Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
06.09.2023 | 07:01 | Müllproblem 
Diskutiere mit... 
   2   2

Wohin mit dem Plastik? Kreative Ideen gegen die Müllflut

Neu Delhi - Weltweit wird mehr und mehr Plastik produziert - und nur ein kleiner Teil davon recycelt.

Müllproblem
Plastikverschmutzung ist überall. Sie stellt eine globale Gefahr für die Umwelt und unsere Gesundheit dar. Aber es gibt Ideen gegen die Plastikflut - von Müll-Apps bis innovativen Recyclingmethoden. (c) proplanta
In Europa etwa werde rund ein Drittel des Kunststoffmülls in der ein oder anderen Form aufbereitet, sagt Materialwissenschaftler Johannes Steinhaus von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Global gesehen ist die Recyclingquote laut UN-Angaben mit neun Prozent deutlich schlechter. Große Kunststoffmengen landen in der Natur. Dabei gibt es rund um den Globus kreative Ideen, um die Plastikflut zumindest etwas einzudämmen.

TRINKFLASCHENAUFFÜLLEN: In Frankreich haben etliche Städte begonnen, das kostenlose Auffüllen von Trinkflaschen mit Leitungswasser anzubieten. Das soll verhindern, dass man immer neue Plastikflaschen kaufen muss. In Paris machen Geschäfte seit dem vergangenen Jahr mit einem Aufkleber auf den Service aufmerksam, der nicht zu irgendeinem Kauf verpflichtet. Auf einer Onlinekarte können die inzwischen 825 beteiligten Läden lokalisiert werden, ebenso wie die rund 1.200 Brunnen und öffentlichen Wasserzapfstellen in Straßen und Parks der Hauptstadt.

MÜLL-APPS: Unter anderem in Afrika fehlt häufig eine funktionierende Abfallwirtschaft. Ersetzt wird diese durch informelle Müllsammler, die von recycelbarem Müll leben. Dennoch landet viel Material auf illegalen Mülldeponien. Es gibt aber digitale Lösungsansätze in mehreren Ländern. 

Dabei werden App-Nutzer, Müllsammler und Recycling-Unternehmen vernetzt: Nutzer können ihren Recycling-Müll per Knopfdruck abholen lassen und die Müllsammler verdienen mit jedem Kilo Plastikmüll, das bei den Recycling-Unternehmen landet. Materialwissenschaftler Steinhaus hält das für eine gute Idee. Es sei auch in armen Ländern sinnvoll, Kunststoffmüll einen Wert zu geben, damit man ihm dem Recyclingprozess zuführen kann.

PLASTIKZÄUNE UND -TISCHE: Zahllose Start-ups zeigen vielfältige Recycling-Möglichkeiten auf. In Kenia stellt ein Unternehmen Zäune aus Altplastik her. Das spare Bauholz und schone die Bestände der seit Jahren schrumpfenden kenianischen Wälder, heißt es. In Ruanda und auf den Philippinen produzieren Firmen Tische und Stühle für Schulen.

Von der Firma Envirotech aus den Philippinen heißt es beispielsweise, dass dafür etwa Beutel, Becher und Bonbonpapier geschreddert, geschmolzen, geformt und dann neu zusammengesetzt werden. In einen Stuhl fließen laut Firmenchef Winchester Lemen 20 bis 30 Kilo Kunststoff. Es werden auch andere Produkte wie Pflanzentöpfe, Lampen, Picknicktische und kürzlich gar ein 28 Quadratmeter großes Haus, das zu 95 Prozent aus Plastikmüll bestehe, produziert.

PLASTIKBAUSTEINE UND -STRASSEN: Die Firma Rebricks aus Indonesien verwandelt Kunststoffabfälle wie Tüten und Lebensmittelverpackungen in Pflastersteine, Fliesen und Ziegel. Rebricks arbeitet mit Abfallbanken, Müllsammlern und Haushalten zusammen. Der Abfall wird geschreddert, mit Zement und Sand vermischt und in verschiedene Formen gegossen. Seit seiner Gründung im Jahr 2018 hat das Startup über 17.500 Kilo Plastikmüll recycelt und über 100.000 Ziegelsteine hergestellt.

