Das sind nur drei Beispiele aus jüngster Zeit. Die Tiere sind nach Auskunft des Wildschwein-Experten Prof. Klaus Pohlmeyer nicht aggressiver als früher, sie werden jedoch immer mehr und rücken immer näher. «In diesem Jahr werden wir voraussichtlich eine halbe Million Sauen in Deutschland schießen», sagte der Leiter des Instituts für Wildtierforschung an der Tierärztlichen Hochschule Hannover in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Ende der 70er Jahre wurden jährlich nur etwa 180.000 erlegt.
Das blendende Nahrungsangebot ist eine Ursache dafür, dass man beinahe schon von einer Wildschwein-Plage sprechen kann. Bestens genährt vermehren sich die hochintelligenten Tiere viel schneller als in der Vergangenheit. Daran trägt laut Pohlmeyer die Intensivierung im Ackerbau eine Mitschuld. «Die Riesenflächen von nachwachsenden Rohstoffen bieten eine enorme Reserve an Nahrung.» Viele Schweineverbände blieben das ganze Sommerhalbjahr im Maisfeld, wo für sie paradiesische Zustände herrschen. «Wenn die Felder beregnet werden, duschen die Sauen darunter. Die gehen gar nicht mehr in den Wald. Jäger haben keine Chance sie zu kriegen.»
Die Allesfresser vernichten dann einen kleinen Teil der Ernte. Das gravierendere Problem sei aber, dass einzelne Schweine immer noch den Erreger der
Schweinepest in sich tragen könnten. «Wenn der nächste Ausbruch der Seuche kommt, haben wir finanziell riesige Schäden. Ein infiziertes Wildschwein reicht, um den ganzen Landkreis zu schließen», sagte der Tiermediziner und Biologe, der auch Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen ist.
Schweine im Vorgarten sind nicht nur ein Berliner Problem. Auch in Niedersachsen wandern die Borstentiere in die Städte. «Wir haben in Wolfsburg und beginnend in Braunschweig eine urbane Subpopulation.» Die Tiere werden in Stadtwäldern, an der Autobahn und am Flughafen Hannover-Langenhagen heimisch. «Diese Sauen sind mit allen Wassern gewaschen, die kennen sich aus. Sie sind dickfellig und lassen sich weder durch Straßenlärm noch durch kläffende Hunde stören.»
Angst vor Wildschwein-Attacken beim Spaziergang durch Felder und Wiesen muss aber Pohlmeyer zufolge niemand haben. Gefährlich könne es allerdings werden, wenn die Tiere in eine Zwangslage geraten. «Die weiblichen beißen dann, die männlichen schlagen mit ihren gebogenen Zähnen. Das gibt Wunden bis tief auf den Knochen.» Deshalb rät der Experte auch davon ab, die Tiere mit Äpfeln zu füttern. «Wenn die dann den Rasen im Garten umgepflügt und alle Blumenwurzeln rausgerissen haben, ist es auch nicht mehr so lustig.» (dpa)