Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
05.06.2009 | 18:03 | Ernährung & Gesundheit  

Toxikologische Aspekte der Ernährung

Schwerin - Das Kapitel 4 des Ernährungsberichts 2008 beschreibt die derzeitige Situation der Belastung von Lebensmitteln und Frauenmilch mit unerwünschten Stoffen.

Toxikologische Aspekte der Ernährung
Das sind zum Einen Umweltkontaminanten oder Verunreinigungen, die unbeabsichtigt in die Lebensmittel gelangen, zum Anderen Rückstände aus Pflanzenschutzmitteln und Tierarzneimitteln, die absichtlich eingesetzt werden. Dabei werden die aktuellen Daten mit denen früherer Ernährungsberichte verglichen. Außerdem greift das Kapitel aktuelle Themen auf: Es werden die Rückstandssituation von ökologisch erzeugten Produkten beschrieben, von den neu in der Umwelt sowie in geringem Umfang bereits im Trinkwasser und in Fischen nachgewiesenen perfluorierten Tensiden (PFT) berichtet sowie das europäische Chemikaliengesetz REACH für den vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutz vorgestellt.

Beurteilung: Aufgrund der Datenlage kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Situation bei den Rückständen und Kontaminanten in Lebensmitteln nach derzeitiger Kenntnis keinen Anlass zur Besorgnis für die Gesundheit der Verbraucher gibt. Es ist insgesamt nicht mit akuten Gesundheitsrisiken zu rechnen, auch wenn belastete Lebensmittel einmalig oder gelegentlich verzehrt werden, und auch Langzeitrisiken sind nicht erkennbar.


Rückstände von Pflanzenschutzmitteln

Die Qualität der Lebensmittelüberwachung verbessert sich ständig: Von 2002 bis 2005 wurden an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Daten zu insgesamt 53?608 Proben mit nahezu 7 Millionen Analyseergebnissen übermittelt. Damit hat sich 2005 im Vergleich zu 2002 die Anzahl der Proben fast verdoppelt. Die durchschnittliche Anzahl der je Probe untersuchten Stoffe ist sogar um mehr als 100?% gestiegen (Tab. 1).


Ergebnisse

Säuglings- und Kleinkindernahrung ist nahezu rückstandsfrei. Zwar wurden von 2003 bis 2005 in 5?% bis 18?% der Proben messbare Rückstände gefunden, diese waren aber stets sehr gering. Eine Höchstmenge wurde in keiner einzigen Probe überschritten.  Auch bei Getreide kann die Rückstandssituation positiv bewertet werden. 60?% bis 75?% der Proben enthielten keine messbaren Rückstände. Bei 1?% bis 2?% der Proben wurden Überschreitungen der Höchstmengen festgestellt.

Bei den tierischen Lebensmitteln wurden bei mehr als der Hälfte der Proben Rückstände gefunden, diese sind meistens sehr gering. Vor allem Insektizide wie DDT, Hexachlorbenzol und Lindan wurden nachgewiesen. Diese Mittel sind zwar seit Langem verboten, aber in der Umwelt noch immer vorhanden und gelangen damit in die Lebensmittel. Auch Futtermittel aus Drittstaaten kommen vermutlich als Eintragsquelle infrage.

Überschreitungen der Höchstmenge waren insgesamt aber relativ selten, mit Ausnahme von Lindan: 2004 und 2005 wurde hier am häufigsten die Höchstmenge in Milchprodukten überschritten, nachdem mit der 8. Verordnung zur Änderung der Rückstands-Höchstmengenverordnung vom 5. November 2003 die bis dahin geltende Höchstmenge von 0,2 mg/kg drastisch um das 200-fache auf 0,001 mg/ kg gesenkt worden war. Die Überschreitungen der neuen Höchstmenge fielen allerdings gering aus, lagen im Rahmen der analytischen Messunsicherheit und mussten nicht beanstandet werden.

Bei Obst und Gemüse wurden 2005 insgesamt 13?039 Proben -verteilt auf 126 Obst- und Gemüsearten - analysiert. Dabei wurden durchschnittlich pro Probe 190 Stoffe untersucht. Insgesamt 1091-mal wurden Höchstmengen überschritten, 409-mal eine Höchstmenge von 0,01mg/kg. In 44?% der Obst- und Gemüseproben des Jahres 2005 fand man mehr als einen Rückstand in messbarer Menge. Zufriedenstellende Methoden für die toxikologische Bewertung dieser Mehrfachrückstände sind zurzeit aber noch keine vorhanden.

In vielen Obst- und Gemüsearten, bei denen der Verbrauch besonders hoch ist, wurden selten Überschreitungen der Höchstmenge festgestellt. Dazu gehören z.?B. Äpfel, Birnen, Bananen, Karotten, Kartoffeln und Tomaten. Bei Rucola, Paprika, Tafeltrauben und Johannisbeeren wurden die Höchstmengen deutlich häufiger überschritten. Doch es gibt Unterschiede je nach Herkunftsland: Z.?B. enthielten nur 1,5?% der niederländischen Paprikaproben Rückstandsgehalte über der Höchstmenge, der Durchschnitt aller Länder lag dagegen bei 15,9?%. Bei deutscher Ware wurden die Höchstmengen seltener überschritten als bei Importware. Generell werden bei Obst und Gemüse die Höchstmengen häufiger überschritten als bei Getreide und den Lebensmitteln tierischen Ursprungs.