Ähnlich stellt die indische Firma KK Plastic Waste Management LTD neben Baumaterialien auch ganze Straßen her, die unter anderem aus Plastik bestehen. Plastikmüll würde dafür sortiert, gereinigt und mit Asphalt sowie Kies bei 160 Grad vermischt. Der Plastik diene als Bindemittel, sagt Firmenchef Rasool Khan. Seine Firma habe im vergangenen Vierteljahrhundert mehr als 2.000 Kilometer Straße gebaut - darunter auch Autobahnen. Fachmann Steinhaus sieht bei solchen Lösungen allerdings die Gefahr, dass Mikroplastik in die Umwelt gelangt.

PLASTIK-KUNST: Der indonesische Künstler Ari Bayuaji fertigt aus alten Bootsseilen, die er in Mangrovenwäldern und an Stränden einsammelt, Kunst. Mittlerweile ist er so bekannt, dass Fischer ihm auch selbst ihre ausgemusterten Taue vorbeibringen. In seinem Studio im Urlaubsort Sanur entwirrt der 48-Jährige die Kunstfasern, bis sie so dünn wie Nähgarn sind. An einem traditionellen Webstuhl werden anschließend Wandbehänge erschaffen.

Zudem arbeitet Bayuaji mit Handwerkern zusammen - so entstehen traditionelle Skulpturen aus der balinesischen Mythologie mit Haaren aus entwirrten Bootsseilen. «Weaving the Ocean», den Ozean weben, nennt er das Projekt. Die Werke wurden schon in Singapur, Rotterdam und Mönchengladbach gezeigt.

PLASTIK-ALTERNATIVE: Eine der Auszeichnungen des vom britischen Thronfolger Prinz William ausgelobten «Earthshot»-Preises ging im vergangenen Jahr an das Londoner Start-Up-Unternehmen Notpla, das Verpackungen aus Seetang herstellt. Müll soll dadurch vermieden werden. Zu den kompostierbaren Produkten gehören Schachteln für Take-Away-Mahlzeiten, eine verzehrbare Membran, in der Wasser und andere Flüssigkeiten transportiert werden können und Folie. Allein 2022 seien beispielsweise eine Million der Seetang-Schachteln für das Liefer-Unternehmen Just Eat produziert worden, hieß es auf der Firmenwebseite.

VEREINTE NATIONEN: Bei den UN gibt es Verhandlungen um ein internationales Plastikabkommen. Bis 2024 soll eine Konvention erarbeitet werden, in der verbindliche Regeln und Maßnahmen festgelegt werden, die den gesamten Lebenszyklus von Plastik betreffen. Wunsch der UN ist es, die Umweltverschmutzung durch Plastikabfälle bis 2040 massiv einzudämmen.
dpa
Kommentieren Kommentare lesen ( 2 )
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


Kommentare 
Till Eugenspiegel schrieb am 06.09.2023 09:28 Uhrzustimmen(9) widersprechen(2)
Der 1. Gedanke muss sein, die Plastikmüllvermeidung.

In D schreib man etwas positives auf die Beutel/Tüte/ Trinkbecher oder sonstige Verpackung und schon gibt es GRÜNES Licht um es in den Umlauf zu bringen.
Mit dieser schwachsinnigen Idee kam Plastik auch noch in den letzten Vorgarten, ganz zu schweigen von den Kosten der nachträglichen Entsorgung.

