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11.01.2010 | 21:31 | Wildtiere  

Mit Bioheizung, Dauerwelle und Ruhe durch den Winter

Bonn - Frostigen Temperaturen trotzen wir mit warmer Kleidung und Zentralheizung.

Wildtiere im Winter
(c) proplanta
Doch was machen unsere heimischen Wildtiere? Spuren und Fährten sind oft die einzigen Lebenszeichen. Eine Bestandsaufnahme macht der Deutsche Jagdschutz-Verband (DJV).


Pflanzenfresser leben auf Sparflamme

Tiere, die auf pflanzliche Nahrung angewiesen sind, bietet der Winter wenig. Schmalhans ist Küchenmeister. Die heimischen Vertreter der Hirsch-Familie, besonders Reh und Rothirsch, leben deshalb auf Sparflamme.

Besonders wichtig für das Überleben kalter, schnee- und frostreicher Perioden ist ein üppiger Winterspeck, den sich die Tiere im Herbst angefressen haben. Und: Viel Ruhe. Im Spätwinter ist die Nahrungssuche teilweise mit mehr Energieaufwand verbunden, als mit dem kargen Futter aufgenommen wird.

Die Taktik: Ein kleines bisschen Winterschlaf. Rothirsche können beispielsweise den Herzschlag von regulär 60 Schlägen pro Minute auf 30 Schläge reduzieren. Die Körpertemperatur in den Extremitäten wird ebenfalls herabgesetzt. Selbst am Brustbein wurden im Spätwinter statt der normalen 37 Grad Celcius nur 15 Grad gemessen.

Schönheitsfehler dieser Taktik: stark eingeschränkte Mobilität. Selbst bei Störungen - etwa durch Wanderer oder Skifahrer abseits der Wege und Loipen - bleibt das Wild vermeintlich ruhig stehen und lässt Menschen näher heran als normal. Es wirkt zutraulich. In Wirklichkeit bedeutet diese Situation Stress, Alarmstufe Rot, sozusagen. Eine Flucht wird nur hinausgezögert, weil sie noch mehr Energie verbrauchen würde. Bei ständigen Störungen sind Schälschäden an Bäumen die Folge, da Hirsche den erhöhten Energiebedarf mir Baumrinde decken wollen.

Werden Tiere ständig aufgeschreckt, überleben sie im schlimmsten Fall den Winter nicht. Deshalb sollten Freizeitsportler und Spaziergänger auf den Wegen bleiben. Und Hunde sollten immer - angeleint oder nicht - im direkten Einflussbereich von Frauchen oder Herrchen bleiben.


Füttern: Ja oder nein?

Grundsätzlich gilt: Unsere heimischen Tiere haben sich über die Jahrtausende an die Witterung angepasst und wissen mit dem Winter umzugehen. Ruhe ist viel wichtiger als zusätzliches Futter.

Pflanzenfresser wie Rehe und Hirsche werden in der Regel nur in Notzeiten gefüttert - diese sind in Notverordnungen der Bundesländer genau geregelt. Förster und Jäger sorgen dann für die artgerechte Fütterung. Etwa wenn eine verharschte Schneedecke oder Eis das Finden von Nahrung am Boden unmöglich macht.

Falsch verstandene Tierliebe ist es sicherlich, wenn die Reste von der Kaffeetafel oder vom Mittagstisch am Waldrand entsorgt werden. Davon profitieren höchstens Allesfresser wie Fuchs und Wildschwein, für die der Tisch ohnehin schon reich gedeckt ist. Scheue Rehe oder Hirsche lassen sich eher nicht blicken. Schimmel - etwa auf Brot - oder ein Zuviel an Zucker können bei Pflanzenfressern schwere Koliken auslösen, die im schlimmsten Fall sogar tödlich enden.

Und: Wildschweine merken sich sehr schnell, wo es etwas zu holen gibt. Wo heute eine Sau gefüttert wird, steht morgen die ganze Wildschweinfamilie und bettelt. Dabei zeigen sich Schwarzkittel wenig zimperlich.


Mit Bioheizung und Dauerwelle gegen die Kälte

Das Winterhaar heimischer Säugetiere ist dichter und isoliert besser als das Sommerfell. Besonders raffiniert ist die „Dauerwelle“ des Rehs: Die langen Winterhaare sind stark gewellt und nicht glatt wie die kürzeren Haare im Sommer. So wird Luft eingelagert, die sehr gut isoliert – ähnlich wie bei einer Daunenjacke. Zudem ist das Winterfell deutlich dunkler, die spärlichen Strahlen der Wintersonne wärmen dadurch besser.

Echt Bioheizung: Der Dachs schafft im Herbst Pflanzenmaterial in seinen unterirdischen Bau, das langsam verrottet und dabei Wärme abgibt. Dadurch braucht er während seiner Winterruhe (kein Winterschlaf) weniger Energie. Hin und wieder verlässt er sogar seinen Bau, etwa um sein Geschäft zu verrichten.

Kleine Säugetiere wie Siebenschläfer oder Igel haben sich schon vor Monaten in den Winterschlaf verabschiedet und kommen erst im Frühjahr wieder aus ihren Verstecken hervor.

Wildschweine bauen sich aus Ästen, Reisig und Farnen schützende Kessel. Die ausgeklügelten Konstruktionen erfahrener Bachen haben sogar ein Dach und eine Türe zur Wärmeregulierung. Außerdem haben Wildschweine im Winter eine dichte Unterwolle unter den Deckhaaren.


Frühlingsgefühle im tiefsten Winter?

Kaum zu glauben: Aber selbst bei tiefsten Minusgraden denken einige Arten an die Liebe. Es sind die Allesfresser, die auch im Winter noch genügend Nahrung finden.

Wildschweine: Bachen sind im Januar und teilweise bis in den Februar „rauschig“. Sie leben im Familienverband, in dem Keiler nur während der Paarungszeit geduldet werden. Ihre Paarungsbereitschaft signalisieren Bachen durch Duftmarken.

Füchse „bellen“ verstärkt in klaren Vollmondnächten und sind auf der Suche nach einem Partner. Die Kommunikation läuft auch hier hauptsächlich über Düfte. Urinmarken dienen sozusagen als Personalausweis und Krankenversichertenkarte gleichermaßen: Alter, Geschlecht, gesundheitliche Verfassung und Paarungsbereitschaft können Füchse herausschnuppern. (DJV)
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