US-Präsident Barack
Obama hat nach einem Richtungsschwenk der amerikanischen Umweltbehörde EPA bei den entscheidenden Schlussverhandlungen in Kopenhagen nun theoretisch mehr Spielraum. Die EPA stufte
Treibhausgase offiziell als «gesundheitsschädlich» ein. Damit kann Obama künftig notfalls auch ohne Zustimmung des bisher zögernden Kongresses den Ausstoß von Kohlendioxid regulieren. Gipfelteilnehmer und Umweltverbände zeigten sich am Dienstag hoch erfreut. Ziel des am Dienstag fortgesetzten Gipfels ist eine Einigung über eine Reduzierung der Treibhausgase, um den erwarteten Anstieg der Temperatur auf zwei Grad zu begrenzen.
Die Umweltorganisation
WWF sprach nach der EPA-Entscheidung von «einer neuen Trumpfkarte» Obamas. Dies sei «eine großartige Nachricht». Der Chef des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, sagte: «Das ist außerordentlich bemerkenswert». Damit könne die Regierung in Washington selbst entscheiden, wenn es im US-Senat keine Mehrheit für die gesetzliche Regelung von weniger Emissionen gebe. Die USA wollen sich bisher auf eine Verminderung ihrer CO2- Emissionen um 17 Prozent gegenüber 2005 festlegen. Das entspricht lediglich 3 bis 4 Prozent gegenüber dem Stand von 1990, das allgemein als Referenzjahr gilt. Die EU-Staaten haben für diesen Zeitraum eine Verminderung von 20 oder möglicherweise 30 Prozent angekündigt.
Theoretisch könnte die EPA-Entscheidung es Obama ermöglichen, Klimaschutz-Bestimmungen in Kraft zu setzen, die das Abgeordnetenhaus bereits verabschiedet hat, der Senat bisher aber nicht. Dort hängt die entsprechende Gesetzesvorlage seit längerem fest, und ein Votum wird nicht vor dem Frühjahr erwartet. Obama hat aber bereits erklärt, dass er nicht am Kongress vorbei handeln wolle. Nach Ansicht von Beobachtern erhöht die EPA-Entscheidung aber zumindest den Druck auf den Kongress, schnell zu einer Entscheidung zu kommen. Der demokratische Senator John Kerry sprach von einer Botschaft an den Kongress, sich vorwärtszubewegen. Andernfalls riskiere er, dass Obama die Sache selbst in die Hand nehme. Davor warnten aber bereits amerikanische Wirtschaftsvertreter und konservative Republikaner.
Die EPA hatte mit der Einstufung der Treibhausgase als «gesundheitsschädlich» auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes der USA aus dem Jahr 2007 reagiert. Unter Obamas Vorgänger George W. Bush war die EPA aber untätig geblieben. Bereits wenige Wochen nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenten war dann eine Kursänderung signalisiert worden. Die US-Regierung wandte sich am Montag auch gegen Spekulationen, nach denen der
Treibhauseffekt eine «Erfindung» von Wissenschaftlern sein könnte. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die
Erderwärmung seien solide, betonte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs. Anlass dieser Erklärung ist der Diebstahl von Hunderten E-Mails eines renommierten britischen Forschungszentrums, die dann - kurz vor dem Beginn des Weltklimagipfels - an die Öffentlichkeit lanciert worden waren und von Gegnern von Klimaschutz-Maßnahmen als Hinweis auf Datenmanipulation bei der Klimaforschung gewertet werden. (dpa)