Diese Gewächshäuser bilden Europas größte Anbaufläche unter Folie. Sie sehen aus der Ferne betrachtet aus wie eine Mondlandschaft. Aus diesem «Mar de plástico» (Plastikmeer) stammt ein beträchtlicher Teil des in deutschen Supermärkten angebotenen Wintergemüses.
Die Informationen aus Deutschland, dass spanische Salatgurken mit EHEC-Erregern verseucht gewesen seien, lösten in Spanien Verwunderung, Besorgnis, aber auch Unmut aus. Die Berichte von Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (
SPD) seien «verfehlt, unglücklich und überstürzt», sagte die
Agrarministerin der südspanischen Region Andalusien, Clara Aguilera. Weder die deutsche Regierung noch die EU hätten bestätigt, dass die belasteten Gurken tatsächlich aus Spanien stammten. Für die heimischen Landwirte könnte das schwerwiegende Folgen haben.
Der spanische Agrarverband COAG hält es für unwahrscheinlich, dass Spanien das Ursprungsland der Infektionen ist. «Der Gurkenexport nach Deutschland ist derzeit gleich null», sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. Die Erntezeit sei bereits im April zu Ende gegangen. Es sei auch nahezu ausgeschlossen, dass die Bakterien beim Anbau oder bei der Ernte an die Gurken gelangt sein könnten. Diese würden gebürstet, in Plastik verschweißt und dann an die Handelsketten geliefert. «Die Kontrollen in Spanien sind streng», ergänzte er.
Die mit einfachen Mitteln errichteten Gewächshäuser hatten dem Südosten Spaniens in den vergangenen Jahrzehnten zu einem kleinen Wirtschaftswunder verholfen. Die einst bitterarme Provinz Almería, in der sich die einzige natürliche Trockenwüste in Europa befindet, erwirtschaftete sich dank des Gemüseanbaus einen gewissen Wohlstand.
Rund 360 Quadratkilometer, fast so viel wie die Fläche der Hansestadt Bremen, liegen unter Plastik. Pro Jahr werden hier drei Millionen Tonnen Gemüse erzeugt. Das einstige 4.000-Seelen-Dorf El Ejido wuchs binnen 40 Jahren zu einer Stadt mit fast 100.000 Einwohnern, die obendrein zu den wohlhabendsten im ganzen Land gehört.
Der Erfolg hat aber auch seine Kehrseite. Das Gemüse aus dem «Plastikmeer» steht bei Umweltschützern in einem schlechten Ruf. Vor einigen Jahren hatten Ökologen davor gewarnt, dass Paprikas oder Tomaten aus dieser Gegend stark mit Pestiziden belastet seien. Der Landwirt Justo Sánchez räumt ein: «Mit den Chemikalien haben wir früher Schindluder getrieben.» Heute habe sich dies aber stark gebessert. «Mit dem zu Billigpreisen importierten Gemüse aus Marokko können wir nur konkurrieren, wenn wir auf Qualität setzen.»
Die Gewächshäuser haben den Vorteil, dass sie keine Heizungen benötigen, weil die Sonne für genügend Wärme sorgt. Ihre Schwäche liegt aber in einem enormen Wasserverbrauch. Die Gegend von Almería ist eine der niederschlagärmsten Gegenden Europas. Die Bauern beziehen das Wasser überwiegend aus unterirdischen Brunnen, die im Laufe der Zeit immer tiefer gegraben werden mussten.
In den Gewächshäusern arbeiten fast ausschließlich Zuwanderer aus Marokko oder Schwarzafrika, die zum Teil illegal in Spanien leben. Sie hausen in Ausländerghettos und häufig auch unter unmenschlichen Bedingungen in notdürftig errichteten Hütten zwischen den Gewächshäusern. Um Arbeit zu finden stellen sie sich früh morgens an eine Straßenkreuzung oder eine Tankstelle und warten darauf, dass ein Landwirt im Auto vorbeifährt und sie für einen Tagelohn von 30 bis 40 Euro anheuert. (dpa)