" Abbaubare Kunststoffe, kompostierbare Plastikbeutel, kompostierbare Kaffeekapsel –
all das gehört nicht in die Biotonne.
Die Produkte sind industriell nicht sicher kompostierbar.
Bioabbaubare Kunststoffe müssen sich bei 60 Grad spätestens innerhalb von 12 Wochen zu 90 % zersetzen.
Die Zersetzungszeit von Bioabfall in modernen Kompostierungsanlagen ist deutlich kürzer. Das hat zur Folge, dass die kompostierbaten Beutel sich in den Anlagen nicht immer vollständig zersetzen.
Die kompostierbaren Tüten mit den wertvollen biologischen Abfällen landen zudem oft in der Müllverbrennungsanlage.
Das ist nicht im Sinne einer umweltfreundlichen Kreislaufwirtschaft, in der aus Bioabfall Biokompost und Grüne Energie gewonnen wird.
Auch der heimische Kompost im Garten kann diese Kunststoffe nicht abbauen, da die benötigte Temperatur von 60 Grad fehlt.
Das Umweltbundesamt bezeichnet Tüten aus Bioplastik deshalb als eine „Mogelpackung“.
Mehr:
https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Muelltueten-aus-Bioplastik-Nicht-ueberall-duerfen-sie-in-die-Biotonne,biomuell172.html

Bioabfall ist mit rund 10 Millionen Tonnen die größte Abfallfraktion in privaten Haushalten.

Doch unser Bioabfall ist einfach nur MÜLL.
Seit einiger Zeit versuchen sehr viele Städte/Landkreise dieses zu ändern.
https://aktion-biotonne-deutschland.de/

Man könnte ja gewisse Verpackungen etc. verbieten, doch dazu sind wir noch nicht bereit.
Im Gegenteil, die Verblödung des Homo Sapiens nimmt immer mehr zu.

Einweg-E-Zigaretten
zeichnen sich durch eine extrem schlechte Umweltbilanz aus.
Weder Batterie noch Flüssigkeit lassen sich austauschen.
Das macht Einweg-E-Zigaretten zu einem kurzlebigen Wegwerfprodukt, das aus umweltpolitischer Sicht eine Ressourcenverschwendung ist.
- und die Vorschriften zur Entsorgung nimmt sicher kein Verbraucher/Händler war.
5 Euro Pfand und das Problem wäre halbwegs gelöst.
Mehr darüber:
https://www.bmuv.de/themen/wasser-ressourcen-abfall/kreislaufwirtschaft/abfallarten-und-abfallstroeme/elektro-und-elektronik-altgeraete/einweg-e-zigarette
agricola pro agricolas schrieb am 06.09.2023 08:05 Uhrzustimmen(25) widersprechen(7)
Produziert in Ausschließlichkeit nur noch Plastik, der biologisch abbaubar ist!!!

Wer sich mit organischer Chemie auskennt, für den stellt dies keine wirkliche Herausforderung dar.

Alle kreativen Köpfe, die in der Vergangenheit dahingehend Ideen entwickelten, waren schlagartig einem geradezu irrlichternen allgemeinen Gespött ausgesetzt.

Heute habt IHR ALLE(!) den ganzen Dreck - IHR(!) leidet massiv unter den Fehlern der Vergangenheit, für die jeder Einzelne jetzt auch persönlich haften muss.

Eben jener Personenkreis NN, der in dieser Thematik dereinst die vollkommen verfehlten Weichen stellte, wird hier allerdings zu keiner entsprechenden Haftungsverpflichtung herangezogen. Hieraus entstandene Risiken und Gefahren für die Natur werden einfach sozialisiert, ein altbewährt fatales Handlungsmuster.
  Weitere Artikel zum Thema

 EU-Parlament stimmt für strengere Regeln gegen Verpackungsmüll

 EU-Parlament stimmt für strengere Grenzwerte gegen Luftverschmutzung

 Ocean Cleanup fischt 10.000 Tonnen Plastikmüll aus Ozean und Flüssen

 Lemke hofft auf internationalen Durchbruch gegen Plastikmüll

 Auf dem Meeresgrund liegen bis zu elf Millionen Tonnen Plastikmüll

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken