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06.12.2009 | 09:22 | Klimawandel  

Thailändischer Aquafarmer trotzt dem Meer

Bangkok - Als die Welt noch in Ordnung war, lebte der Thailänder Vorapol Dounglomjan in Strandnähe am Golf von Thailand rund 40 Kilometer südlich der Hauptstadt Bangkok, umgeben von üppigem Mangrovenwald.

Thailändische Aquafarmer
(c) proplanta
Als die Welt noch in Ordnung war, hatten seine Familie und die 70 anderen im Dorf Khok Kham ein Auskommen als Krabben-, Krebs- und Muschelfarmer. Jetzt sind nur noch die Fundamente seines Elternhauses bei Ebbe im seichten Wasser zu sehen. Die Mangroven sind weg, das Land auch. Ihre Lebensgrundlage ist bedroht.

Erst kam die Erosion durch rücksichtslosen Raubbau an der Natur, und das Meer schluckte die Küste Stück für Stück. Dann kamen heftige und häufigere Fluten, die weiter und wütender ins Land drangen als je zuvor. Einen Küstenstreifen einen Kilometer breit verlor das Dorf in etwa 20 Jahren. Die Einwohner mussten ihre Häuser immer weiter zurücksetzen. «Ein Paradebeispiel dafür, wie der Klimawandel bereits gestörten Ökosystemen den Rest geben kann», sagt Bill Schaedla, Leiter des Thailand-Büros der Umweltstiftung WWF. Doch Vorapol (48) hat dem Meer getrotzt. Mit Bambuszäunen als Wellenbrecher holt er das Land Meter für Meter zurück - in drei Jahren schon 50 Hektar. Nebenbei hat er damit ein bezahlbares System entwickelt, um vom Klimawandel bedrohte Küsten zu schützen. Sein Beispiel macht inzwischen in ganz Asien Schule.

«Ich habe zuerst versucht, die Küste durch einen Steinwall zu schützen, aber dann kommen ja auch keine Fische mehr in Strandnähe», sagt Vorapol. «Dann haben wir es mit Sand gefüllten Säcken versucht - die halten nicht.» Dann kam ihm die Idee mit den Bambusstangen, wie Muschelfarmer sie benutzen, um Muscheln daran anzusiedeln und zu züchten. Vor der Küste von Khok Kham ragen jetzt auf zwei Kilometern mehrere Reihen Bambusstangen im Abstand von 50 Metern aus dem Sandboden. Bei Ebbe sieht man dazwischen dicken Schlick. Es blubbert und wuselt, lauter Krebse und Kleintiere sind dort unterwegs - ein gutes Zeichen, dass sich hier wieder Leben ansiedelt. Vorapol hat überall Mangrovensetzlinge gepflanzt. Sie sind erst einen Meter hoch, aber immerhin. In zehn Jahren dürften sie ihre volle Höhe von 15 bis 20 Meter erreichen und mit ihren Wurzeln den Boden halten.


Mit Bambusstangen aufs Meer getrieben

Jeder Zaun ist etwa einen halben Meter breit. Dicht an dicht stehen die vier, fünf Meter hohen Bambusstangen mit einem Durchmesser von etwa zehn Zentimetern. Helfer rammen sie mit Muskelkraft zur Hälfte in den weichen Boden. Bei Flut stehen sie fast ganz im Wasser. Die Wellen bringen Sedimente mit, und weil das Wasser durch die Bambuszäune langsamer abläuft als sonst, können sich Sedimente und Nährstoffe aus dem Wasser am Boden absetzen. Landgewinnung auf Thailändisch. «Als ich vor sechs, sieben Jahren damit anfing, haben mich die Leute für verrückt erklärt», sagt der pfiffige Aquafarmer und lacht.

Doch witzig waren die Anfänge nicht. Einmal war er der Verzweiflung nahe: «Ein paar Bambusstangen kamen los, ich wollte sie festhalten und bin mit ihnen aufs Meer hinausgetrieben», sagt Vorapol. «Da habe ich mich einfach treiben lassen und wollte aufgeben.» Ein Fischer fand den Farmer an die Bambusstangen geklammert und rief ihn in die Wirklichkeit zurück. Und dann wendete sich das Blatt. Pinsak Suraswadi, Direktor für Meeresschutz im Umweltministerium, kam vor fünf Jahren nach Khok Kham, um die Erosion in Augenschein zu nehmen. Vorapols Ein-Mann-Show zum Küstenschutz beeindruckte ihn. «Wir haben ja auch keine Patentlösung, um die Erosion zu stoppen», sagt er bei einem Besuch in Khok Kham. «Unsere Aufgabe ist es deshalb, vielversprechende Ideen der Anwohner zu unterstützen.» Pinsak holte die Chulalongkorn- Universität an Bord, die Material prüfte und Modelle entwickelte.

Dann gab es auch Geld für Vorapol, der so verbissen war, seinen Landbesitz an der Küste zu retten, dass er Anteile an einer Firma verkaufte, um seine Experimente zu finanzieren. Wie und mit welcher Finanzierung sich Menschen in Entwicklungsländern an den Klimawandel anpassen können, ist auch Thema des Klimagipfels von Kopenhagen, der am kommenden Montag beginnt. Vorapol räumt ein, dass seine Familie zu dem Problem beigetragen hat. Wie andere im Dorf haben sie Mangrovenwälder abgeholzt und flache Teiche für Krabbenfarmen angelegt. Wenn die Teiche durch Ablagerungen für die Krabbenzucht unnütz wurden, legten die Farmer neue Teiche an. Die verlassenen Ödflächen verleibte sich das Meer schnell ein. Der Klimawandel führt im Golf von Thailand zu häufigeren und heftigeren Fluten - das beschleunigte den Prozess noch. Pinsak sieht zwei Lektionen in Vorapols Anstrengungen: Betroffene sind oft bessere Problemlöser als Wissenschaftler, und sie können auch bei der Suche nach Anpassungsmaßnahmen zum Schutz gegen die Folgen des Klimawandels hervorragende Ideen liefern. (dpa)
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