Insgesamt steigt der Anteil der Proben mit Rückständen unterhalb der Höchstmengen, doch ist dies auf immer bessere Nachweismethoden und die zunehmende Anzahl der durchschnittlich pro Probe untersuchten Wirkstoffe zurückzuführen. Sogar kleinste Spuren eines Stoffes können im Lebensmittel nachgewiesen und mengenmäßig bestimmt werden. Dadurch stehen immer mehr und umfangreichere Daten zur Verfügung.

Der Proben mit Rückständen über der Höchstmenge dagegen sinkt, und das hat mehrere Gründe: Die EG-Verordnung über Höchstgehalte an Pestizidrückständen, die die zulässigen Rückstandshöchstgehalte der Mitgliedstaaten harmonisiert, ist am 01.09.2008 in Kraft getreten. Eine weitere Rolle spielen eine bessere Anwendung der guten landwirtschaftlichen Praxis (GLP) und die Qualitätssicherungsmaßnahmen von Produzenten und Handel.

Aus Deutschland wurden im Jahr 2005 13 Fälle von Pestizidrückständen an das europäische Schnellwarnsystem gemeldet, insgesamt 72 Meldungen waren es aus allen Mitgliedstaaten der EG. Somit stellen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln selten ein gesundheitliches Risiko dar.


Rückstände von Arzneimitteln und Umweltkontaminanten

Im Rahmen des nationalen Rückstandskontrollplans (NRKP) für Lebensmittel tierischen Ursprungs, der auf der Richtlinie 96/23/EG basiert, werden unter ande rem lebende Nutztiere, Fleisch, Eier, Milch und Honig auf Rückstände unerwünschter Stoffe untersucht. Das Programm wird in der Europäischen Union einheitlich durchgeführt und wurde in den letzten Jahren in nerhalb der EU-Mitgliedstaaten weiter harmonisiert. Es hat zum Ziel, die illegale Anwendung verbotener oder nicht zugelassener Stoffe aufzudecken und den vorschriftsmäßigen Einsatz von zugelassenen Tierarzneimitteln zu kontrollieren.

Außerdem wird die Belastung mit verschiedenen Umweltkontaminanten und anderen unerwünschten Stoffen, wie z.?B. Schwermetallen und Schimmelpilzgiften, erfasst. Dazu werden die lebensmittelliefernden Tiere und tierische Erzeugnisse vom Erzeugerbetrieb bis zum Schlachthof bzw. bis zur ersten Produktionsstufe überwacht. Von 2002 bis 2005 ist die Anzahl der Untersuchungen nach dem nationalen Rückstandskontrollplan von 330?000 auf über 407?360 pro Jahr angestiegen. Bei weniger als 0,2?% der Proben wurden positive Rückstandsbefunde ermittelt (Ausnahme 2003 mit 0,33?%). Insgesamt ist der Anteil positiver Befunde bei Rückständen in tierischen Lebensmitteln in Deutschland und auch in anderen Mitgliedstaaten seit Jahren rückläufig. Viele Substanzen werden seit Jahren nicht mehr nachgewiesen.


Belastung von Bioprodukten

Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurden in Baden-Württemberg Lebensmittel ökologischer Herkunft systematischer und häufiger als es den Marktanteilen entsprechen würde auf Rückstände und Kontaminanten untersucht (Ökomonitoring) und mit konventionell erzeugten Lebensmitteln verglichen. Der Ernährungsbericht stellt die Ergebnisse von 2003 bis 2005 dar.

Es zeigt sich: Die Gehalte an Pflanzenschutzmittelrückständen in Obst und Gemüse aus ökologischem Landbau waren deutlich niedriger als die in konventionell erzeugten Lebensmitteln. Der mittlere Rückstandsgehalt aller untersuchten Öko-Proben lag unterhalb von 0,005mg/kg. Zum Vergleich: Bei konventionell erzeugtem Obst und Gemüse lagen die Gehalte im Mittel bei 0,4mg/kg. Wesentlich geringer ist auch der Anteil der Proben mit Mehrfachrückständen

von Pflanzenschutzmitteln in Proben ökologischer Herkunft. In keinem der untersuchten Öko-Lebensmittel wurden Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe wie Tierarzneimittel oder Leistungsförderer nachgewiesen. Dagegen stellte man bei konventionell erzeugten Lebensmitteln im gleichen Zeitraum in 140 Proben Rückstände von pharmakologisch wirksamen Stoffen fest. In der Belastung mit chlor- und bromorganischen Pflanzenschutzmitteln und Kontaminanten unterschieden sich Öko- und konventionell erzeugte Lebensmittel nicht. Milchprodukte, Eierteigwaren und Fleischfertiggerichte waren gleichermaßen - wenn auch niedrig - belastet.

Auch bei der Belastung mit Dioxin oder dioxinähnlichen PCBs zeigten sich bei Bio- und konventionellen Lebensmitteln keine Unterschiede. Insgesamt belegen die Untersuchungsdaten, dass das hohe Verbrauchervertrauen in ökologische Lebensmittel berechtigt ist.


Umweltkontaminanten in Frauenmilch

Das Interesse stillender Mütter an der Untersuchung ihrer Milch auf Umweltkontaminanten ist seit Jahren stark rückläufig. Das macht es schwierig, die allgemeine Belastungssituation der Frauenmilch mit Sicherheit zu beurteilen. In den letzten Jahren wurden pro Jahr die Analyseergebnisse von 100 bis 200 Proben an die zentrale Frauen ilch- und Dioxin-Humandatenbank am Bundesm institut für Risikobewertung (BfR) übermittelt, in den 1980er- und 1990er-Jahren waren es noch über 1?000 Proben.

