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19.08.2009 | 11:18 | Umwelt & Energie  

Erste CO2-Waschanlage am Start - Guttenberg: wegweisend

Bergheim - Deutschland erste CO2-Rauchgas-Waschanlage soll den Ausstoß von Kohlendioxid künftig deutlich senken helfen und zu einer klimaschonenderen Stromerzeugung aus Kohle beitragen.

Treibhausgase
(c) Vitaly Krivosheev - fotolia.com
Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gab am Dienstag in Bergheim bei Köln den Startschuss für eine «wegweisende» Versuchsanlage am RWE-Braunkohlekraftwerk Niederaußem. Mit dem Projekt werde «ein wichtiges Kapitel Technologiegeschichte» geschrieben, sagte der Minister. «Sichere und bezahlbare Energie verbindet sich hier mit der großen Menschheitsaufgabe Klimaschutz.»

NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) betonte, in der Wirtschaftskrise seien Wachstumsstrategien nötig, das rheinische Braunkohlerevier wolle diese moderne Technologie ausdrücklich. Die beteiligten Unternehmen - neben RWE der Chemiekonzern BASF und der Anlagenbauer Linde - verlangten finanzielle und politische Unterstützung, um die Einsatzreife der Technologie zu sichern.

«Wir wollen die Kohle global klimafreundlicher machen», betonte RWE-Power-Chef Johannes Lambertz. Die Rauchgas-Wäsche bereite den Weg für eine nahezu CO2-freie Kohleverstromung. Die klimafreundliche Technologie könne auch für andere CO2-intensiven Branchen - etwa Zementfabriken, Raffinerien oder Chemiewerke wichtig sein. «Wir entwickeln im Prinzip für den globalen Einsatz.» Trotz aller weltweiten Anstrengungen seien die CO2-Emissionen 2008 auf 31,8 Milliarden Tonnen weiter angestiegen. Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion Bärbel Höhn kritisierte, die C02-Waschanlage sei das «Gegenteil von wegweisend». Diese Technologie werde in die Sackgasse führen und keinen Markt finden.

Bei der neun Millionen Euro teuren Pilotanlage wird CO2 laut RWE erstmals aus dem Rauchgas eines konventionellen Kraftwerks und zu 90 Prozent mit Hilfe des Waschverfahrens herausgetrennt, bevor das Gas in die Atmosphäre entweicht. In der chemischen Industrie ist die CO2- Wäsche bekannt, die Anwendung für Rauchgase ist aber neu und wird nun umfassend unter realen Kraftwerks-Bedingungen getestet. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert die Versuchsanlage mit vier Millionen Euro.

BASF-Chef Jürgen Hambrecht sagte, bei der Technik habe man in puncto Wirtschaftlichkeit «noch eine weite Wegstrecke» vor sich. An die Politik appellierte er: «Wir brauchen weltweit dieselben Rahmenbedingungen, um auch im Klimaschutz wettbewerbsfähig zu sein.» Unklar ist noch, wo das abgetrennte CO2 künftig gelagert werden soll. Auch hier sieht die Energiewirtschaft die Politik mit in der Pflicht.

Guttenberg sagte, die künftige Bundesregierung müsse schnell einen Rechtsrahmen für die CCS-Technologie schaffen. In seinem Ministerium werde der CCS-Gesetzgebung hohe Priorität eingeräumt. In Hürth bei Köln plant RWE zudem das weltweit erste großtechnische Braunkohlekraftwerk, wo Kohle nicht verbrannt, sondern zunächst in ein Brenngas umgewandelt werden soll. Ehe es in einer Turbine verbrannt wird, wird dieses Gas von CO2 gereinigt. RWE Power ist der größte Stromerzeuger in Deutschland.


Zusatzinformation:

Die bundesweit erste Anlage zur CO2- Rauchgaswäsche basiert im Kern auf einer Waschflüssigkeit aus organischen Substanzen. Diese Flüssigkeit nimmt das Kohlendioxid aus dem Rauchgas auf, bevor dieses aus dem Kraftwerk in die Atmosphäre gelangt. Das Rauchgas wird vom einem Gebläse in einen Absorber befördert, trifft dort auf die Waschflüssigkeit, die das Kohlendioxid aufnimmt.

Die CO2-gesättigte Flüssigkeit wird später auf 120 Grad erhitzt, wodurch sich das CO2 wieder löst. Das klimaschädliche Gas soll laut RWE künftig durch eine Pipeline zu Speicherstandorten transportiert werden und in «geeignete geologische Strukturen» abgesenkt werden. In der chemischen Industrie wird die CO2-Wäsche schon praktiziert.

Für eine Abtrennung von Kohlendioxid aus dem Rauchgas ist das Verfahren aber neuartig. RWE will Erfahrungen für spätere Großanlagen sammeln und strebt an, dass ab dem Jahr 2020 moderne Kohle- und auch Gaskraftwerke damit nachgerüstet werden können. Die 40 Meter hohe Anlage liegt am RWE-Kraftwerk Niederaußem in Bergheim bei Köln, hat neun Millionen Euro gekostet und ist eine Kooperation mit dem Chemiekonzern BASF und dem Anlagenbauer Linde, gefördert vom Bundeswirtschaftsministerium. (dpa)
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