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25.07.2009 | 07:03 | Schweinegrippe 

Schweinegrippe-Welle kommt - und noch Monate bis zum Impfstart

Hamburg - 50 Millionen Schweinegrippe-Impfdosen sind bestellt - ein großer Teil der Menschen in Deutschland könnte sich aber bereits infiziert haben, bis die Schutzkampagne im Herbst startet.

Schweinerüssel
(c) proplanta
 «Es ist so, dass Deutschland den Impfstoff relativ spät bestellt hat - im Ausland wurde das zum Teil früher gemacht», sagte der Virologe Prof. Alexander Kekulé von der Universität Halle- Wittenberg am Freitag dem Radiosender NDR info. «Ich gehe davon aus, dass wir irgendwann im November oder vielleicht noch später in Deutschland dann im großen Stil impfen werden. Nach der zweiten Impfung, die nach einem Monat erfolgt, ist der Impfschutz sicher. Man kann natürlich sagen, dass ein großer Teil der Menschen bis dahin die Infektion schon hinter sich hat.»

In den nächsten Wochen stehe mit dem Ende der Reisezeit eine Welle von Neuerkrankungen bevor, sagte Kekulé. Infizierte fühlen sich häufig zunächst krank und schlapp, bekommen Fieber und später auch Halsschmerzen und Husten. Bisher verliefen die Erkrankungen in Deutschland mild. Mit zunehmend mehr Erkrankten werde es aber auch erste Todesfälle geben, warnte Kekulé. Derzeit sind beim Robert Koch- Institut in Berlin bundesweit mehr als 2.800 Erkrankungen registriert, Neuerkrankungen werden vor allem bei Spanien-Urlaubern diagnostiziert. An der «normalen» Grippe erkranken jedes Jahr Millionen Menschen, 8.000 bis 11.000 sterben.

Die von den Bundesländern am Freitag bestellten Impfdosen reichen für etwa 30 Prozent der Bevölkerung. Die Kosten belaufen sich auf rund 700 Millionen Euro, teilte das Thüringer Sozialministerium mit, das zurzeit die Gesundheitsministerkonferenz leitet. Der Impfstoff wird noch entwickelt. Von Herbst an sollen zunächst gefährdete Gruppen wie Asthmatiker, chronisch Kranke und Beschäftigte im Gesundheitswesen geimpft werden.

Mit den steigenden Fallzahlen gewinnen Pandemiepläne für Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Für die großen Konzerne könne das globale Arbeiten nun ein Nachteil sein, sagte Peter Höbel, Experte für Krisenmanagement in Frankfurt. «Der Austausch von Erregern ist dort eher wahrscheinlich als bei einem Mittelständler.» Wie gut die Unternehmen auf eine Pandemie vorbereitet sind, sei - größenunabhängig - von Firma zu Firma sehr unterschiedlich. «Es gibt Großunternehmen, die sehr mäßig auf Krisen vorbereitet sind. Das hat was mit dem allgemeinen Risikobewusstsein zu tun», sagte Höbel.

Einen ausgefeilten Plan gibt es beim Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) - in dessen Sächsischen Serumwerk Dresden der Impfstoff gegen das Virus produziert wird. «Der Pandemie-Plan für alle Standorte ist in Kraft», sagte GSK-Sprecherin Daria Munsel in München am Freitag. Dazu gehöre, dass alle Mitarbeiter und im Haushalt lebende Angehörige ein Medikament zugeschickt bekämen, das in Absprache mit einem Arzt bei ersten Symptomen oder prophylaktisch eingenommen werden könne.

Beim Hamburger Kosmetikhersteller Beiersdorf AG kümmert sich ein eigener Krisenstab um die Bevorratung von Medikamenten und Schutzkleidung, teilte das Unternehmen mit. Im Intranet würden Beschäftigte über Verhaltensempfehlungen informiert. Bei der Deutschen Telekom in Bonn wurden vor den Kantinen Hygieneboxen aufgestellt, an denen sich die Mitarbeiter die Hände desinfizieren können. Die Sanitäranlagen werden häufiger gereinigt. Einige Dienstreisen werden nach Angaben eines Sprechers durch Telefon- oder Video-Konferenzen ersetzt. Mitarbeiter der Landesbank WestLB sollen bei der Begrüßung besser auf den Handschlag verzichten, so die Anweisung.

IT-Mitarbeiter beim Sportartikel-Hersteller adidas im fränkischen Herzogenaurach werden mit Laptops ausgestattet, um notfalls von zu Hause aus arbeiten zu können. «Wir haben einen Krisenreaktionsplan, in dem genau alle Schritte festgelegt sind, die gemacht werden müssen», sagte Sprecherin Katja Schreiber. In den Plänen des Mainzer Technologiekonzerns Schott ist geregelt, welcher Mitarbeiter im Krankheitsfall durch wen ersetzt werden kann und wer seine Aufgaben auch gut von zu Hause aus erledigen könnte. «Jeder Geschäftsbereich hat Pläne für bestimmte Szenarien entwickelt», sagte ein Sprecher. Die Pläne gebe es seit Ausbruch der Vogelgrippe 2006.

Die Fluggesellschaft TUIfly berichtete, dass Flugbegleiter inzwischen beim Abräumen der Speisetabletts Handschuhe tragen. Am Flughafen Hannover dürfen Maschinen, in denen ein Passagier mit Schweinegrippe-Verdacht an Bord ist, nur auf weiter entfernten Außenpositionen landen. Ein Sprecher sagte, es habe bisher drei solche Fälle gegeben. Die Behörden in den Bundesländern sehen die Situation noch gelassen. «Es ist alles im grünen Bereich», sagte ein Sprecher des sächsischen Sozialministeriums der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Momentan gebe es keine Überlegungen, Großveranstaltungen oder Konzerte wegen zu hoher Ansteckungsgefahr ausfallen zu lassen. Beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit in Erlangen sagte eine Sprecherin, auch ein Ausbau der Krankenhaus-Kapazitäten sei derzeit nicht notwendig. Die meisten Erkrankten würden ohnehin von ihrem Hausarzt behandelt.

In der Hauptstadt erklärte eine Sprecherin der Gesundheitsverwaltung: «Wir sind weit davon entfernt, in Berlin eine kritische Anzahl von Fällen zu haben.» Über eine Absage von Veranstaltungen werde erst nachgedacht, wenn 30 Prozent der Bevölkerung erkrankt seien. In Großbritannien ist die Lage bereits wesentlich angespannter: Britische Gesundheitsexperten warnten am Freitag davor, dass die Intensivbetten und Beatmungsgeräte in den Krankenhäusern wegen der Schweinegrippe knapp werden könnten. Um mit der zu erwartenden Weiterverbreitung Schritt zu halten, müsse die Zahl der Betten im Schnitt um knapp zwei Drittel erhöht werden. Zudem bräuchten die Krankenhäuser in einigen Regionen etwa ein Fünftel mehr Beatmungsgeräte, warnten die Mediziner. Bisher sind 31 Menschen in Großbritannien gestorben, nachdem sie sich mit der Schweinegrippe angesteckt hatten. Die meisten von ihnen waren durch Vorerkrankungen geschwächt. (dpa)
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