Vorsichtig bewertet deuten die Ergebnisse der letzten Jahre darauf hin, dass die Belastung von Frauenmilch mit den mengenmäßig relevanten Organochlor-Pestiziden weiter geringfügig zurückgegangen ist. Die Belastung von Frauenmilch mit polybromierten Biphenylethern (PBDE), die als Flammschutzmittel eingesetzt werden, liegt in Deutschland – im Vergleich zu Proben von Frauen aus anderen europäischen Ländern – im unteren Bereich.

Immer bessere Messmethoden machen es möglich, immer geringere Gehalte und auch bisher nicht bekannte Kontaminanten in der Frauenmilch nachzuweisen. Dazu gehören z.?B. polybromierte Biphenylether und perfluorierte Tenside. Dies zeigt, wie wichtig es ist, auch weiterhin Frauenmilchproben zu untersuchen. Denn dadurch können frühzeitig Belastungen erkannt und Maßnahmen für ihre Verhinderung oder Reduktion ergriffen werden.


Perfluorierte Tenside (PFT)

Perfluorierte Tenside (PFT) sind organische Substanzen, bei denen alle Wasserstoffatome am Kohlenstoffgrundgerüst durch Fluoratome ersetzt sind. Sie sind mittlerweile weiträumig in der Umwelt verteilt und gelangten 2006 in die Schlagzeilen, als in Ruhr und Möhne und Trinkwässern im Ruhr-Einzugsgebiet hohe Gehalte nachgewiesen wurden. Als Hauptursachenquelle wurden landwirtschaftliche Nutzflächen ermittelt, auf die Dünger mit illegalen Beimischungen von PFT-haltigen Abfällen ausgebracht worden waren. Die wichtigsten Vertreter aus der Gruppe der perfluorierten Tenside sind das Perfluoroctansulfonat (PFOS) und die Perfluoroctansäure (PFOA).

In einer vorläufigen Bewertung leitete das BfR eine tolerierbare tägliche Aufnahme (TDI) für Perfluoroctansulfat (PFOS) von 0,1 ?g/kg Körpergewicht ab. Ausgehend von diesem TDI-Wert schlug die Trinkwasserkommission vor, vorsorglich einen lebenslang gesundheitlich duldbaren Leitwert (Summen aus PFOS, PFOA und ggf. weiterer PFT) von 0,3 ?g/l heranzuziehen. Der Leitwert (LW) eines Stoffes ist dessen lebenslang (70 Jahre) gesundheitlich duldbare oder akzeptierbare Konzentration im Trinkwasser, bezogen auf 1–2 Liter verzehrtes Trinkwasser pro Tag und die altersabhängige mittlere Körpermasse. Außerdem empfahl die Trinkwasserkommission, Trinkwasser mit mehr als 0,5 ?g/l (Summe aus PFOS und PFOA) nicht zur Zubereitung von Säuglingsnahrung zu verwenden. Schwangere Frauen sollten entsprechend belastetes Wasser oder mit ihm zubereitete Getränke nicht regelmäßig trinken.

Untersuchungen von Lebensmitteln auf perfluorierte Tenside liegen bisher nur vereinzelt vor. Daraus weiß man, dass die mittlere tägliche PFTExposition über Lebensmittel deutlich unter dem vom BfR und der Trinkwasserkommission abgeleiteten TDI-Wert von 0,1 ?g/kg Körpergewicht liegt. Insgesamt sind die Daten über PFT-Gehalte in Lebensmitteln und Humanproben aus Deutschland allerdings noch sehr lückenhaft.


Die neue europäische Verordnung zum Chemikalienrecht

Am 01.06.2007 ist die EU-Chemikalienverordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation of Chemicals = Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien) in Kraft getreten. Sie harmonisiert und vereinfacht das bisherige Chemikalienrecht und richtet sich an Hersteller und Personen, die Chemikalien in Verkehr bringen. REACH schreibt vor, dass seit dem 1. Juni 2008 innerhalb von 11 Jahren die etwa 30?000 Altstoffe, die in der EU mit mindestens einer Jahrestonne pro Hersteller oder Importeur in den Verkehr gebracht werden, regis riert werden t müssen.

Diese Altstoffe wurden zuvor nie systematisch auf ihre toxikologischen und öko-toxikologischen Eigenschaften getestet, so wie dies seit 1981 bei den Neustoffen vorgeschrieben ist. Auch ihre Verwendungen sind nicht ausreichend bekannt und es kann kaum abgeschätzt werden, welches Risiko von ihnen ausgeht. Man bringt jedoch die Zunahme unspezifischer Erkrankungen beim Menschen und Schäden in der Umwelt auch mit der zunehmenden Verwendung von Chemikalien in Verbindung.

Zur Registrierung muss jeder Hersteller bzw. Importeur für die jeweiligen Stoffe physikalisch-chemische, toxikologische und ökotoxikologische Daten und die Verwendungszwecke an die Europäische Chemikalienagentur (EChA) in Helsinki mitteilen. Ohne Registrierung darf kein Stoff in Verkehr gebracht werden. Bei Stoffen mit einer Produktion von mindes ens 100 Jahrestonnen pro Hersteller bzw. Importeur sind außerdem Int formationen über längerfristige Wirkungen in Bezug auf Toxizität und Ökotoxizität erforderlich.

Neustoffe sind in ihren toxikologischen Eigenschaften und Verwendungen hinreichend bekannt, sie gelten deshalb als „REACH-registriert“. Sind alle 30?000 Altstoffe registriert, wird es keine Unterscheidung mehr zwischen Alt- und Neustoffen geben.

Für einige Altstoffe besteht keine Regis rierungspflicht. Dazu gehören solche, deren Eigenschaften ein Risiko unwahrscheinlich machen, z.?B. t Edelgase, Wasser, Lebensmittel und Lebensmittelinhaltsstoffe wie Aminosäuren, Fette und Öle, Stärke, Zucker und Vitamin A. Stoffe jedoch, die krebserzeugend, erbgut- und fruchtschädigend, persistent und bioakkumulierend sind, werden als Stoffe „sehr großer Besorgnis“ eingestuft. Endokrin wirksame Stoffe, die das Hormonsystem des Menschen beeinflussen können, gelten als Stoffe vergleichbarer Besorgnis. Für sie werden geeignete Fris en festgelegt, ab denen sie nicht mehr verwendet werden dürfen.


Aktuell diskutiert: Bisphenol

Ein aktuelles Thema zu Chemikalienrückständen in Lebensmitteln ist die Diskussion um Bisphenol A. Sie konnte im Ernährungsbericht 2008 nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Chemikalie kann in geringen Mengen aus Plastikgegenständen wie Babyflaschen, Trinkbechern, Mikrowellen- und Plastikgeschirr, Getränkedosen und anderen Kunststoffprodukten auf Lebensmittel übergehen. Bisphenol A kann östrogen hnlich ä wirken, wird im menschlichen Körper aber schnell in inaktive Stoffwechselprodukte umgewandelt und über die Nieren ausgeschieden.

Berichte über gesundheitsgefährdende Wirkungen, insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern, wurden kontrovers diskutiert. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat sämtliche verfügbaren Daten überprüft und festgestellt, dass keine gesundheitsschädlichen Mengen an Bisphenol A durch die Ernährung aufgenommen werden. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht ebenfalls keine Gesundheitsgefahr für Säuglinge, die Nahrung aus Plastikfläschchen zu sich nehmen.


Mikrobiologische Aspekte der Ernährung

Das Kapitel 5 des Ernährungsberichts 2008 nimmt wichtige Mikroorganismen in den Blick, die Lebensmittelvergiftungen auslösen. Es erläutert die aktuelle Situation bei BSE und stellt das Vorkommen von Lebensmittelinfektionen in der Gemeinschaftsverpflegung und auf Reisen erworbene Lebensmittelinfektionen dar.


Lebensmittelinfektionen und Lebensmittelintoxikationen

Salmonellose
Die Salmonellose gehörte im Zeitraum von 2003 bis 2007 wie in den Jahren zuvor zu den bedeutendsten bakteriellen Infektionskrankheiten des Menschen. Die Zahl der gemeldeten Salmonellosen ging bis 2005 auf 52?245 Fälle zurück, danach stieg sie wieder leicht auf 55?400 im Jahr 2007 an. Insgesamt ist aber ein Rückgang der gemeldeten Erkrankungen in den letzten 10 Jahren zu verzeichnen (Abb. 1). Häufigste Ursache war S. Enteritidis, gefolgt von S. Typhimurium.

Meist verlaufen Salmonellosen als Durchfallerkrankungen, in Einzelfällen kann es aber auch zu schweren - manchmal sogar tödlich verlaufenden - Allgemeininfektionen kommen. Am häufigsten werden Salmonellen, wie schon seit Anfang der 1990er-Jahre, im Geflügelfleisch nachgewiesen, allerdings ist die Salmonellenbelastung von Geflügelfleisch und Masthähnchen gegenüber den Jahren zuvor gesunken. Das gilt auch für Schweinefleisch. Bei Eiern lag die Kontaminationsquote von 2003 bis 2006 auf ähnlichem Niveau: 2006 wurden in 0,59?% der Konsumeier Salmonellen festgestellt. S. Enteritidis kommt besonders in Geflügelfleisch und Eiern vor, S. Typhimurium wurde – außer bei Geflügelfleisch – hauptsächlich in Schweinefleisch, Rohfleischerzeugnissen und bei lebensmitteltechnologisch weiter verarbeiteten Fleischerzeugnissen nachgewiesen.


Campylobacteriose
Die Campylobacter-Enteritis gehört in Deutschland ebenfalls zu einer der häufigsten lebensmittelbedingten bakteriellen Erkrankungen des Menschen. Typische Symptome sind Bauchschmerzen und anhaltende Darmkrämpfe, Kopfschmerzen, Erbrechen und wässriger, teilweise blutiger

Durchfall sowie Fieber. Die Infektion kann aber zu Komplikationen, wie einer mit Lähmungserscheinungen verbundenen Nervenerkrankung, dem Guillain-Barré-Syndrom, und schweren Gelenkentzündungen führen. Meldezahlen aus allen Bundesländern liegen seit 2001 vor. 2005 wurden 62?114 Fälle gemeldet, 2006 waren es etwa 10?000 Fälle weniger. Von den Campylobacter-Arten waren z.?B. im Jahr 2005 Campylobacter jejuni mit 74,8?% am häufigsten beteiligt.

