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05.06.2007 | 07:36 | Klimaforschung 

Ketzer der Klima-Debatte - Nicht alle fürchten eine «Katastrophe»

Washington - Die Ketzer der Klimakatastrophe geraten immer stärker in die Defensive.

Klimakatastrophe
(c) proplanta
Nur noch wenige Politiker in der Welt bestreiten die Gefahren globaler Erwärmung. Allerdings behaupten US-Umweltschutzverbände, dass sich US-Präsident George W. Bush nur scheinheilig und auf Druck der Weltmeinung zum Kampf gegen Treibhausgase bekenne. In Wirklichkeit sabotiere er globalen Umweltschutz, weil er der gängigen Wissenschaftssicht nicht traue. Tatsächlich aber gibt es in der Wissenschaftswelt weiterhin Kritiker der gängigen Klimatheorie.

Kaum bestritten ist die globale Erwärmung: die Temperaturen sind im 20. Jahrhundert um etwa 0,7 Grad Celsius gestiegen. Doch selbst zu diesem Thema gibt es eine Außenseitermeinung: «Globale Erwärmung ist ein Mythos», meint der tschechische Präsident Vaclav Klaus. Er beschuldigt Politik und Medien einer «hysterischen» Debatte. Das Thema Klima diene vielen nur als Vorwand, um die Freiheit der westlichen Welt anzugreifen, meint Klaus.

Auch Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt nannte in der «Bild»-Zeitung Montag) die Klima-Debatte «überhitzt, auch und vor allem durch die Medien». Klimatische Wechsel habe es schon immer gegeben, sagte er mit Verweis auf Gehäuse von Meeresmuscheln in seinem Garten in Hamburg 15 Meter über dem Meeresspiegel. Es sei «reine Hysterie und dummes Zeug», zu glauben, Beschlüsse in Heiligendamm könnten den Klimawandel aufhalten. Kein Forscher jedoch bestreitet die Klimawechsel der Erdgeschichte - viele fordern aber, den durch die Treibhausgase derzeit angeheizten Temperaturanstieg zu bremsen.

Skeptiker der Klimadebatte warnen vor Übertreibungen und einer zunehmenden Irrationalität, wenn es um globale Erwärmung geht. Und sie kritisieren Medien, die vor allem besonders alarmistischen Berichten Platz gäben. Der Bamberger Soziologe Prof. Gerhard Schulze schrieb jüngst, es sei erschreckend, wie sich der Brauch einschleiche, «sich in Klimadingen bloß noch auf den "weltweiten" Konsens der renommiertesten" Experten zu berufen, Gegenmeinungen unmoralisch zu finden und alle begründete Skepsis als vorgestrig abzutun.»

Manche sehen ein fast religiöses Phänomen in dem Glauben, nur eine radikale Umkehr von den Umweltsünden der Moderne könne die Menschheit erretten. Der Soziologe Ulrich Beck beschrieb leidenschaftliches Engagement für Umweltschutz auch als eine Form des Glaubensersatzes in einer verunsicherten Gesellschaft. «Kratz an einem Umweltschützer und Du entdeckst einen religiösen Fanatiker», schrieb polemisch die konservative US-Publizistin Ann Coulter. Für die Öffentlichkeit wird die Beurteilung der Klimadebatte noch dadurch erschwert, dass sich Wissenschaftler und Verbände gegenseitig beschuldigen, finstere Eigen-Interessen zu vertreten.

Die «Klima-Skeptiker» verweisen auf Milliarden-Summen, die Forschung, Umweltindustrie und Verbände bekommen, wenn apokalyptische Klima-Visionen als realistisch eingestuft werden. Im Gegenzug werden die Ketzer einer Klimakatastrophe beschuldigt, von Energiekonzernen und reaktionären Gruppen finanziert und manipuliert zu werden.

Der Publizist Michael Miersch zitierte Ende Mai eine Umfrage von 2003 unter 530 Klimaforschern in 27 Ländern. Dabei hätten der Soziologe Dennis Bray und Prof. Hans von Storch (Direktor des Küstenforschungsinstituts Geesthacht) festgestellt, dass nur jeder zehnte Klimaforscher fest überzeugt sei, dass der Mensch den Klimawandel bewirkt habe. Weitere 46 Prozent tendierten zu dieser Meinung, der Rest habe Zweifel. Diese Studie war allerdings zuvor bereits vom Fachjournal «Science» zurückgezogen worden. Bray musste zwei weitere Artikel in renommierten Fachjournalen zurücknehmen.

Der Hamburger Klimaforscher von Storch tritt zwar für die Begrenzung von Treibhausgasen ein. Er kritisiert jedoch die Berichte des UN-Klimarates IPCC, vor allem aber deren Wahrnehmung in den Medien als «Katastrophengerede». Es gehe heute um «Anpassung an den Wandel». Das aber sei ein «Tabu, das zum Management des Bösen» gehöre. Die Öffentlichkeit habe den falschen Eindruck, «einer einhelligen Wissenschaft gegenüber zu stehen», die von Politik und Bürgern Aktionen fordere. Das stimme aber nicht. In Wirklichkeit habe die Politik die Wissenschaft «gekidnappt», um ein «Privileg des Recht-Habens» zu erhalten.

Trotz der Eindeutigkeit der jüngsten Berichte des UN-Klimarats mit seinen 2500 Forschern gibt es Wissenschaftler, die den international zumeist akzeptierten Papieren nicht trauen. Der als Kritiker in deutschen Medien oft zitierte US-Klimaforscher Richard Lindzen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) bestritt in der Zeitschrift «Cicero» vehement, dass es einen wissenschaftlichen Beleg für einen wesentlichen Beitrag von Treibhausgasen zur Erderwärmung gebe. Bisher könne nur ein «kleiner, unregelmäßiger Temperaturanstieg» seit 100 Jahren festgestellt werden. Das aber könne auch an üblichen Klimaschwankungen liegen. Lindzen bewertet die IPCC-Modelle über den Klimawandel als hoch spekulativ und beschuldigt Umweltschützer, das «Rad der Geschichte» in eine vorindustrielle Zeit zurückdrehen zu wollen. Das sei «nicht nur vergeblich, sondern auch dumm, unmoralisch und kontraproduktiv».

Es gibt eine Reihe von Wissenschaftlern in aller Welt, die keine Klimatologen sind, aber an den gängigen Analysen zweifeln. Wie andere auch macht der Astronom Ismailowich Abdusamatow von der russischen Akademie der Wissenschaft vor allem Sonnenaktivitäten für Temperaturveränderungen auf der Erde verantwortlich. Dies ist jedoch längst widerlegt: «Seit 1940 ist die Sonnenaktivität annähernd konstant», sagt Prof. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Es gebe Hinweise, dass die Sonnenaktivität in der Erdgeschichte eine Rolle für das Klima gespielt habe, in der derzeitigen Erwärmung tue sie das aber nicht.

Zudem gibt es auch Befürworter einer Klimaerwärmung. NASA-Chef Michael Griffen sagte kürzlich, der Klimawandel müsse nicht unbedingt negativ sein. Wer dürfe denn überhaupt entscheiden, was für die Welt das richtige Klima sei, fragte er. Bei einer globalen Erwärmung gebe es doch durchaus auch Gewinner. Das bestreitet auch der UN-Klimarat nicht. Es gebe jedoch wesentlich mehr Verlierer. (dpa)
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