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25.08.2009 | 11:50 | Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten 

Nahrungsmittel-Allergien: Viele Tests sinnlos

Hamburg - Weil sie vermeintlich allergisch dagegen sind, verzichten etliche Menschen auf bestimmte Lebensmittel.

Nahrungsmittel-Allergien
(c) proplanta
Allzu oft aber beruht diese Annahme auf komplett wertlosen Analysen:
sogenannten Immunglobulin G (IgG- oder auch IgG4)-Tests zum Nachweis von Nahrungsmittel-Allergien oder Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten. «Die dabei im Blut nachgewiesenen Antikörper gehören zur ganz normalen Reaktion des Immunsystems», sagt Jörg Kleine-Tebbe vom Allergie- und Asthma-Zentrum Westend in Berlin. Sobald jemand etwas isst, werden sie gebildet. Dennoch werben Anbieter im Internet, in Zeitschriften und in Broschüren damit, für mehrere hundert Lebensmittel eine mögliche Unverträglichkeit testen zu lassen.

Erst im Mai veröffentlichten fünf große deutschsprachige Allergiegesellschaften eine gemeinsame Leitlinie, die sich strikt gegen die sinnlosen IgG-Bestimmungen richtet (Fachmagazin «Allergo Journal», Bd.18, S. 267). Die Angebote seien seither aber nicht weniger geworden, sagte Kleine-Tebbe, der die Leitlinie führend mit erarbeitet hat. «Bei den Firmen wird so getan, als wäre die Nützlichkeit noch in der wissenschaftlichen Diskussion. Das ist nicht so. Aber mit den Tests lässt sich eben auf simple Weise viel Geld verdienen.» 800 Euro kann eine Bestimmung kosten, meist seien es um die 300 Euro.

Schätzungsweise ein Fünftel aller Menschen in Deutschland glaubt, dass sie ein oder mehrere Lebensmittel nicht vertragen. «Tatsächlich sind es maximal ein bis fünf Prozent», sagt Kirsten Jung vom Bundesvorstand des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen, ÄDA. «Das wird sehr überschätzt.» Egal ob Magenweh, chronische Hautleiden, Dauermüdigkeit oder häufiger Kopfschmerz - viele Patienten glaubten bei derlei Symptomen schnell, an einer Nahrungsmittel- Unverträglichkeit zu leiden. «Gerade chronisch Kranke mit ihrem hohen Leidensdruck sind ein leichtes Opfer für die IgG-Test-Angebote», erläutert die Erfurter Hautärztin.

Bedenklich sei, dass entsprechende Werbe-Broschüren auch in so mancher Arztpraxis auslägen, sagt Kleine-Tebbe. «Vielen Ärzten ist einfach nicht bewusst, dass die Tests ungeeignet sind. Und es gibt auch schwarze Schafe.» Ein Arzt oder Heilpraktiker, der das für den IgG-Test nötige Blut abzapft und zum jeweiligen Anbieter schickt, bekommt einen Teil der Gebühr.

Kritisch sehen die Allergie-Experten die Untersuchungen aber nicht nur wegen des Geldes, das die Betroffenen zahlen, ohne wirklich Hilfe zu erhalten. Tragisch seien vor allem die mitunter abgeleiteten Verhaltensweisen der Menschen. «Völlig unberechtigte Diäten werden gemacht, die bei einigen Betroffenen zu Mangelerscheinungen oder Unterernährung führen», erläutert Kleine-Tebbe. «Und das auch bei Kindern. Ein Skandal, das ist Körperverletzung.

Wer annehme, bestimmte Lebensmittel nicht zu vertragen, solle am besten einen Allergologen aufsuchen, rät Jung. Verträgt jemand tatsächlich bestimmte Nahrungsmittel nicht, wehrt sich der Körper mit Immunglobulinen der Klasse E - die sich mit einem sogenannten IgE- oder auch Prick-Test nachweisen lassen. Typische Anzeichen dafür seien juckende Quaddeln, Gesichtsschwellungen, starkes Jucken im Hals, Übelkeit und Atemnot, erklärt Kleine-Tebbe. (dpa)
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