Auslöser der Campylobacteriose sind Rohmilch und Geflügelfleisch. Campylobacter jejuni und Campylobacter coli sind in Masthähnchen- und auch Putenbeständen sehr weit verbreitet. In Deutschland werden schätzungsweise 50?% aller Campylobacteriose-Fälle durch den Verzehr von Geflügelfleisch verursacht. Zwar gibt es viele Ansätze, aber noch keine allgemeingültigen, wirksamen Modelle zur Bekämpfung der Campylobacteriose in der Geflügelhaltung. Verglichen mit anderen durch Lebensmittel ausgelösten Infektionen tritt die Campylobacter-Enteritis vor allem als Einzelerkrankung auf. Bei explosionsartigen Ausbrüchen wird sie meistens mit dem Verzehr von Rohmilch in Verbindung gebracht.

Vorbeugen lässt sich eine Campylobacteriose, indem eine Übertragung des Erregers auf fertige Speisen vermieden wird. Darauf zu achten ist wichtig, denn wahrscheinlich reichen bei bestimmten Campylobacter-Stämmen weniger als 500 Keime aus, um eine Infektion hervorzurufen.


Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC)
Escherichia coli (E. coli) gehören zu den natürlich vorkommenden Bakterien im Darm und sind normalerweise harmlos. Sie gelten als Hygieneindikatoren bei der Herstellung von Lebensmitteln. Einige Gruppen dieser Bakterien können jedoch beim Menschen schwerwiegende Erkrankungen auslösen, wie z.?B. das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das zu Nierenschädigungen mit Nierenversagen und lebenslanger Dialysepflicht führen kann. Zu dieser Gruppe gehören die enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC).

Die Meldezahlen für EHEC-Infektionen blieben zwischen 2003 und 2006 mit 1?137 bzw. 1?179 Erkrankungen in etwa gleich, 2007 sank die Zahl der Meldungen auf 839 Erkrankungen. Bei über 50?% der Fälle an HUS handelte es sich um Kinder unter 5 Jahren. In den Jahren 2004 bis 2006 starben jeweils zwischen 3 und 5 Patienten an dieser Erkrankung.

Die EHEC-Erreger werden vom Tier auf den Menschen und umgekehrt übertragen. Die wichtigsten Lebensmittel für die Übertragung sind rohes Fleisch, Rohfleischerzeugnisse, Rohmilch und Rohmilcherzeugnisse. Beim Erhitzen wie Pasteurisieren, Kochen, Braten und Hocherhitzen werden die Bakterien abgetötet. In vielen Erkrankungsfällen bleibt der Übertragungsweg jedoch ungeklärt.


Listeriose
Bei der Mikroorganismen-Gattung Listeria unterscheidet man 6 verschiedene Arten, von denen Listeria monocytogenes der bedeutsamste Krankheitserreger ist. Er ist in der Umwelt und in Lebensmitteln weit verbreitet, daher kommt der Mensch recht häufig mit ihm in Kontakt. Für gesunde Erwachsene stellen Listerien normalerweise keine Gefahr dar. Meist geht die Listeriose mit Anzeichen einer Grippe oder einer MagenDarm-Erkrankung einher. Menschen mit einer Immunschwäche können dagegen ernsthaft erkranken. Besonders gefährdet sind Schwangere, aber auch ältere Menschen oder Kranke. Sie können durch eine Infektion mit Listerien eine Blutvergiftung, Entzündungen der Hirnhäute oder des Gehirns entwickeln. Durch Infektionen des Ungeborenen können Früh-, Fehl- oder Totgeburten auftreten. Überlebende Säuglinge erleiden häufig schwerste Hirnhautentzündungen oder Blutvergiftungen.

Zwar liegen für die Listeriose des Menschen aus den Jahren 2001 bis 2007 vergleichsweise geringe Fallzahlen vor, doch aufgrund der Sterblichkeitsrate von bis zu 10?% ist ihnen besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Von 2003 mit 256 Fällen hat sich die Zahl der erkrankten Personen 2006 auf 513 deutlich erhöht, ist jedoch 2007 wieder auf 356 Fälle gesunken. 2005 verliefen 31 der gemeldeten Listeriosen tödlich: 4neugeborene oder totgeborene Kinder, 26 über 60-Jährige und ein HIV-Patient. Die Zahl der Neugeborenen-Listeriosen ist über die Jahre weitgehend konstant geblieben. Dagegen stieg die Anzahl der gemeldeten Infektionen bei den über 60-Jährigen, vor allem bei den Männern, mit einer Spitze bei den über 80-Jährigen. Die Gründe hierfür sind nicht sicher bekannt. Die Autoren ziehen u.?a. ein verändertes Hygieneverhalten dieser Altersgruppe beim Aufbewahren und Zubereiten von Lebensmitteln in Betracht.

Ursache für eine Infektion ist hauptsächlich der Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln, z.?B. nicht erhitzte Fleisch- und Wurstwaren, rekontaminierte Brühwurst (vorzugsweise vakuumverpackte Ware, die unter Kühlung längere Zeit im Verkauf ist), Rohmilchweichkäse und kalt geräucherte, vakuumverpackte (Räucher-)Fischprodukte, aber auch Feinkostsalate und Salate aus frischem Gemüse.

