Ausgerechnet in Babynahrung mischt ein Erpresser Gift. Er will so Unternehmen zur Zahlung von Millionen Euro zwingen. Aber wie bewertet ein psychiatrischer Gutachter das Verhalten des Mannes? (c) proplanta
Gutachter Hermann Assfalg schloss am Montag vor dem Landgericht eine schwere Persönlichkeitsstörung oder andere «seelische Abartigkeit» des 54-Jährigen aus. Er hatte den Angeklagten in einem rund dreistündigen Gespräch und im Prozess beobachtet. Allerdings bescheinigte der Gutachter ihm eine übertriebene Ich-Bezogenheit (Narzissmus). «Er war nicht hilflos dieser Störung ausgesetzt», so Assfalg. Der Beschuldigte habe stets aktiv Entscheidungen getroffen.
Der Mann hatte die Erpressung zu Beginn der Verhandlung gestanden. Die Tat habe eine detaillierte und wochenlange Planung vorausgesetzt, sagte Assfalg. 11,75 Millionen Euro hatte der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft von verschiedenen Handelsunternehmen gefordert. Er hatte dafür vor rund einem Jahr fünf Gläser Babynahrung mit einer gefährlichen Dosis Gift in Geschäften in Friedrichshafen platziert.
Gutachter Assfalg schlussfolgerte, dass die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik nicht erfüllt seien. Geplant war, dass im Anschluss an das Gutachten Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Plädoyers vortragen. Allerdings beantragte der Anwalt des Angeklagten, noch zwei weitere Zeugen anzuhören. Ob das Gericht dem Antrag stattgibt und wann plädiert werden kann, war zunächst unklar.
Der mutmaßliche Erpresser hatte sich in der Verhandlung mehrfach auf eine attestierte Borderline-Persönlichkeitsstörung berufen und so auch sein Handeln zu erklären versucht. Betroffene der Störung gelten als emotional instabil und neigen dazu, Impulse ohne Rücksicht auf Konsequenzen auszuleben.
Das Gutachten zog der 54-Jährige in Zweifel, hakte danach selbst in der Verhandlung beim Sachverständigen nach. Unter anderem warf er dem Gutachter vor, die Aussage eines Zeugen sei nicht berücksichtigt worden. Dieser Zeuge soll eine Medikamentensucht des Beschuldigten bestätigt haben. Der Angeklagte hatte in der Verhandlung angegeben, im vergangenen Jahr exzessiv Alkohol konsumiert und Schmerzmittel eingenommen zu haben.