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30.05.2008 | 11:11 | Campylobacteriose 

Campylobacter als Erreger bakterieller Lebensmittelinfektionen vielfach unterschätzt

Jena - Im Jahr 2007 verursachten Campylobacter in Deutschland 66.107 an das RKI gemeldete Durchfallerkrankungen beim Menschen und waren damit häufiger als Salmonelleninfektionen. Insgesamt war die Campylobacteriose nach der Norovirusinfektion die zweithäufigste Ursache von Durchfallerkrankungen.

Campylobacter
(c) University of Westminster
Im Vergleich zum Vorjahr zeigte sich eine Zunahme der Erkrankungsfälle um 27 Prozent, wobei besonders bei Kindern unter 5 Jahren und auch bei den 20- bis 29-Jährigen Campylobacter-Infektionen gehäuft auftraten.

Campylobacter sind im Darmkanal von Säugetieren und besonders von Vögeln weit verbreitet. Dabei erkranken die Tiere in der Regel nicht. Nach bisherigen Kenntnissen infiziert sich der Mensch vorzugsweise durch Verzehr von kontaminierten, vom Tier stammenden Lebensmitteln. Etwa 40 Prozent der Erkrankungen werden durch unzureichend erhitzte oder z.B. durch Auftauwasser rekontaminierte Geflügelprodukte, nicht aber durch Eier, verursacht. Weitere Infektionsquellen sind nicht pasteurisierte Milch, kontaminiertes, nicht gechlortes Trinkwasser, der Verzehr von rohem Hackfleisch sowie der Kontakt zu Heimtieren, besonders zu durchfallkranken Welpen und Kätzchen.

Während von kontaminiertem Geflügelfleisch zumeist Einzelerkrankungen ausgehen, können nicht pasteirisierte Milch und kontaminiertes Trinkwasser zu Gruppenerkrankungen führen. Zum Auslösen einer Infektion reicht schon eine vergleichsweise geringe Anzahl von rund 500 Keimen aus. Untersuchungen an frischem und gefrorenem Geflügel aus dem Einzelhandel zeigten, dass die Mehrzahl der Produkte oberflächlich mit dem Keim kontaminiert ist. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bakterien können sich Campylobacter zwar nicht im Lebensmittel vermehren, jedoch kann durch unvollständiges Erhitzen oder durch sogenannte Kreuzkontaminationen in der Küche die erforderliche geringe Infektionsdosis erreicht werden.

Derzeit sind die Möglichkeiten zur Prophylaxe der Campylobacteriose des Menschen unbefriedigend. Die Mehrzahl der Bemühungen zur Verringerung des Infektionsrisikos für den Verbraucher konzentriert sich daher auf die konsequente Einhaltung der Hygienemaßnahmen im Tierbestand und auf  Verbesserungen der Schlachthygiene.

Während des 25. Jenaer Symposiums, das sich mit diesem Erreger befasst, diskutieren Tierärzte aus Forschung und Praxis sowie Humanmediziner und Biologen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz Fragen der Prophylaxe, Epidemiologie, Diagnostik, Pathogenese und Bekämpfung von Campylobacter-Infektionen und tauschen neueste Forschungsergebnisse und Erfahrungen aus.

Das Symposium will die Kenntnisse über den Erreger weiter vertiefen, um Kontrollmechanismen effektiver zu gestalten und die Entwicklung neuer Bekämpfungsmöglichkeiten wie z.B. den Einsatz von Impfstoffen zu ermöglichen“, so Dr. Ingrid Hänel, Wissenschaftlerin am FLI und Koordinatorin des Symposiums. Damit soll in Zukunft eine entscheidende Reduzierung der lebensmittelbedingten Campylobacter-Infektionen des Menschen erzielt werden.

Bis dieses Ziel erreicht ist, kann eine Erkrankung momentan nur durch vorsorgende Maßnahmen, vor allem im Bereich der Schlacht- und Küchenhygiene, vermieden werden. Die Verbraucher sollten streng darauf achten, dass vor allem Geflügelfleisch gründlich durchgegart wird und bei der Zubereitung von Speisen jede Kreuzkontamination zwischen rohem Geflügel bzw. Auftauwasser und anschließend nicht mehr erhitzten Speisen vermieden wird. „Rohmilch ab Hof“ sollte vor Genuss abgekocht werden und Säuglinge, Kleinkinder, alte und abwehrgeschwächte Menschen sollten keine rohen Lebensmittel tierischer Herkunft, auch keine Vorzugsmilch, verzehren.
Das Symposium findet vom 2.-3. Juni am Institut für bakterielle Infektionen und Zoonosen des Friedrich-Loeffler-Instituts am Standort  Jena, Naumburger Str. 96a, statt. (PD)
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