In zwei Fällen geht es um die Behandlung von kommunalem Abwasser: In über 400 Städten entspricht die Abwasserbehandlung nicht den gängigen EU-Normen. Bevor die Kommission den Europäischen Gerichtshof befasst, verschickt sie letzte Mahnschreiben. Der dritte Verstoß gegen das EU-Umweltrecht, für den Spanien ebenfalls ein Mahnschreiben erhalten wird, betrifft Tagebauvorhaben in einem Natura-2000-Gebiet in Castilla y León.
EU-Umweltkommissar Stavros Dimas sagte hierzu: „Ich halte es für sehr bedenklich, dass in einem Mitgliedstaat, in dem Wasser eine wertvolle und knappe Ressource ist, eine große Zahl von Städten ihr Abwasser ohne ausreichende Behandlung in Flüsse und ins Meer einleitet, selbst in empfindlichen Gebieten. Ich fordere Spanien auf, hier dringend Abhilfe zu schaffen. Ebenso wichtig ist es, die EU-Naturschutzvorschriften zum Schutz der kostbaren und reichen
Artenvielfalt in Spanien korrekt umzusetzen.“
Unzureichende Behandlung von kommunalem Abwasser
In zwei Fällen, in denen es um die Umsetzung der Richtlinie aus dem Jahr 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser geht, richtet die Kommission ein letztes Mahnschreiben an Spanien.
Zum einen ist die Kommission der Auffassung, dass rund 343 spanische Städte ihr Abwasser ohne angemessene Behandlung in Gebiete einleiten, die als empfindliche Gebiete oder potenziell empfindliche Gebiete ausgewiesen wurden. Dies ist ein Verstoß gegen die Richtlinie, derzufolge Städte mit mehr als 10.000 Einwohnern, die ihr Abwasser in empfindliche Gebiete einleiten, bis Ende 1998 mit einem System der Sammlung und Behandlung von Abwasser hätten ausgestattet werden müssen, das höchsten Qualitätsanforderungen genügt (so genannte Drittbehandlung).
Wie die Kommission festgestellt hat, müssen sechs voraussichtlich empfindliche Gebiete noch ausgewiesen werden, und auch ein als weniger empfindlich ausgewiesenes Gebiet in Kantabrien erfüllt nicht die Auflagen der Richtlinie. Die Kommission hat daher beschlossen, Spanien eine letzte Mahnung zu schicken.
Im zweiten Fall geht es um die mangelhafte Umsetzung der Richtlinie in größeren Städten. Städte mit mehr als 15.000 Einwohnern mussten angemessene Abwassersammel- und -behandlungsanlagen bis Ende 2000 eingerichtet haben. Nach Einschätzung der Kommission erfüllen 59 Städte dieser Größenordnung diese Auflage nicht. Auch hier wurde eine letzte Mahnung verschickt.
Sollte Spanien auf die Mahnschreiben nicht angemessen reagieren, könnte die Kommission den Europäischen Gerichtshof anrufen.
Übertagebau bedroht Naturschutzgebiete
Die Kommission prüft seit langem mehrere Tagebauprojekte im Laciana-Tal in der Region Castilla y León. Die Projekte liegen in einem wichtigen Naturschutzgebiet, „Alto Sil“, in dem Braunbär und Auerhahn beheimatet sind, zwei vom Aussterben bedrohte und nach der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie geschützte Arten.
Im Februar 2008 war bereits ein Mahnschreiben an Spanien gerichtet worden, weil die Auswirkungen der Projekte nach Maßgabe der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten nicht korrekt eingeschätzt worden waren.
Nach einem Kontrollbesuch vor Ort ist die Kommission weiterhin der Auffassung, dass der Tagebau die Lebensräume beider Arten empfindlich stören könnte, und hat daher ein zweites, letztes Mahnschreiben beschlossen.
Das Rechtsverfahren
Nach Artikel 226 EG-Vertrag ist die Kommission befugt, rechtliche Schritte gegen einen Mitgliedstaat einzuleiten, der seinen Pflichten nicht nachkommt.
Liegt nach Auffassung der Kommission möglicherweise ein Verstoß gegen das EU-Recht vor, der die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens rechtfertigt, so richtet sie an den betreffenden Mitgliedstaat ein „Aufforderungsschreiben“ (erstes Mahnschreiben), in dem dieser ersucht wird, sich bis zu einem bestimmten Termin, in der Regel innerhalb von zwei Monaten, zu äußern.
Fällt die Antwort unbefriedigend aus oder antwortet der Mitgliedstaat nicht, kann die Kommission dem Mitgliedstaat eine „mit Gründen versehene Stellungnahme“ (letztes Mahnschreiben) zusenden. Darin legt sie unmissverständlich dar, weshalb ihrer Ansicht nach ein Verstoß gegen das EU-Recht vorliegt, und fordert den Mitgliedstaat auf, seine Verpflichtungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums (in der Regel zwei Monate) zu erfüllen.
Kommt der Mitgliedstaat den Auflagen in der mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht nach, kann die Kommission beschließen, den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Gelangt der Gerichtshof zu der Auffassung, dass eine Vertragsverletzung vorliegt, wird der säumige Mitgliedstaat aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um seinen Verpflichtungen nachzukommen.
Gemäß Artikel 228 EG-Vertrag ist die Kommission befugt, gegen einen Mitgliedstaat vorzugehen, der einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht nachkommt. Nach besagtem Artikel kann die Kommission den Gerichtshof ersuchen, gegen den betreffenden Mitgliedstaat ein Zwangsgeld zu verhängen. (PD)