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08.09.2022 | 05:34 | Nationalpark Harz 

Waldbrand am Brocken befeuert Debatte um Totholz

Magdeburg / Braunlage / Wernigerode - In der Debatte um Konsequenzen aus dem Waldbrand am Brocken im Nationalpark Harz gehen beim Thema Totholz die Meinungen in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen auseinander.

Totholz
Der Waldbrand am Brocken ist noch nicht gelöscht, da beschäftigt eine Debatte um die Konsequenzen bereits die Landespolitik in Hannover und Magdeburg. Die Meinungen gehen dabei auseinander. Im Fokus steht die Frage, inwieweit sollte das Totholz aus dem Wald geholt werden? (c) proplanta
Sachsen-Anhalts Forstminister Sven Schulze (CDU) äußerte am Mittwoch Zweifel am Modell eines gemeinsamen Nationalparks Harz mit dem Land Niedersachsen. Wenn man keine gemeinsamen Lösungen finde, müsse man den Nationalpark Harz grundsätzlich in Frage stellen, sagte der CDU-Politiker im Landtag von Sachsen-Anhalt. Er wolle das nicht, so Schulze. Doch das Totholz stelle eine «Riesengefahr» dar.

Der seit Samstag andauernde Großbrand hat in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt eine Debatte zum Thema Totholz in den Wäldern losgetreten. Diskutiert wird, inwieweit Totholz als ein möglicher Brandbeschleuniger aus Wäldern geräumt werden soll. Umweltverbände sprachen sich am Mittwoch gegen das flächige Freiräumen von Totholz aus und betonten dessen Schutzwirkung. Auch Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) lehnt eine flächige Räumung ab.

«Wir werden nicht den gesamten Nationalpark von Totholz befreien können», sagte Schulze. Aber dort, wo es nötig sei, müsse man handeln. Der Minister sprach sich beispielsweise für breitere Schneisen aus. Außerdem müsse die Harzer Schmalspurbahn «Teil der Lösung» sein. Bei Waldbrandstufe 5 solle die Brockenbahn künftig nicht fahren, bei Stufe 4 solle von Fall zu Fall gemeinsam mit Behörden über den Betrieb entschieden werden.

Schulze machte deutlich, dass er sofortigen Handlungsbedarf bei den Brandschutzmaßnahmen sieht. Die Zeiten, in denen fünf Jahre diskutiert worden sei, seien vorbei, sagte er mit Blick auf die schwarz-rot-grüne Vorgängerregierung. Sachsen-Anhalt wird seit September 2021 von einem schwarz-rot-gelben Bündnis regiert.

Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies nannte die Diskussion um eine Aufkündiung des Staatsvertrages für den Nationalpark «unnötig». «Diesen Staatsvertrag haben die Parlamente unserer beiden Länder nach langen Verhandlungen in Freundschaft und Einigkeit über den Wert dieser einzigartigen Region und auch als Signal der neuen Einheit Deutschlands geschlossen», sagte Lies laut Mitteilung. «Das ist nichts, was man per Federstrich eines Ministers einfach streichen kann. Ich gehe davon aus, dass auch Minister Schulze das so sieht.»

Lies hatte zuvor bei einem Besuch der Einsatzstelle am Dienstag gesagt, es sollten nun besonders gefährdete Bereiche für Präventionsmaßnahmen in den Blick genommen werden - und zwar zusammen mit der Nationalparkverwaltung. «Wir diskutieren nicht über die Frage von grundsätzlichen Brandschneisen, die quer durch den Nationalpark gehen», sagte Lies. «Aber gibt es Zugänge, die wir schaffen müssen, die notwendig sind, dass man gegebenenfalls in solche Einsatzgebiete kommt?» Eine Arbeitsgruppe soll Empfehlungen geben, welche Maßnahmen nun getroffen werden sollen.

Der Nabu in Niedersachsen und der WWF Deutschland betonten in Mitteilungen am Mittwoch, dass Totholz den Waldboden vor schnellem Austrocknen bewahre und ein natürlicher Schutz vor Waldbränden sei.

«Brandschneisen, Abholzung sowie das großflächige Räumen von Totholz widersprechen den Kriterien eines Nationalparks und dem Nationalpark-Gesetz», sagte der Landesvorsitzende des Nabu in Niedersachsen, Holger Buschmann.

Der WWF teilte zudem mit, dass es unmöglich sei, «alles aus dem Wald zu entfernen, was brennen könnte». Totholz sei ein effektiver Schutz vor zunehmender Trockenheit, sagte Susanne Winter, Programmleiterin Wald beim WWF. «Es nimmt bei Regen Feuchtigkeit auf wie ein Schwamm und gibt es bei Trockenheit nach und nach wieder ab.» Die Luft bleibe so länger feucht. Der Wald sei so erst später waldbrandgefährdet.

Auch der Chef des Landesfeuerwehrverbandes Sachsen-Anhalt, Kai-Uwe Lohse, hält die Forderung, das ganze Totholz aus dem Wald zu entfernen, für absurd. Man könne diese Mengen Totholz wie im Harz nicht so einfach wegräumen. Allerdings müsse man sich damit beschäftigen, dass zumindest Zugänge für bestimmte Bereiche geschaffen würden, um die Brandbekämpfung zu erleichtern.

Der Nationalpark Harz liegt auf niedersächsischem und sachsen-anhaltischem Gebiet. Er ist geprägt von vielen toten Fichten. Die von den Menschen angelegte Monokultur ist ein grundlegendes Problem des rund 250 Quadratkilometer (25.000 Hektar) großen Nationalparks. Rund 80 Prozent des Baumbestandes ist Fichte. Davon wiederum seien fast 90 Prozent abgestorben, sagte kürzlich Nationalparkleiter Roland Pietsch.
dpa
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