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15.11.2009 | 09:11 | Energiewirtschaft  

Vattenfall-Chefstuhl wackelt: «Vertrauenskrise»

Stockholm - Nach den Pannenserien in norddeutschen Vattenfall-Atomkraftwerken und zuletzt eingebrochenen Gewinnen wackelt der Chefstuhl von Lars G. Josefsson (59) beim schwedischen Energiekonzern.

Vattenfall-Chefstuhl wackelt: «Vertrauenskrise»
Zeitgleich mit ersten Rücktrittsforderungen aus Politik, Medien und Gewerkschaften bekannte Josefsson am Donnerstag in einem Beitrag für die Zeitung «Dagens Nyheter»: «Vattenfall hat selbst eine Vertrauenskrise erzeugt». Er reagiere mit «Demut» auf die massive Kritik in der Öffentlichkeit und werde seine Anstrengungen verdoppeln, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Vorausgegangen war am Vorabend eine öffentliche Gardinenpredigt von Wirtschaftsministerin Maud Olofsson, die in der Regierung für Schwedens größten Staatskonzern zuständig ist. Vattenfall habe mit ständigen Pannen in deutschen und schwedischen Atomkraftwerken Mängel der Sicherheitskultur offenbart und auch die Erträge empfindlich gemindert. Das Unternehmen habe nicht genug für die Umstellung auf «grüne Energie» getan und dem guten Markennamen Vattenfall «spürbaren Schaden» zugefügt.

So starker Tobak ließ Zweifel aufkommen, ob der seit August 2000 amtierende Josefsson das zehnte Amtsjubiläum schafft. Unter seiner Führung wandelte sich Vattenfall in rasanter Fahrt vom traditionsreichen Stromerzeuger aus heimischen Wasserkraftwerken zum Großkonzern mit europäischen Spitzenambitionen. Die Schweden gehören durch ihre Tochter Vattenfall Europe zusammen mit E.ON, RWE und EnBW zu den vier großen Stromversorgern in Deutschland und belegen nach Umsatz den siebten Platz in Europa.

Der dafür gezahlte Preis schmeckt aber nicht nur der Wirtschaftsministerin immer weniger. Vattenfall hat in Deutschland neben den seit über zwei Jahren im Gefolge von Pannen stillgelegten Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel auch wegen umstrittener Kohlekraftwerke in Ostdeutschland und dem Preisgebaren gegenüber Privatkunden in Berlin und Hamburg fast pausenlos negative Schlagzeilen gemacht. Jetzt wird der Physiker und Ingenieur Josefsson von «seiner» Ministerin vorgeführt, weil er das heimische Stromnetz verkaufen wollte, um Geld für den Bau eines Atomkraftwerks in Großbritannien freizumachen. «Das wurde besprochen, und wir haben Nein gesagt», teilte Olofsson kühl mit.

Noch stellt die Regierung den Konzernchef selbst nicht infrage. «Es ist Zeit zu gehen, Josefsson» schrieb dagegen «Dagens Nyheter». Es müsse Schluss sein damit, dass immer neue Vattenfall-Zukäufe in europäischen Ländern wie Deutschland, Polen, Dänemark und den Niederlanden ausschließlich zum Ausbau von Kohlekraft und Atomkraft führen. So ähnlich, aber vorsichtiger, hat das auch Ministerin Olofsson schon ausgedrückt. Dass sie ihre Tonlage jetzt verschärft, könnte nicht zuletzt auch mit den im dritten Quartal massiv gesunkenen Vattenfall-Gewinnen zu tun haben. Dabei schlug der Stillstand in Krümmel und Brunsbüttel mit 91 Millionen Euro durch.

Josefsson wirbt nun im eigenen Land: «Vattenfall gehört dem ganzen schwedischen Volk.» Und: «Wir sind sind uns der Vertrauenskrise bewusst und empfinden Demut gegenüber unserem obersten Auftraggeber, dem schwedischen Volk, um das Vertrauen zurückzugewinnen.» Am Festhalten an der deutschen Kohlekraft aber soll sich nichts ändern: «Deutschland will eine sichere Energieversorgung. Das bedeutet kurzfristig, dass alle vorhandenen Anlagen durch neue, bessere Kohlekraft ersetzt werden.» (dpa)
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