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10.03.2024 | 14:27 | Wassermangel 

Trockenheit überstanden? Keine Entwarnung trotz üppiger Niederschläge

Mainz - Der Winter ist in Rheinland-Pfalz ungewöhnlich nass ausgefallen. Mit 250 Litern pro Quadratmeter sind dem Deutschen Wetterdienst zufolge rund 50 Liter mehr Niederschlag gemessen worden als im Mittelwert der internationalen Referenzperiode von 1961 bis 1990.

Niederschläge in Herbst und Winter
Der Winter war auch in Rheinland-Pfalz außergewöhnlich nass. Reicht das nach einer Reihe zu trockener Jahre zum Aufatmen? (c) proplanta
Besonders viel regnete es danach im Februar. Was bedeutet das für die Menschen, die Landwirtschaft und die Natur im besonders waldreichen und ländlich strukturierten Bundesland Rheinland-Pfalz?

Ein Überblick:

Der Grundwasserspiegel

Die Neubildung geht seit rund 20 Jahren deutlich zurück. Ob die Niederschläge aus dem Herbst und Winter reichen, diesen Trend 2023/24 umzukehren, ist noch nicht sicher. Die Grundwasserneubildung beginnt mit dem Ende der Vegetationsruhe im hydrologischen Winterhalbjahr ab November und dauert bis April.

Bereits die Niederschläge im Herbst 2023 haben jedoch gute Bedingungen für eine Grundwasserneubildung geschaffen, da die Böden durchfeuchtet wurden, heißt es im Klimaschutzministerium. «Die Niederschläge des noch laufenden Winterhalbjahrs konnten und können dadurch besser aufgenommen werden und in das Grundwasser versickern.» Der oberflächennahe Boden (bis etwa 60 Zentimeter) sei mittlerweile gut mit Wasser versorgt.

Die Wälder und der Borkenkäfer

Kann der seit Jahren von Trockenheit geplagte Wald endlich aufatmen? Die Regenfälle der vergangenen Monate haben zwar zu einer Erholung der oberflächennahen Wasserreserven im Boden der Wälder geführt, heißt es im Klimaschutzministerium. Von einer Entspannung der Situation könne aber noch keine Rede sein.

«Wir beobachten schon jetzt ein Austreiben der Vegetation, das Wasser wird also bereits sehr früh im Jahr gebraucht», berichtete Ministeriumssprecher Jan Budde. «Wichtig wird daher sein, wie sich die Niederschläge in den kommenden Wochen entwickeln, davon hängt auch die Entwicklung der Borkenkäferkalamität ab.» Also der Schaden, der durch die Käfer angerichtet wird.

Die Waldbesitzer

Die Gemeinde Morbach im Hunsrück gilt mit knapp 3.000 Hektar Gemeindewald als einer der größten Waldbesitzer in Rheinland-Pfalz. Nach Einschätzung von Bürgermeister Andreas Hackethal (CDU) ist der Waldboden gut mit Wasser durchdrungen und auch die tief wurzelnden Bäume mit ausreichend Bodenfeuchte versorgt.

Eine Prognose, wie sich die Vegetation im laufenden Jahr entwickeln wird, sei zwar derzeit noch schwierig, da die Anpflanzungen noch bis Anfang April dauerten. Es werde aber mit einem guten Start und nur mit wenigen Ausfällen beim Anwuchs gerechnet.

Durch die vielen Niederschläge hätten jedoch Bäume, die nicht über ausreichendes Wurzelwerk verfügen, Probleme, sie drohten umzufallen oder gerieten in Schieflage, berichtete der Bürgermeister. Das gelte auch für den Baumbewuchs an Fließgewässern. Der Waldumbau im Gemeindeforst Morbach sei jedoch bereits in vollem Gange, um einen besseren Schutz vor Wetterextremen zu erreichen: Es wird mehr auf Mischwälder gesetzt, auf Laubbaumarten wie Berg- oder Spitzahorn und Esskastanien. Bei den Nadelbäumen sind es die Douglasie oder neue Baumarten wie Libanonzeder oder Atlaszeder.

Auch der Waldbesitzerverband für Rheinland-Pfalz ist froh darüber, dass die Böden wieder wassergesättigt sind und auch die alten Bäume mit den tiefen Wurzeln davon profitieren. Einzig die Waldarbeiten mit der Holzernte der Laub- und Nadelbäume haben wegen der stärke Nässe Probleme mit den durchweichten Böden, erklärte Geschäftsführer Wolfgang Schuh.

Die Landwirtschaft

Die rheinland-pfälzischen Landwirte freuen sich ebenfalls über die außergewöhnliche Nässe im Winter und im Frühjahr. Das haben wir seit dem Jahr 2018 nicht mehr gehabt», sagte ein Sprecher des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Pfalz Süd. Grundwasservorräte im Boden hätten sich neu bilden können.

Die Bauern könnten mit vollen Wasserspeichern in die Vegetationsperiode starten. Das seien gute Voraussetzungen für viele Kulturen, aber kein Garant für gute Ernteerträge. Für die Erntezeit im laufenden Jahr gebe es noch viele Einflussfaktoren. Mit Blick auf die bald anstehende Spargelsaison zeigte sich der Verbandssprecher jedoch zuversichtlich.

Ähnlich zurückhaltend zum Erntejahr äußerte sich ein Sprecher des Vereins «Landwirtschaft verbindet» (LSV). Sollte auf die große Feuchtigkeit im Winter und Frühjahr ein sehr trockener Sommer folgen, könne der Wassermangel für die Bauern wieder sehr deutlich werden.

Durch den Klimawandel und die Wetterextreme würden die Zeitfenster deutlich kleiner, in denen die Landwirte etwa mit dem Düngen der Felder, dem Ausbringen der Gülle und der Aussaat beschäftigt sein müssen. Deshalb sei es wichtig, dass die Landwirte mehr Flexibilität sowie Selbstverantwortung und weniger feste, starre Vorgaben bekommen.

Die Tiere

Da Amphibien für ihre Fortpflanzung an Wasser gebunden sind, bietet ihnen das feuchte Klima derzeit sehr günstige Bedingungen. Milde Temperaturen im Winter können aber auch dazu führen, dass Amphibien nicht konstant oder lange genug in der Winterstarre bleiben können und ihnen so wichtige Energiereserven für die Fortpflanzung Anfang April fehlen, schränken die Experten des Nabu Rheinland-Pfalz ein.

Amphibien seien zudem massiv von den immer häufiger werdenden Spätfrösten bedroht, denn wandernde Amphibien können sich nicht mehr rechtzeitig durch Eingraben vor der Kälte schützen und erfrieren.

Der milde Winter kann nach Angaben des Naturschutzbunds auch dazu führen, dass Vögel bereits im Januar mit dem Brutgeschäft beginnen. Dann besteht die Gefahr, dass bei Schnee und Frost im März die Jungvögel nicht überleben. Neben der spät einsetzenden Kälte könne eine nach vorn gelegte Fortpflanzungszeit auch zur Folge haben, dass zur Versorgung der Jungtiere nicht genug Nahrung zur Verfügung steht.

Die zuletzt sehr nassen Monate habe jedoch bei Insekten, die für ihre Fortpflanzung an Wasser gebunden sind, ebenfalls zu einer früheren Reproduktion geführt. Blieben Spätfröste aus, sei das ein gutes Nahrungsangebot für Amphibien und Jungvögel.
dpa/lrs
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