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02.09.2023 | 13:05 | Wolfsjahr 2023 

Mecklenburg-Vorpommern: Bereits 142 tote Nutztiere nach Wolfsattacken

Schwerin - Die Ankündigung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne), die rechtlichen Regeln zum Abschuss auffällig gewordener Wölfe zu schärfen, hat auch in Mecklenburg-Vorpommern die Debatte dazu neu entfacht.

Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern
Knapp zwei Jahrhunderte lang war der Wolf in Deutschland ausgerottet. Eine veränderte Sicht auf Artenschutz und -vielfalt hat ihm die Rückkehr ermöglicht. Doch damit kommen alte Konflikte wieder hoch. Wie können Weide- und Raubtiere nebeneinander existieren? (c) proplanta
«Wir brauchen schnellere und einfachere Mechanismen, um auffällige Tiere entnehmen zu können. Vom Bund erwarte ich, dass er spätestens zur Umweltministerkonferenz im November Lösungen vorlegt, wie wir dies europarechtskonform umsetzen können», erklärte Umwelt- und Agrarminister Till Backhaus (SPD) in Schwerin. Von der Opposition im Landtag wurde der Minister aufgefordert, selbst aktiv zu werden, um Weidetiere vor fortwährenden Attacken ein und desselben Wolfes zu bewahren.

Wie aus dem Landes-Wolfsmonitoring hervorgeht, wurden bis Mitte Juli in Mecklenburg-Vorpommern 43 Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere gezählt. Dabei wurden 142 Tiere getötet und 23 verletzt. Für das gesamte Jahr 2022 waren 83 Übergriffe mit 293 getöteten Tieren registriert worden.

Vom Land werden Schäden finanziell ausglichen, sofern die Halter die geforderten Schutzzäune errichtet hatten, für deren Anschaffung eine Förderung gewährt wird. Bei jedem vierten Fall in diesem Jahr fehlte laut Statistik selbst ein Grundschutz. «Wer Tiere hält, der muss sie schützen», mahnte der Minister.

Vor allem in Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen hat sich der in Deutschland zur Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottete Wolf seit seiner Rückkehr um die Jahrtausendwende wieder breit gemacht. In diesen Ländern kommt es immer wieder vor, dass Wölfe auch Nutztiere wie Schafe, Ziegen oder Kälber reißen. Halter fordern daher weitergehende Maßnahmen gegen diese Übergriffe bis hin zur Aufnahme des Raubtiers ins Jagdrecht.

Bislang aber ist der Wolf in Deutschland streng geschützt und darf nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen erlegt werden, etwa wenn ein Tier nachweislich wiederholt Nutztiere gerissen hat. Backhaus hält angesichts der ungleichen Ausbreitung des Wolfes ein regionales Bestandsmanagement, wie es von Niedersachsen gefordert wurde, für einen Lösungsansatz.

«Am Ende könnten auch die bislang noch weniger betroffenen Bundesländer von einer angepassten Rechtslage sowie den bei uns gemachten Erfahrungen profitieren», sagte er.

Die Opposition wirft Backhaus vor, zu zögerlich zu agieren und die schon jetzt gegebenen rechtlichen Möglichkeiten ungenutzt zu lassen. So verwies die CDU-Landtagsabgeordnete Beate Schlupp auf einen Erlass der bayerischen Staatsregierung zum Umgang mit auffälligen Wölfen. Demnach könnte Wölfe, die sich Menschen bis auf 30 Meter nähern oder mehrere Tage in unmittelbarer Nähe von Siedlungen und Stallungen gesichtet wurden, erlegt werden.

Es sei längst überfällig auch in Mecklenburg-Vorpommern die rechtlichen Grundlagen dafür zu schaffen. «Seit vielen Jahren behauptet Till Backhaus, europäisches oder nationales Recht stände einer landesrechtlichen Regelung entgegen. Seit Jahren erzählt Till Backhaus in der Hinsicht dummes Zeug», erklärte Schlupp. Den Beweis dafür habe Bayern geliefert. Sollte der Minister nicht von sich aus handeln, werde die CDU-Fraktion im Landtag die Forderung nach einem Erlass wie in Bayern erheben.

Die hohe Zahl der Übergriffe auf Nutzvieh trotz gezielter Schutzmaßnahmen zeige, dass eine Reduzierung des Wolfsbestandes zwingend notwendig sei, meinte Schlupp. In der Landesregierung gibt es allerdings Zweifel, dass der bayerische Erlass wirklich rechtskonform ist.

Aber auch die FDP-Abgeordnete Sandy van Baal sieht Handlungsbedarf: «Landwirtschaftsminister Backhaus verspricht zwar immer vieles, doch passiert ist bisher nichts. Wir dürfen die Augen nicht weiter vor dem Wolf verschließen», mahnte sie. Mit ständig neuen Versprechen sei den Weidetier-Haltern nicht geholfen und die Sorge von Bürgern im ländlichen Raum nicht gemindert.

In Mecklenburg-Vorpommern hat sich die Zahl der Wolfsrudel innerhalb von drei Jahre mehr als verdoppelt. Dem Wolfsmonitoring zufolge lebten im Frühjahr 2023 im Nordosten 18 Rudel und drei Wolfspaare.

Hinzu kamen zwei Einzelwölfe. Das Bundesamt für Naturschutz gibt unter Hinweis auf das Wolfsmonitoring 2021/2022 die Zahl der in Deutschland nachgewiesenen Wölfe mit etwa 1200 an. Die Tiere lebten demnach in 161 Rudeln. Dazu kamen 43 Wolfspaare sowie 21 sesshafte Einzelwölfe.

Wolfsichtungen



dpa/mv
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