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30.06.2012 | 08:02 | Fischerei 

Diskussionen um Nordsee-Seelachs und MSC-Siegel

Berlin / Kiel - Der Streit um Fischsiegel und Seelachs in der Nordsee geht in eine neue Runde. Anlass dafür ist eine aktuelle Analyse vom Internationalen Rat für Meeresforschung (Ices).

Nordsee
(c) proplanta
Demnach droht dem Seelachs in der Nordsee im Moment kein Kollaps durch Überfischung.

Die Bestände seien in der Lage, sich ausreichend zu erholen und zu vermehren, teilte Ices am Freitag mit. Damit widerspricht der Rat einer Einschätzung des Geomar-Instituts in Kiel vom April.

Wissenschaftler wie Rainer Froese hatten dort befürchtet, dass die Seelachs-Bestände in der Nordsee schrumpfen und durch immer stärkere Befischung an der Grenze des Zusammenbruchs stehen.

Die Kieler Forscher hatten deshalb auch die Vergabe des Gütesiegels MSC (Marine Stewardship Council) für Nordsee-Seelachs kritisiert. Das Siegel steht für nachhaltige Fischerei und soll Kunden beim Fischkauf Orientierung bieten.

Der MSC fühlt sich nun in seiner Einschätzung bestätigt. «Schneller und stichhaltiger konnte die These vom bevorstehenden Kollaps des Bestandes kaum widerlegt werden», sagte Marnie Bammert, Leiterin des MSC-Büros für den deutschsprachigen Raum, mit Blick auf das Ices-Ergebnis.

Der Seelachsbestand in der Nordsee befinde sich innerhalb sicherer biologischer Grenzen, sagte Bammert. Das zeige, dass mit dem heutigen Management verantwortungsvoll gefischt werde.

Die Seelachsbestände hätten seit 2005 abgenommen. Die Fangmengen seien daraufhin reduziert worden. Die neuesten Ergebnisse des Ices deuteten nun wieder auf wachsende Bestände hin, teilte der MSC mit und wehrte sich gegen die Geomar-Kritik.

«Die zertifizierten Seelachsfischereien haben in einer umfassenden Bewertung nach dem MSC-Standard und in den jährlich stattfindenden Folgeprüfungen gezeigt, dass sie zu Recht das MSC-Siegel für nachhaltigen Fischfang tragen», sagte Bammert.

Bei Geomar beurteilt man das allerdings etwas anders. «Die neueste Bewertung des Seelachs durch den ICES sieht tatsächlich etwas besser aus. Der Abwärtstrend ist kurz vor der kritischen Grenze gestoppt worden», gab der Kieler Forscher Rainer Froese zwar zu, betonte jedoch: «Von einer Erholung kann aber leider noch keine Rede sein.

Dazu hätte die Fischerei deutlich stärker reduziert werden müssen.» Das MSC-Siegel sei in der Vergangenheit außerdem zu Unrecht vergeben worden, weil die Seelachsbestände 2008 und 2009 noch überfischt wurden, sagte Froese. «Auch jetzt soll die Fischerei erhöht werden, obwohl aus unserer Sicht noch keine verlässlichen Zeichen für eine Erholung erkennbar sind», kritisierte er.

Der Hunger auf Fisch ist in den Industrienationen in den vergangenen Jahrzehnten stark gewachsen. In den 60er, 70er und 80er Jahren aß jeder Deutsche durchschnittlich elf Kilogramm Fisch und Meeresfrüchte im Jahr.

Bis heute ist der Verbrauch auf mehr als 15 Kilo gestiegen. Die langjährige Ausbeutung der Meere hat nach Einschätzung von Umweltverbänden dazu geführt, dass achtzig Prozent der Fischbestände weltweit bedroht sind.

Nach Angaben der EU-Kommission hat sich die Lage der Fischbestände im Nordostatlantik einschließlich Nord- und Ostsee deutlich verbessert. Demnach ging die Zahl überfischter Bestände von 94 Prozent im Jahr 2005 auf 47 Prozent in diesem Jahr zurück. 53 Prozent der Bestände wurden den Angaben zufolge nachhaltig bewirtschaftet.

Ices zufolge wuchsen nicht nur die Seelachs-Bestände in der Nordsee. Auch bei Heringen, Kabeljau und vor allem bei Schollen gebe es einen Anstieg der Fischmengen. (dpa)
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