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23.09.2008 | 11:37 | Milchskandal 

Milchskandal: 13.000 Babys erkrankt - Behörde seit August informiert

Peking - Die Zahl der kranken Babys durch verseuchtes Milchpulver in China ist drastisch gestiegen.

Milchpulver
(c) proplanta
Am Montag wurden nach offiziellen Angaben knapp 13.000 Säuglinge und Kleinkinder in den Krankenhäusern des Landes behandelt, weil sie Milchprodukte getrunken hatten, die mit der giftigen Chemikalie Melamin versetzt waren. Außerhalb der Kliniken werden weitere 40.000 Kinder wegen Beschwerden versorgt, die mit dem Milchpulver in Verbindung gebracht werden.

Das staatliche chinesische Fernsehen berichtete am Montag, dass der hauptsächlich betroffene Betrieb Sanlu in der Provinz Hebei den intern seit Monaten bekannten Skandal am 2. August den örtlichen Behörden gemeldet habe.

Diese hätten die Informationen jedoch nicht weitergegeben und auch keine Maßnahmen ergriffen. Der verantwortliche Bürgermeister wurde am Montag entlassen, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua. Am Montag musste demnach auch der Spitzenbeamte im Bereich Qualitätskontrolle seinen Platz räumen. Außerdem habe die Behörde für Industrie und Handel eine landesweite Inspektion aller Produzenten von Milchprodukten, aller Zulieferer und Händler angekündigt.

Für die Verbraucher in Europa sehen die nationalen und europäischen Behörden nach wie vor keine Gefahr. Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) forderte die Länder allerdings zu verschärften Kontrollen des bestehenden Einfuhrverbots für chinesische Milchprodukte auf.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht die chinesischen Behörden bei der Bewältigung des Skandals jetzt auf einem guten Weg. «Sie machen es nun auf die richtige Art und Weise», sagte eine WHO- Sprecherin am Montag in Genf, nachdem die Organisation China zuvor heftig kritisiert hatte. WHO-Vertreter in Asien hatten den Behörden vorgeworfen, nicht schnell genug gehandelt zu haben.

Sanlu «hat die Verseuchung seines Baby-Milchpulvers über Monate hinweg vertuscht», zitiert Xinhua aus einem ersten offiziellen Untersuchungsbericht. Mit dem Melamin sollte ein erhöhter Eiweißgehalt des gestreckten Milchpulvers vorgetäuscht werden. Mehr als 100 Kinder zeigten momentan schwere Krankheitssymptome, teilte das Gesundheitsministerium in Peking. Bislang sind vier Babys an Nierensteinen gestorben, die sich durch das Gift im Milchpulver für ihre Fläschchen gebildet hatten. 99,2 Prozent der insgesamt 53.000 erkrankten Kinder seien unter drei Jahren alt, teilte das chinesische Gesundheitsministerium mit. Bis zum Sonntag war nur von 6.200 Melamin-Krankheitsfällen berichtet worden.

Zum Fund von Melamin-Spuren in einer Probe des Schweizer Lebensmittelkonzerns Nestlé in Hongkong erklärte Nestlé am Montag: «Kein Nestlé-Baby-Milch-Produkt, das in Deutschland auf dem Markt ist, enthält Melamin.» Das werde durch zertifizierte Rohstoffquellen und Qualitätskontrollen sichergestellt. Die in einem Hongkonger Labor untersuchte Probe habe Melamin-Spuren aufgewiesen, die 25-fach niedriger seien, als es der in der EU geltende Grenzwert erlaube.

Ursache für die Verunreinigung könnte nach Angaben des Konzerns «Kunststoff in der Verpackung» sein. In Deutschland sind bisher - trotz verstärkter Kontrollen in nahezu allen Bundesländern, an Flughäfen und in Asia-Läden - keine Milchprodukte aus China aufgetaucht. In der ganzen EU gilt wegen der Vogelgrippe ohnehin ein absolutes Einfuhrverbot für tierische Lebensmittel aus China. Dennoch mahnte Seehofer eine «doppelte Prüfung» von Waren aus China an. «Die Erfahrung zeigt, dass am Gesetz vorbei mit hoher krimineller Energie Waren in den europäischen Markt geschmuggelt werden», sagte Seehofer der «Passauer Neuen Presse».

Der Melamin-Skandal sei ein rein «chinesisches Problem», betonte auch Thilo Bode, Geschäftsführer der Verbraucherschutz-Organisation «Foodwatch», im ZDF-Morgenmagazin. Angesichts vermehrter illegaler Lebensmittelimporte über die Schwarzmeer-Häfen in Osteuropa seien neben Kontrollen allerdings auch politische Maßnahmen gefragt. Bode forderte eine verstärkte Haftung auch von Importeuren und Einzelhändlern für die von ihnen verkauften Produkte. (dpa)
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