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27.08.2014 | 17:46 | Gänseplage 
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Nilgänse werden in Hessen zur Plage

Frankfurt/Main - Taubenplagen waren gestern - längst vermehren sich aggressive Nilgänse in hessischen Städten und erobern dort Liegewiesen wie Radwege. Und die Kommunen sind gegen die Invasion der Tiere völlig machtlos.

Gänse überrennen Liegewiesen
(c) proplanta
Es ist der Stolz der Stadt Frankfurt: das Mainufer mit seiner kilometerlangen Promenade. Tausende von Joggern, Spaziergängern und Radfahrern drehen dort ihre Runden. Menschen picknicken auf den Liegewiesen, Touristen genießen den Blick auf die Skyline.

Doch die Erholungssuchenden haben Konkurrenz: die Nilgans - ein aggressiver Vogel aus Afrika, der sich zurzeit rasant ausbreitet und überall Parks und Badestrände als seine neue Heimat entdeckt. Der Sprecher des Landesjagdverbandes (LJV), Klaus Röther, schlägt Alarm: Der Bestand habe «hessenweit unglaublich zugenommen».

«Die Stadt bietet ideale Voraussetzungen für die Nilgans», sagt der Frankfurter Ornithologe Bernd Petri. Denn dort sei es warm, es gebe Wasser und Nahrung im Überfluss, und Teiche und Flüsse böten perfekte Brutmöglichkeiten. Der Vogelkundler des Naturschutzbundes (Nabu) Hessen hat die Tiere und deren Verhalten eingehend studiert - und hält sie für «penetrant und biestig».

Eine Einschätzung, mit der er nicht alleine ist: Immer wieder erhält das Frankfurter Grünflächenamt nach eigenen Angaben Beschwerden von Fußgängern oder Radfahrern, denn in nahezu allen Parks der Stadt haben sich die großen Vögel mit den markanten Ringen um die Augen inzwischen angesiedelt.

Dort hinterlassen die Tiere auf Wegen und Liegewiesen ihren Kot, gehen Jogger wütend an, laufen unbeirrt Radfahrern in den Weg oder verfolgen zischend kleine Kinder, die sich allzu nah herangewagt haben. «Sie haben sich deutlich ausgebreitet», stöhnt Bernd Roser, der beim Frankfurter Grünflächenamt für den Unterhalt der Parks verantwortlich ist.

«Vor allem in ländlichen Regionen machen sich die Tiere auf Tümpeln und Teichen breit», sagt Jagdverbandssprecher Röther. Betroffen seien Flüsse wie Badeseen. Denn wie auf Mallorca gilt: «Der Strand ist die Konfliktzone», konstatiert Petri lakonisch. - Wo es schön ist, fühlen sich eben alle wohl.

Wie viele Nilgänse es tatsächlich bereits im Land gibt, ist hingegen nur schwer zu schätzen. Die Staatliche Vogelschutzwarte in Frankfurt ging bereits im Jahr 2009 von mehr als 700 Brutpaaren aus, inzwischen gibt es allein in Südhessen nach Nabu-Angaben mehr als 600 Gänse.

Da der aus Afrika eingewanderte Vogel aber seit 2011 in Hessen von September bis Januar bejagt werden darf, erlaubt die Zahl der erlegten Tiere Rückschlüsse auf das Gesamtvorkommen: Nach Angaben des Umweltministeriums wurden in der Jagdsaison 2013/14 landesweit 1.425 Nilgänse erlegt - zwei Jahre zuvor waren es nach Angaben des LJV gerade einmal 874.

Das Bundesamt für Naturschutz in Bonn führt die Nilgans sogar auf seiner Grauen Liste der sogenannten Potenziell Invasiven Arten - darauf stehen Tiere, die durch ihre Ausbreitung die heimische Artenvielfalt möglicherweise derart stark bedrohen, dass sie bejagt werden müssen. Doch genau das ist innerhalb geschlossener Ortschaften verboten, wie Röther erläutert.

Um die Nilgänse schießen zu dürfen, müssten Kommunen Ausnahmegenehmigungen erteilen - und eine solche plant zumindest zum Beispiel die Untere Jagdbehörde im gegeißelten Frankfurt nach eigener Darstellung nicht. Denn auch wenn viele über den Dreck der Tiere schimpfen, Beschwerden habe es noch nicht genug gegeben. «Das ist eine sehr emotional behaftete Thematik. Die große politische Meinung, die sehe ich noch nicht», sagt Roser vom Grünflächenamt diplomatisch.

Die könnte sich aber schnell herausbilden. Denn längst warnen Unternehmen vor den wirtschaftlichen Schäden. Die Gärtnerei Schecker etwa, die im Frankfurter Stadtteil Oberrad die Kräuter für die berühmte Grüne Soße anbaut, klagt über massive Ernteausfälle durch Gänsefraß. Auf den Feldern unweit des Mainufers hätten teilweise bis zu 100 Tiere die komplette Saat vernichtet.

Was hilft da? Die Eier aus den Nestern gegen Gipseier auszutauschen, sei schwierig, sagt Roser. Denn die intelligenten Tiere versteckten ihre Nester gut. Besser sei, die Vögel nicht zusätzlich noch zu füttern. Das verbiete zwar die Grünflächensatzung ohnehin - doch daran hielten sich Spaziergänger oftmals nicht.

Der ebenfalls gebeutelte wie machtlose Frankfurter Zoo macht aus der Invasion unterdessen eine Tugend: Dort plant man nach Angaben einer Sprecherin die Nilgans einfach im didaktischen Programm als «perfektes Beispiel für eine zugewanderte Art» vorzustellen. Anschauungsmaterial gebe es vor der Haustür ja in Hülle und Fülle. (dpa/lhe)
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Kommentare 
Agnes schrieb am 25.01.2015 16:47 Uhrzustimmen(162) widersprechen(148)
Sehr Verehrte Redakteure, verwirren Sie, bitte die Menschen nicht noch zusätzlich mit solchen Bildern. Auf dem Bild ist eindeutig die Graugans abgelichtet! Auf keinen Fall die Nilgans! Ich verstehe, dass sie mit Absicht dieses Foto aussuchten, um die Dramatik zu steigern. Sie verursachen damit jedoch noch größere Misverstädnisse.
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