 2050 den Ausstoß von Treibhausgasen wie CO2 um vier Fünftel zurückzufahren. Damit wäre es möglich, bis 2050 den globalen Ausstoß um die Hälfte zu verringern. Aber so richtig überzeugt davon sind nicht einmal alle G8-Staaten. Nicht nur, dass es sich wohl etwas entspannter verhandelt, wenn man als heute Verhandelnder das Jahr 2050 kaum noch selber erleben dürfte. Russland sieht ganz konkret sein Wirtschaftswachstum bei den Vorgaben in Gefahr: Immerhin sind die Klima-Killer - Öl, Gas und Kohle noch immer eine der größten Einnahmequellen des Kremls. Und auch viele Staaten in der arabischen Welt verdienen gutes Geld mit ihren Öl- und Gasschätzen.

In Kopenhagen muss auch geklärt werden, wie die Lastenverteilung aussehen soll. Nicht zu Unrecht argumentieren die Schwellen- und Entwicklungsländer, dass der wirtschaftliche Aufstieg der Industrienationen die eigentliche Ursache der sich anbahnenden Katastrophe ist. (dpa)
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