Notfalls will der Chef des größten deutschen Schlachtkonzerns das juristisch durchfechten.
«Darüber wird im Zweifelsfall auch Recht gesprochen werden», sagte er dem «Westfalen-Blatt» (Samstag). Bei einem Gemüsehof in Nordrhein-Westfalen sowie einem niedersächsischen
Schlachthof des Unternehmens PHW mit der Marke
Wiesenhof gibt es derweil neue Corona-Probleme.
Tönnies und mehrere Subunternehmer hatten bereits vor einiger Zeit Anträge auf Erstattung von Lohnkosten durch das Land Nordrhein-Westfalen gestellt. Unter anderem hatte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (
CDU) dieses Vorgehen kritisiert.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) geht davon aus, dass Tönnies keinen Regress für die vierwöchige Zwangspause nach massenhaften Corona-Infektionen im Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück geltend machen kann.
Die SPD-Bundestagsfraktionsvize Katja Mast sagte der dpa, Tönnies fehlten Einsicht und Gespür für Anstand und Verantwortung. «Was Tönnies macht, unterstreicht einmal mehr: Gesetzesverschärfungen sind dringend nötig und müssen kommen. Und das werden sie.»
Tönnies hielt im Interview dagegen, er wolle verhindern, dass seine Mitarbeiter und Dienstleister bei der
Verteilung von Quarantänehilfen «stigmatisiert» würden. «Manch einer hat einen politischen Feldzug gegen Tönnies geführt und dagegen wehren wir uns jetzt auch.»
Bei Tönnies hatten sich rund 1.400 Arbeiter nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Vorübergehend waren deshalb, neben der inzwischen aufgehobenen Betriebsschließung in Rheda-Wiedenbrück, weitgehende Corona-Einschränkungen in den nordrhein-westfälischen Kreisen Gütersloh und Warendorf verhängt worden.
Der Konzernchef sieht keine schuldhaften Versäumnisse für die Lage in seinem Betrieb. «Wir haben uns immer an Recht und Gesetz gehalten», versicherte Tönnies. «Wir wissen bis heute nicht, welchen Rechtsbruch wir begangen haben sollen», sagte er dem «Westfalen-Blatt». Der massenhafte Corona-Ausbruch in seinem Werk habe «nichts mit Werkvertragsarbeit oder den Wohnverhältnissen zu tun», sondern vor allem mit der «Umluftkühlung, die eigentlich jeder
Betrieb hat».
Dennoch wolle er sich künftig um die Lage seiner osteuropäischen Beschäftigten kümmern: «Wir wollen, dass 30 Prozent der Mitarbeiter, die heute nicht privat wohnen, zu einem vorgegebenen Standard wohnen können.»
Bis September werde er zudem «in einem ersten Schritt» 1.000 bisherige Werkvertragsarbeitnehmer fest anstellen, kündigte Tönnies an. Rücktrittsforderungen wies der 64-Jährige zurück: «Nein, der Kapitän gehört bei rauer See auf die Brücke, nicht in die Koje.»