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28.04.2018 | 06:22 | Plastikmüll 

Rekordmenge an Mikroplastik in Arktis gefunden

Bremerhaven - Die Ergebnisse ihrer Messungen haben die Forscher selbst erstaunt: Im arktischen Meereis fanden sie so viel eingeschlossenes Mikroplastik wie nie zuvor.

Plastikmüll
Plastik ist aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Und es ist mittlerweile überall zu finden: Selbst in der Arktis haben Forscher eine hohe Konzentration winziger Plastikteilchen entdeckt. Die Folgen für die Mensch, Tier und Umwelt sind noch nicht absehbar. (c) proplanta
«Die höchste Konzentration haben wir in der zentralen Arktis gefunden, wo ein unmittelbarer Eintrag von Flüssen ausgeschlossen werden kann», sagte Ilka Peeke, Autorin der im Fachmagazin «Nature Communications» veröffentlichten Studie. «Wir hatten nicht damit gerechnet, dass die Partikel so weit transportiert werden.»

Die Wissenschaftler des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) hatten Proben untersucht, die von drei Expeditionen in den Jahren 2014 und 2015 stammten. Sie nutzten dazu ein spezielles Infrarot-Spektrometer (FTIR), das die Mikropartikel mit Infrarotlicht beleuchtet und die von ihnen reflektierte Strahlung analysiert. Die anschließende Berechnung zeigte, dass in einem Liter Meereis teilweise mehr als 12.000 Mikroplastik-Teilchen steckten.

Mit der Methode ließen sich auch sehr kleine Teilchen aufspüren, erklären die Wissenschaftler. Das sei ein wesentlicher Grund dafür, dass sie deutlich mehr Teilchen entdeckt hätten als eine frühere Untersuchung. Die winzigen Kunststoffpartikel entstehen vor allem durch den langsamen Verfall größerer Teile. Als Mikroplastik gelten Teilchen, die wenige tausendstel Millimeter bis unter fünf Millimeter «groß» sind.

Peeken geht davon aus, dass die gefundenen Plastikteilchen sowohl aus dem Atlantischen Ozean als auch aus dem Müllstrudel im Pazifischen Ozean zwischen Hawaii und Nordamerika stammen. «Proben von Eisschollen im Kanadischen Becken enthielten sehr viel Kunststoff, der für Plastiktüten verwendet wird, die gerade in Nordamerika sehr verbreitet sind», sagte Peeken.

Zudem wurde in den sibirischen Randmeeren ein hoher Anteil an Lackpartikeln von Schiffsanstrichen und Nylonreste von Fischernetzen gefunden. «Diese Funde belegen, dass sowohl der zunehmende Schiffsverkehr als auch der Fischfang in der Arktis deutliche Spuren hinterlassen», unterstrich die Biologin.

Mehr als die Hälfte der im Eis eingeschlossenen Mikroplastikteilchen sei kleiner als ein zwanzigstel Millimeter. «Damit können sie problemlos von arktischen Kleinstlebewesen wie Wimperntierchen, aber auch Ruderfußkrebsen gefressen werden», so Peeken. Bisher könne niemand abschließend sagen, inwieweit die winzigen Kunststoffteile den Meeresbewohnern Schaden zufügten oder am Ende sogar Menschen gefährdeten.

«Wir wissen aber inzwischen aus vielen Laborstudien, dass zum Beispiel Muscheln Entzündungsreaktionen und Fische Verhaltensänderungen zeigen», sagte Mitautorin Melanie Bergmann vom AWI. «Andere Tiere fressen und wachsen weniger und können sich weniger erfolgreich fortpflanzen.» Immer mehr Indizien belegten, dass nicht nur große Plastikteile für Meeresbewohner ein Problem sind, sondern auch solche, die mit bloßem Auge kaum sichtbar sind.

Dass Plastik selbst aus dem weit entfernten Deutschland im Arktischen Ozean landet, zeigte kürzlich ein anderes Projekt. Kreuzfahrer hatten in Spitzbergen den Müll an unbewohnten Stränden eingesammelt und einen Teil dem AWI für Untersuchungen zur Verfügung gestellt. «Von dem Müll, von dem noch erkennbar war, woher er stammte, kamen sieben Prozent aus Deutschland», sagte Biologin Bergmann. «Das war doch erstaunlich.»

Für die AWI-Wissenschaftler ist deshalb klar: Jeder Verbraucher in Deutschland könne mit seinem Verhalten etwas dafür tun, dass weniger Plastik in die Meere und damit auch in die Arktis gelange. «Einwegbecher oder Zigarettenstummel gehören nicht in die Natur», betonte Peeken. Zudem müsste im Handel Ware weniger verpackt angeboten werden - oder aber mit abbaubaren Materialen. «Das kann vermutlich nur durch politische Intervention erreicht werden», sagte Peeken.
dpa
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