Schwangeren wird empfohlen, auf nicht erhitzte tierische Lebensmittel, z.?B. Rohmilchweichkäse, zu verzichten, weil diese besonders häufig mit Listerien in hoher Zahl kontaminiert sind. Vakuumverpackte kühlpflichtige Lebensmittel, wie z.?B. aufgeschnittener Lachs, sollten möglichst deutlich vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums gegessen werden.


Yersiniose
Die Yersiniose ist die am dritthäufigsten erfasste bakterielle, lebensmittelbedingte Infektionskrankheit in Deutschland. Sie wird in der Regel durch mit Yersinia enterocolitica belastete Lebensmittel übertragen. Symptome einer Yersiniose sind Durchfallerkrankung mit Erbrechen, krampfartige Bauchschmerzen und Fieber, bei Komplikationen auch Gelenkentzündungen oder eine Blutvergiftung. Bei Kindern und Jugendlichen kann die Infektionskrankheit mit einer Blinddarmentzündung verwechselt werden. 2003 bis 2007 wurden zwischen 6?573 und 4?987 Fälle gemeldet. Als Hauptursache für die Infektion wird vor allem der Verzehr von rohem oder nur unzureichend erhitztem Schweinefleisch angesehen. Doch wurde der Erreger auch in Gemüse, Trinkwasser, Oberflächengewässern und im Erdreich gefunden.


Q-Fieber
Das Q-Fieber wird durch das Bakterium Coxiella burnetii verursacht und durch Staub und Aerosole vom Tier (in Deutschland Rinder, Schafe, Ziegen) auf den Menschen übertragen. Da häufig nur leichte, grippeartige Symptome auftreten, ist von einer sehr hohen Dunkelziffer auszugehen. Es kann aber auch zu chronisch verlaufenden, schweren Lungenentzündungen, Herzkrankheiten und Leberentzündungen kommen. Meist infizieren sich Menschen an mit Zeckenkot kontaminiertem Staub, an Nachgeburten, Fruchtwasser und nachgeburtlichem Ausfluss infizierter Tiere. Nach heutigem Wissensstand spielt die Infektion über Lebensmittel eine untergeordnete Rolle, doch wird eine Übertragung durch Rohmilch oder Rohmilcherzeugnisse nicht völlig ausgeschlossen.


Botulismus
Bakterien der Spezies Clostridium botulinum können ohne Sauerstoff oder unter sauerstoffarmen Bedingungen Botulinumtoxine bilden. Diese hochtoxischen Nervengifte rufen die Erkrankung hervor. Die Bakterien kommen in der Umwelt, im Boden und in Gewässern vor. Die Sporen, die sie bilden, sind sehr resis ent gegenüber Hitze, Trockenheit und Gefriertemperaturen und können sehr lange im Boden überleben. 3 Formen von t Botulismus sind bekannt: Botulismus durch Lebensmittel, Wundbotulismus und Säuglingsbotulismus.

Die Symptome sind zunächst unspezifisch, anfangs kommt es zu Übelkeit, Erbrechen und Magen-Darm-Störungen, dann folgen das für den Botulismus charakteristische Doppelsehen, Pupillenstarre, Sprachstörungen, später kommt es zu Atemlähmung und Lungenentzündung. Wird nicht rechtzeitig behandelt, kann der Tod innerhalb von 24 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome eintreten.

Verursacher der Erkrankung sind mit Clostridium botulinum kontaminierte und unsachgemäß hergestellte Lebensmittel, z.?B. selbst eingemachte Fleisch rzeugnisse (z.?B. Leberwurst), die zuhause meist nicht ausreichend erhitzt werden können. Selbst hergestellte Obst- und Gemüsekonsere ven, Fisch und Meeresfrüchte, insbesondere vakuumverpackte Produkte, sind gelegentlich Auslöser. In Deutschland werden jährlich nur wenige Fälle von Botulismus durch Lebensmittel gemeldet. Von den 6 Botulismusfällen im Jahr 2006 erkrankten nur 3 Personen an einem durch Lebensmittel ausgelösten Botulismus, und nur in einem Fall konnte das verursachende Lebensmittel, ein selbst hergestellter Schafskäse, ermittelt werden. Bei 3 Fällen handelte es sich um Wundbotulismus.


Infektionen mit Noroviren

Die seit dem Jahr 2001 nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) erfassten Noroviren zählen in Deutschland mit zu den häufigsten Verursachern von Magen-Darm-Erkrankungen. Nach einer Inkubationszeit von 6 bis 50 Stunden, meist sind es 24 bis 28 Stunden, kommt es zu starker Übelkeit, Erbrechen, Krämpfen und Durchfall mit Schwächezuständen und Kreislaufproblemen. Fieber tritt dabei nur sehr selten auf. Bei einem normalen Verlauf heilt die Erkrankung gewöhnlich innerhalb von 2 bis 3 Tagen aus.

Gefährdet sind allerdings ältere Menschen und Kinder, bei denen es aufgrund der hohen Flüssigkeitsverluste zu Komplikationen kommen kann, die einen Krankenhausaufenthalt notwendig machen. Bei Personen, deren Immunsystem durch eine andere Erkankung geschwächt ist, kann die Infektion lebensbedrohlich werden. Die Zahl der gemeldeten Fälle ist von 47?906 im Jahr 2003 auf 198?992 im Jahr 2007 extrem gestiegen. Problematisch ist zum Einen, dass die Viren hochinfektiös sind:

Bereits 10 bis 100 Viren können vermutlich eine Infektion auslösen. Hinzu kommt, dass sie gegenüber Umwelteinflüssen wie Trockenheit und Kälte sehr widerstandsfähig sind und bis zu einigen Wochen infektiös bleiben. Die Viren können von Mensch zu Mensch durch Schmierinfek ionen, durch virushaltige Aerot sole, die sich beim schwallartigen Erbrechen bilden, oder indirekt über Oberflächen, z.?B. über Türklinken, übertragen werden. Auch Lebensmittel und Trinkwasser aus Vorratsbehältern scheinen als Überträger in Frage zu kommen.

