Das Jahr 2010 wurde von den Vereinten Nationen zum internationalen Jahr der
Biodiversität erklärt. Alle an der Tagung behandelten Themen werden dementsprechend direkt in Zusammenhang mit der Biodiversität stehen, sowohl bezüglich der Schutzmaßnahmen als auch bezüglich der Nutzung des genetischen Potenzials im Schweizer Rebbau. Diese Veranstaltung soll eine Übersicht der weltweiten aktuellen Rebsortenvielfalt sowie der bestehenden Aussichten in der Schaffung von Vielfalt durch Sortenzüchtung und Variabilitätsauswahl (Klonzüchtung ohne Gentechnik) geben. Zum ersten Mal werden die Transparente zu den Referaten auch in deutscher Fassung vorliegen.
Unter «Biodiversität» versteht man die Vielfalt des Lebens auf der Erde – von der genetischen Vielfalt über den Artenreichtum bis hin zur Vielfalt der Ökosysteme. Weltweit kann ein schneller Rückgang der Biodiversität festgestellt werden. Gemäß der 2005 von den Vereinten Nationen publizierten Weltökosystemstudie "Millennium Ecosystem Assessment" ist heute die Geschwindigkeit des Artenschwunds um ein Tausendfaches höher als unter natürlichen Bedingungen. Die Ausrufung des Jahres 2010 zum internationalen Jahr der Biodiversität durch die Vereinten Nationen soll das Publikum auf die Wichtigkeit dieser Thematik für das Wohl der Menschheit aufmerksam machen. Jede Art spielt eine besondere Rolle innerhalb eines Ökosystems und verleiht diesem ein überlebenswichtiges Gleichgewicht. Durch das Verschwinden der einen oder der anderen Art wird das System unwiderruflich verletzlicher.
Zur Biodiversität im RebbauWie steht es mit der Biodiversität im Rebbau? Der Konsument verbindet sie gewöhnlich mit Bildern von grünen Rebbergen, einer Vielzahl von Insekten, seltenen Pflanzen, blumenreichen Landschaften und einer unversehrten, sich frei entwickelnden Natur. In dieser Hinsicht müssen der Rebbau sowie auch die anderen landwirtschaftlichen Tätigkeiten manchmal in Bezug auf die Produktion, Qualität und Ökologie kaum miteinander vereinbare Zielsetzungen erfüllen. Mit einer Übersicht der Lage in Bezug auf den Schutz der Rebberge und der genetischen Vielfalt wird die Weinbautagung der Agrovina versuchen, Ansätze zu liefern, um diese Frage zu beantworten.
Das Management der Rebberge und deren Umgebung hat einen direkten Einfluss auf die Biodiversität. Der erste Teil des Morgens wird einer Bestandesaufnahme der Flora und der Insektenfauna des Rebberges gewidmet sein. Die viralen Krankheiten der Rebe stellen immer noch ein ernsthaftes Problem dar, da sie eine ganze Ernte vernichten und sogar den Fortbestand der Rebstöcke bedrohen können. Die Viren sind anpassungsfähig und weisen eine sehr hohe Variabilität auf. Soll man sich vor dem Aufkommen neuer Viren fürchten oder sind diese harmlos? Mit der Bewurzelung wird ein neues Thema angesprochen, da ja die Rebe, wie andere mehrjährige Pflanzen auch, in Gemeinschaft mit Mycorrhizen lebt. Bringen nun diese Pilze der Pflanze Vorteile, und welche Aussichten bieten sie dem Weinbauer, insbesondere in Verbindung mit der Vielfalt der Anbaugebiete?
Im zweiten Teil der Tagung wird ein Vertreter der französischen Nationalsammlung von Vassal die Entwicklung der weltweiten Biodiversität im Rebbau von der Vergangenheit bis zur Gegenwart vorstellen. Die Schweiz zeichnet sich gegenüber anderen Staaten durch den Anbau zahlreicher verschiedenartiger, teilweise weltweit einzigartiger Rebsorten, aus. Durch einen Vortrag über die Biodiversität und die Herkunft der Walliser Rebsorten wird die Notwendigkeit einer breiten
Artenvielfalt verständlich gemacht. Schließlich wird das Rebenzuchtprogramm der
Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW vorgestellt als Mittel, um die Abnahme der genetischen Vielfalt aufzuhalten durch Variabilitätsauswahl (Klonzüchtung ohne Gentechnik) und die Zucht von neuen Rebsorten. Dieses langfristige Projekt soll die genetischen Ressourcen erweitern und dabei für die Rebbauer und Konsumenten interessante agronomische, sensorische und umweltbezogene Eigenschaften ermitteln. Die Vielfalt und die Aktualität der an der Informationstagung behandelten Themen sollten ein weitgefächertes Publikum ansprechen, insbesondere aus den Bereichen der Praxis, der Technik sowie der Ausbildung im Weinbausektor. (ACW)