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30.09.2015 | 08:28 | Kfz-Abgaswerte 

EU ringt um Abgasregeln für Autos

Berlin / Brüssel - Der Weg zum sauberen Auto ist lang und steinig - das macht auch die Affäre um manipulierte Diesel-Abgaswerte bei VW deutlich.

Kfz-Abgaswerte
Die Autoindustrie ist mächtig, doch sie hat es mit scharfen Vorgaben beim Umwelt- und Klimaschutz zu tun. Vorgaben, die Kritiker dennoch für zu lax halten. Volkswagens «Dieselgate» und das Vorsprechen von Markenchef Diess bei der EU rücken das Thema in den Brennpunkt. (c) proplanta
Wenn Hersteller neue Fahrzeuge entwickeln, müssen sie eine ganze Reihe von Vorgaben erfüllen und in Tests nachweisen, dass sie die Regeln auch einhalten.

In der Debatte um realistischere Schadstoff-Messungen steht die mächtige Autolobby den Umweltverbänden gegenüber, wegen des «Dieselgate» muss VW-Markenchef Herbert Diess nun der EU-Kommission Rede und Antwort stehen. Fragen und Antworten:

Worin liegt das Kernproblem der heutigen Abgastests?

Kritiker halten sie für zu zahm. Im Labor gemessene Schadstoffwerte sind in der Regel deutlich niedriger als beim «echten» Fahren auf der Straße. Hersteller können die Werte ganz legal drücken, etwa durch spezielle Reifen.

Nach einer Studie der Forschungsorganisation ICCT, die auch den VW-Skandal ins Rollen brachte, ist der tatsächliche Spritverbrauch vieler Autos um ein Drittel höher als im Labor - damit klettert vor allem auch der Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid (CO2). Die gesundheitsschädlichen Stickoxide (NOx), um die es im Fall VW geht, liegen demnach oft ebenfalls höher als im Realbetrieb.

Was soll sich ändern?

Die Tests sollen realistischer werden. Beim sogenannten RDE-Verfahren («Real Driving Emissions») wird das Testauto auf der Straße gefahren und nach dem Zufallsprinzip beschleunigt oder abgebremst. Spezielle Messgeräte registrieren dabei den Ausstoß etwa von Stickoxid. Dieser Test gilt als weniger manipulierbar als Labortests. Allerdings ist es noch nicht so weit: RDE soll zwar ab Januar 2016 zum Einsatz kommen, jedoch vorerst nur zu Informationszwecken. Ab Herbst 2017 sollen die Werte dann für die Genehmigung neuer Autotypen relevant werden, 2018 müssten Neufahrzeuge die für RDE-Tests festgelegten Werte einhalten.

Warum dauert das alles so lange?

«Es ist nicht so, als ob wir bummeln würden», verteidigt sich ein EU-Mitarbeiter. «Es ist technisch schwierig.» Denn eine ganze Reihe von Details ist noch zu klären. Zum Beispiel, wie stark die RDE-Werte von den erlaubten Stickoxid-Grenzwerten - für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge gilt eine EU-Obergrenze von 80 Milligramm pro Kilometer - abweichen dürfen. Die Abweichungen sollen Unsicherheiten bei der Straßenmessung Rechnung tragen. Über Rahmenbedingungen wie Temperatur oder Geschwindigkeit wird derzeit mit Experten der EU-Staaten und Vertretern aus Industrie und Umweltschutz diskutiert.

Was hält die Autoindustrie davon?

Der europäische Branchenverband Acea betont, man unterstütze das neue Verfahren. Die Branche dringe aber auf schnelle Entscheidungen, sagt eine Sprecherin. Sie brauche schnellstmöglich Klarheit über die Details, um Verfahren und Fahrzeuge rechtzeitig anpassen zu können. Der deutsche Verbandschef Matthias Wissmann kritisierte VW wegen des NOx-Skandals - nahm die Dieseltechnik insgesamt aber in Schutz.

Und die Umweltverbände?

Julia Poliscanova von der Umweltorganisation Transport and Environment wirft der Industrie vor, das Verfahren abmildern zu wollen: «Sie versuchen, den Test durch zusätzliche Diskussionen zu technischen Details hinter verschlossenen Türen zu schwächen.» Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) moniert: «Das geltende Verfahren zur Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs, der CO2- sowie der Schadstoffemissionen ist völlig diskreditiert.»

Was sagen deutsche Fachbehörden dazu?

Das Kraftfahrtbundesamt hält sich derzeit bedeckt, Kritiker wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sehen die Behörde zu eng mit der Industrie verbandelt. Deutlicher wurde die Chefin des Umweltbundesamts, Maria Krautzberger: «In Deutschland lagen 2014 immerhin 62 Prozent der städtischen verkehrsnahen Messstellen über dem EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid. Emissionen aus Diesel-Pkw haben daran einen erheblichen Anteil.» Sie sprach sich ebenfalls für die RDE-Tests aus. Peter Mock vom ICCT schlägt vor, dass die Behörden künftig selbst verbindlich testen sollen - und das «unter realen Fahrbedingungen».

Hat das auch etwas mit dem CO2-Ausstoß im Straßenverkehr zu tun?

Direkt nicht, denn beim Treibhausgas CO2 geht es vor allem um Schäden für das Weltklima, nicht um Gesundheitsgefahren. Aber auch hier will die EU den Ausstoß präziser messen, das ist schon beschlossen. Sie will dabei aber beim Laborverfahren bleiben. Der sogenannte WLTP-Test könnte ab September 2017 für neue Typzulassungen und ein Jahr später für Neufahrzeuge gelten, heißt es bei der Kommission. Für CO2 gibt es ebenfalls Grenzwerte - jedoch nicht je Fahrzeug, sondern als Durchschnittsvorgaben je Hersteller. So dürfen alle Neuwagen bis 2021 im Flottenschnitt höchstens 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. (dpa)
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