Auf Neu Delhi, das jahrelang starre Grenzen für Treibhausgasemissionen ablehnte, hatte die Welt lange gewartet. Allerdings verknüpft Indien seine Ziele mit dem Wirtschaftswachstum.
Nun seien alle großen Klimasünder an Bord, teilte das UN-Klimasekretariat in Bonn am Freitag mit. Insgesamt sind die Länder, die nun ihre
Klimaziele genannt haben, für fast 87 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich.
Allerdings reichten die Selbstverpflichtungen noch nicht aus, um die
Erderwärmung unter zwei Grad zu halten, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums in Berlin. Er verweist auf die Berechnungen der Experten vom Climate Action Tracker, die meinen, die Erde werde sich um 2,7 Grad erwärmen, wenn alle Länder ihre nun genannten Verpflichtungen tatsächlich erfüllen.
Eigentlich gilt das Zwei-Grad-Ziel: Nur dann bliebe die Erderwärmung für Mensch und Tier noch erträglich. Das Umweltministerium erwartet, dass auch die verbliebenen der 195 Länder in den kommenden Wochen etwas auf den Tisch legen werden.
Viele der Selbstverpflichtungen seien jedoch an Bedingungen oder Finanzierungen geknüpft, erklärte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Da bestehe bei den Klimaverhandlungen «noch signifikanter Klärungsbedarf». Gerade
Schwellenländer wie Indien fordern, die Industriestaaten müssten finanziell und technologisch helfen.
Indien will bis zum Jahr 2030 etwa ein Drittel weniger
Treibhausgase ausstoßen, als er das ohne Klimaschutz-Programm tun würde. Das Land ist nach China und den USA der drittgrößte Emittent klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2). Umweltschützer begrüßten es, dass Indien jetzt Verantwortung übernehmen wolle. Die Bevölkerung des Landes sei von den Folgen der Erwärmung auch besonders betroffen, denn Zyklone, Überflutungen und Dürren suchten Indien heim, sagte Abhishek Pratap von Greenpeace.
Indien ist wegen seiner Bevölkerungsgröße zwar einer der größten Klimasünder - es emittiert aber pro Person nur 1,7 Tonnen
CO2 im Jahr. In den USA sind es 16,6 Tonnen, in der Europäischen Union 7,3 Tonnen und in China 7,4 Tonnen. Auch verschmutzen die Industrieländer die Luft schon viel länger und tragen deswegen eine größere Schuld am Klimawandel, wie Indiens Umweltminister Prakash Javadekar betonte. «Wir sind nicht Teil des Problems, aber wir wollen Teil der Lösung sein», versicherte er.
Neu Delhi will die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 33 bis 35 Prozent im Vergleich zu 2005 verringern - aber die Zahlen sind an das Bruttoinlandsprodukt geknüpft. Wächst Indiens Wirtschaft weiter so stark, kann das Land 2030 unterm Strich also mehr CO2 ausstoßen als heute. Es sei schade, dass Indien - anders als China - keinen Zeitpunkt nenne, zu dem die CO2-Spitze erreicht sein solle, sagte Brigitte Knopf, Generalsekretärin des Mercator Instituts für Gemeinschaftsgüter und
Klimawandel (MCC) in Berlin.
Vor dem Weltklimagipfel waren alle Länder dazu aufgerufen, sich bis zum 1. Oktober selbst Ziele zu setzen. Indien will vor allem den Ausbau von Solar-, Wasser- und
Windenergie massiv vorantreiben. 40 Prozent des Stroms sollten 2030 aus nicht-fossilen Quellen stammen. Indiens CO2-Ziele sind weniger ambitioniert als etwa die von China und Brasilien. (dpa)