453 Kilo Hausmüll pro Kopf: So viel Abfall produzierten wir im vergangenen Jahr. Der Restmüll wird weniger, die Recycling-Quote steigt. Aber in einem Punkt gibt es Nachholbedarf. (c) proplanta
Der Rest wird immer besser verwertet: zuletzt fast drei Viertel aller Haushaltsabfälle. Zum Jahreswechsel rückt eine Sorte Abfall ins Zentrum der Aufmerksamkeit, eine begehrte Ressource: Biomüll.
36,6 Millionen Tonnen Abfälle wurden 2013 in deutschen Haushalten eingesammelt. Das waren 453 Kilo pro Einwohner, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden berichtete. Ein Drittel dieses Abfalls ist Restmüll: 13,1 Millionen Tonnen. Seit Jahren landet von Jahr zu Jahr weniger in der grauen Tonne.
Aber dafür gibt es nun Streit um die grüne Tonne. 2015 müssen alte Kaffeefilter, Rasenschnitt und faulige Äpfel bundesweit getrennt gesammelt werden. 9,1 Millionen Tonnen organische Abfälle warfen die Deutschen im vergangenen Jahr weg - 112 Kilo pro Person. Zu wenig finden Umweltschützer, die Entsorgerbranche und die Politik.
«Beim Biomüll hat sich seit fünf Jahren überhaupt nichts getan», schimpft Peter Kurth, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft. «Das ist nicht in Ordnung. Biomüll getrennt zu sammeln ist kein Hexenwerk und auch keine Raketenwissenschaft.» Mindestens zwei Millionen Tonnen Biomüll mehr seien lässig drin, glaubt Kurth.
Einer Erhebung der Berliner Beratungsfirma Umwelt- und Energie-Consult uec zufolge steht in Deutschland erst in etwa jedem zweiten Haushalt eine Biomülltonne. Zwar haben laut Bundesumweltministerium bereits rund 340 der etwa 400 Städte und Landkreise grüne Tonnen eingeführt. Aber nicht überall stehen diese dann auch verpflichtend in jedem Haus.
Vor allem die Großstädte hinken hinterher. In Hamburg wurden laut uec 2010 gerade mal 16 Kilo Biomüll pro Einwohner gesammelt, in Berlin waren es magere 17 Kilo. Zum Vergleich: In Hessen waren es im gleichen Jahr 80 Kilo pro Kopf.
Eine ganze Reihe von Kommunen versuche gerade, Ausnahmegenehmigungen zu bekommen, bemängelt Günter Dehoust, Abfall-Experte beim Öko-Institut. Sie wollten keine weitere Tonne einführen müssen und argumentierten, es gebe ja einen Wertstoffhof, wo man den Biomüll hinbringen kann. Aber wer radelt schon zum Wertstoffhof, um seinen Biomüll abzuliefern? «Wir sollten in Deutschland Biomüll optimal erfassen - und das heißt haushaltsnah», fordert Dehoust.
Denn Bioabfall ist ein wertvolles Gut: Man kann ihn vergären und mit dem dabei entstehenden Biogas umweltfreundlich Energie gewinnen. Man kann ihn kompostieren und daraus biologischen Dünger gewinnen. Der deutsche Haushalts-Biomüll wird russisches Erdgas nicht ersetzen und auch den Kunstdünger nicht überflüssig machen. Aber die Menschen sollten Biomüll trotzdem mehr als Wertstoff sehen, sagen der Mann vom Öko-Institut und der Präsident des Entsorgerverbandes.
In anderen Bereichen klappt das schon ganz gut. Mehr als die Hälfte aller Abfälle wurde 2013 getrennt gesammelt. Zwölf Millionen Tonnen Müll gelten als «Wertstoffe». Das meiste war Altpapier: 72 Kilogramm pro Einwohner.
Verpackungen: 32 Kilogramm pro Einwohner. Altglas: 24 Kilogramm pro Einwohner. Aber Wiederverwerten ist nur die zweitbeste Lösung, sagt Abfall-Experte Dehoust: «Aus Umweltsicht ist Müllvermeidung immer besser als Produzieren, Benutzen und Wegwerfen - selbst wenn am Ende optimal recycelt wird.»
Da hilft ein Blick über den Tellerrand. Mehr als fünf Billionen Plastikteile treiben auf den Weltmeeren. Das berichtete eine internationale Forschergruppe um den amerikanischen Umweltschützer Marcus Eriksen vergangene Woche in der Fachzeitschrift «Plos One». Zusammen würden sie fast 269.000 Tonnen wiegen. (dpa)