Noroviren sind häufig Anlass von Gastroenteritisausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen wie Krankenhäusern, Alten- und Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen, und auch auf Kreuzfahrtschiffen ist es bereits zu Ausbrüchen gekommen. Da in Lebensmitteln meist nur sehr geringe Virenkonzentrationen enthalten sind, sind sie oft nicht als Ursache für die Infektion nachzuweisen. Daher ist die Rolle der Lebensmittel bei der Übertragung von Norovirusinfektionen unklar.


Trichinellose
Die Trichinellose, eine Lebensmittelnfektion mit Fadenwürmern der Gattung Trichinella, kommt weltweit vor und verläuft beim Menschen mild i bis tödlich. Ursache ist der Verzehr von trichinenhaltigem rohem Fleisch, das zuvor nicht ordnungsgemäß untersucht bzw. keiner ordnungsgemäßen Kältebehandlung (Tiefgefrieren) unterzogen wurde. In Deutschland ist die Trichinellose des Menschen sehr selten. Sie kommt häufiger als „importierte Erkrankung“ vor, insbesondere nach Aufenthalten in Gebieten, in denen die Erkrankung endemisch ist oder in denen das Fleisch nicht ordnungsgemäß untersucht wird, z.?B. einige Regionen der osteuropäischen Länder. Im Jahr 2003 wurden 3Fälle gemeldet, 10 Fälle waren es im Jahr 2007.


Auf Reisen erworbene Lebensmittelinfektionen

Die Situation von Infektionskrankheiten in Deutschland wird durch die auf Reisen erworbenen Lebensmittelinfektionen und durch die zunehmende Globalisierung beeinflusst. So können durch Lebensmittel übertragene Infektionserreger wie Salmonellen, Campylobacter und infektiöse Escherichia coli bereits im Ausland oder nach der Rückkehr zur Erkrankung führen. Eine Rolle spielen auch Erkrankungen, die in Deutschland nicht heimisch oder nur sehr selten sind und überwiegend aus dem Ausland „mitgebracht“ werden. Dazu gehören Typhus abdominalis, Paratyphus, Shigellenruhr, Brucellose und Cholera. Angenommen wird, dass über 50?% dieser Erkrankungen während Auslandsaufenthalten erworben werden. Hauptursache sind unhygienisch behandelte Lebensmittel und Trinkwasser. Von den 24 Brucellosefällen im Jahr 2003 wurden beispielsweise 66?% im Ausland erworben.

Eine weitere oft mit Reisen in Verbindung gebrachte Erkrankung ist Hepatitis A. Es wird vermutet, dass mehr als 40?% der 2004 in Deutschland gemeldeten Fälle im Ausland erworben wurden. Hepatitis A wird häufig mit dem Verzehr von rohen Muscheln in Verbindung gebracht, allerdings können auch Fruchtsäfte Überträger dieser Erkrankung sein. Gegen Hepatitis A steht eine vorbeugende Impfung zur Verfügung.


Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE)
Die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) und die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) beim Menschen zählen zu den übertragbaren schwammförmigen Hirnerkrankungen oder Transmissiblen Spongiformen Enzephalopathien (TSE). Prionen (proteinaceous infectious particles = infektiöse Proteinteilchen) werden als deren Erreger angenommen. 1996 wurde in Großbritannien ein Zusammenhang zwischen BSE und einer insbesondere bei jüngeren Menschen aufgetretenen neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) hergestellt. 204 vCJK- Fälle sind weltweit bis April 2008 bekannt geworden, 166 davon in Großbritannien und bei weiteren 6 Fällen vermutet man einen Zusammenhang mit einem Aufenthalt dort. In Deutschland wurde diese Form der Krankheit noch nicht beobachtet.

Bei der Untersuchung von Rindern auf BSE ist inzwischen eine starke Abnahme der BSE-Fälle zu verzeichnen: Bei 402 von über 16,5 Millionen in den Jahren 2001 bis 2007 in Deutschland auf BSE untersuchten Rindern wurde die Infektion amtlich festgestellt. In diesem Zeitraum ging die Zahl der BSE-Fälle von 125 (2001) auf 4 (2007) zurück. Dies wird als Beweis für die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen im Bereich der Tierhaltung, der Futtermittel und bei der Handhabung von spezifiziertem Risikomaterial auf dem Schlachthof gewertet.

Bis zum Jahr 2003 war weltweit nur ein einziger BSE-Erreger bekannt, dann wurden in Japan, Frankreich und Italien „atypische“ BSE-Fälle entdeckt. Diese sind auch in Deutschland, Polen, Belgien, den Niederlanden, Japan, Dänemark, der Schweiz, Kanada, USA und Schweden vorwiegend bei über 10 Jahre alten Kühen aufgetreten. Da es sich um Einzelfälle handelt, werden Spontan rkrankungen vermutet. Allerdings sind e diese abweichenden Erregervarianten ebenfalls übertragbar.

