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01.07.2020 | 20:45 | Fahrverbote 

Euro-5-Diesel-Fahrverbote in Stuttgart gelten ab 1. Juli

Stuttgart - Da sind sie nun - aber eigentlich auch wieder nicht. Von Mittwoch an gelten in Stuttgart großflächige Fahrverbote auch für Diesel mit der Abgasnorm Euro 5.

Euro-5-Diesel
Formal ja, faktisch nein: Der 1. Juli ist der nächste Meilenstein im jahrelangen Ringen um Fahrverbote in Stuttgart. Sie treten nun auch für Euro-5-Diesel in Kraft. Aber ganz so einfach ist es auch diesmal nicht. (c) proplanta
Daran halten muss sich erst einmal aber niemand. Und eine noch ausstehende Gerichtsentscheidung könnte die Karten noch einmal neu mischen. Fragen über Fragen: Wie ist der aktuelle Stand?

Die Fahrverbote für Euro-5-Diesel sind in der 5. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt Stuttgart festgeschrieben. Sie gelten von Mittwoch (1. Juli) an in einer sogenannten kleinen Umweltzone, die neben dem Talkessel auch die Stadtteile Bad Cannstatt, Feuerbach und Zuffenhausen umfasst. Diesel mit Euro 4 und schlechter sind schon länger verboten. Auf einigen wichtigen Verkehrsachsen durften auch bereits keine Euro-5-Diesel mehr fahren. Für sie kommt nun noch das großflächige Verbot hinzu.

Warum muss sich daran aber vorerst niemand halten?

«Wir müssen ja erst die Schilder aufstellen», sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag. Ohne Verbotsschilder gibt es nämlich auch kein Verbot. Vorerst wird nach Angaben der Stadt also auch weder kontrolliert noch sanktioniert - denn ohne die Schilder können Autofahrer nicht wissen, wo sie fahren dürfen und wo nicht - oder das zumindest behaupten.

Wann könnte das Verbot also kommen?

Das Regierungspräsidium hatte die Stadt Anfang Juni angewiesen, die neuen Fahrverbote vorzubereiten. Die Stadt wiederum beauftragte eine externe Firma damit, die Schilder her- und dann an 160 Standorten aufzustellen. Das Verbot greife, wenn die Zone komplett beschildert sei, sagte eine Stadtsprecherin am Dienstag. Bis September soll das spätestens der Fall sein.

Ist das Thema damit dann erledigt?

Nein. Das Land versucht vor Gericht immer noch, die Verschärfung der Fahrverbote zu verhindern. Die Regierung hat eine sogenannte Abwehrklage gegen die Vollstreckung eines Urteils aus dem Jahr 2017 eingereicht, um das sich sämtliche gerichtlichen Auseinandersetzungen der vergangenen Monate und Jahre drehen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte das Land damals verpflichtet, Fahrverbote auch für Euro-5-Diesel in den Luftreinhalteplan aufzunehmen, um die Belastung mit dem Schadstoff Stickstoffdioxid unter den EU-Grenzwert zu bekommen. Weil das seither nicht passiert ist, bekam das Land mehrfach Strafzahlungen, sogenannte Zwangsgelder, aufgebrummt. Und nun sind wieder die Stuttgarter Richter am Zug.

Warum tut sich das Land so schwer mit Diesel-Fahrverboten?

Das Thema hat die grün-schwarze Landesregierung seit ihrem Antritt 2016 schwer beschäftigt. Stuttgart hat mit Fritz Kuhn einen grünen Oberbürgermeister und mit Kretschmann einen grünen Landesvater. Doch an Diesel-Fahrverbote zur Luftreinhaltung wollte die Politik nicht ran. Fahrverbote in Baden-Württemberg, dem Land der Tüftler, und vor allem in Stuttgart, der Heimat der Autobauer Daimler und Porsche, galten als höchst heikel.

Wie wollte das Land die Fahrverbote verhindern?

Das Land kämpfte sich durch gerichtliche Instanzen und kassierte eine Niederlage nach der anderen. Über den richtigen Umgang mit dem Thema gab es schweren Zoff bei Grün-Schwarz. Besondere Fassadenfarben, neue Straßenbeläge und Filtersäulen: Mit vielen Maßnahmen versuchte die Politik, die Belastung der Luft zu senken. Die Werte in Stuttgart wurden tatsächlich besser. Schon im April 2019 frohlockte etwa CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart, flächendeckende Euro-5-Fahrverbote in Stuttgart seien vom Tisch. Nur die Richter folgten dieser Auffassung weiterhin nicht. Dass das Land juristisch nicht sonderlich erfolgreich war, räumte auch Kretschmann am Dienstag ein. Das sei aber im Rechtsstaat eben so: «Niederlagen vor Gericht sind Niederlagen und keine Siege.»

Was soll die Abwehrklage nun bringen?

Die Argumentation der Regierung, die Luft werde ja besser und andere, weniger drastische Maßnahmen reichten aus, ließen die Richter im Streit um die Strafzahlungen bisher auch aus formalen Gründen nicht gelten. Wenn das Land neue Fakten vorbringen wolle, müsse es eine Abwehrklage einreichen, hatten sie stets betont. Die ist nun da, und die Richter müssen entscheiden, ob das Urteil von 2017 weiterhin vollstreckt werden darf - oder eben nicht, weil sich die Lage in der Zwischenzeit entscheidend verändert hat. Die konkrete Frage, ob und wann es Fahrverbote gibt oder nicht, sei nicht Sache der Richter, betonte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts ausdrücklich.

Zusammen mit der Klage hat das Land auch einen Eilantrag eingereicht, mit dem es das Inkrafttreten der Fahrverbote aufschieben lassen wollte, bis über die Klage insgesamt entschieden ist. Eine Entscheidung darüber stand am Dienstag allerdings noch aus.
dpa/lsw
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