Nicht nur Rinder, sondern auch Schafe und Ziegen sind für BSE empfänglich. Da bei ihnen eine vergleichbare Möglichkeit der Infektion über Futtermittel besteht, wurden die BSE-Maßnahmen vorsorglich auf diese Wiederkäuer ausgedehnt und ein EU-weites TSE-Überwachungsprogramm gestartet. Der erste und bisher einzige BSE-Fall bei einer Ziege wurde 2005 in Frankreich bestätigt. Seit Einführung des TSE-Überwachungsprogramms in der EU (2002) wurden für Deutschland bis April 2008 151 Ausbrüche von Scrapie bei Schafen gemeldet. (Scrapie gehört ebenfalls zur Gruppe von TSE.) Bei Ziegen gab es in Deutschland bisher keinen TSE-Fall.

Wie zukünftig in der Bekämpfung von TSE vorgegangen werden soll, hat die Europäische Kommission in einem Fahrplan, der so genannten TSERoadmap, niedergelegt (http://ec.europa.eu/food/food/biosafety/bse/roadmap_en.pdf).


Lebensmittelinfektionen und -intoxikationen in der Gemeinschaftsverpflegung

Bisher liegen zum Vorkommen von Lebensmittelinfektionen und -intoxikationen in der Gemeinschaftsverpflegung in Deutschland keine umfassenden flächendeckenden Untersuchungen vor. Wertvolle Informationen liefern besonders die jährlich vom Sanitätsamt der Bundeswehr erstellten „Zusammenfassungen über möglicherweise lebensmittelbedingte Gruppenerkrankungen“, allerdings sind dort wichtige Bevölkerungsgruppen wie Kinder und ältere Menschen, die typischen Risikogruppen für Lebensmittelinfektionen, natürlich nicht vertreten.

Von 2002 bis 2005 wurden 39 Ausbrüche und 1?645 Einzelfälle von Lebensmittelinfektionen und -intoxikationen in der Gemeinschaftsverpflegung der Bundeswehr beobachtet. Bacillus cereus ist seit 1994 der häufigste Verursacher. In den Jahren von 1998 bis 2001 hat er 62?% der Einzelerkrankungen und 67?% der Ausbrüche einer Lebensmittelinfektion ausgelöst, von 2002 bis 2005 waren es 38?% der Einzelfälle und 41?% der Ausbrüche. Die hitzeresistenten Sporen des Erregers sind überall vorhanden, beim Erwärmen der Speisen keimen sie aus und vermehren sich beim Abkühlen unterhalb von 55 °C. Daher sollte die Temperatur beim Warmhalten der Speisen sicherheitshalber 65 °C nicht unterschreiten. Müssen Speisen, abgekühlt werden, sollten sie schnellstens die Temperatur von unter 7 °C erreichen, um eine Vermehrung von Bacillus cereus zu vermeiden.

Bezogen auf die Einzelfälle kommt dem Norovirus eine noch bedeutendere Rolle zu. Allerdings ist hier meistens nicht nachzuvollziehen, ob Lebensmittel überhaupt Verursacher für die Erkrankung waren.

In der Gemeinschaftsverpflegung werden die Speisen normalerweise in der Warmverpflegung hergestellt, entweder nach der Zubereitung sofort serviert (Cook & Serve) oder bis zum Verzehr warm gehalten (Cook & Hold). Durch mangelnde Koordination der Produktionsabläufe kommt es häufig zu viel zu langen Warmhaltephasen mit Temperaturverlusten, wodurch das mikrobiologischhygienische Risiko steigt. Beim Cook & Chill-System werden die Speisen gegart und sofort nach der Zubereitung durch Schnellkühler abgekühlt. In aller Regel schließt sich eine ein- bis dreitägige Kühllagerung an, bis die Speisen vor dem Verzehr wieder erhitzt werden. In der Praxis treten jedoch immer wieder Mängel auf. Selbst bei der Patientenverpflegung werden in dieser Hinsicht immer wieder Defizite beobachtet. So zeigte beispielsweise eine Überprüfung von 45 Heimen für Behinderte im August 2005, dass in mehr als der Hälfte der Einrichtungen keine Personalschulungen zu Themen der Lebensmittelhygiene durchgeführt wurden.


Fazit

Insgesamt zeigt sich, dass im Berichtszeitraum zwar die Zahl der gemeldeten Salmonelleninfektionen gesunken ist, bei anderen durch Lebensmittel übertragenen Krankheiten die Häufigkeit jedoch nicht abnimmt. Dies weist darauf hin, dass Empfehlungen zur Senkung des Infektionsrisikos die unterschiedlichen Übertragsmechanismen oder Fehler bei Verarbeitung oder Zubereitung im Haushalt nicht oder nur unvollständig berücksichtigen. (DGE)


Tab. 1: Entwicklung der Anzahl der Lebensmittelproben und der untersuchten Wirkstoffe Bild vergrößern
Tab. 1: Entwicklung der Anzahl der Lebensmittelproben und der untersuchten Wirkstoffe
Abb. 1: Die Entwicklung der Häufigkeit von Salmonellosen beim Menschen 1998 bis 2007 (gemeldete Erkrankungsfälle) Bild vergrößern
Abb. 1: Die Entwicklung der Häufigkeit von Salmonellosen beim Menschen 1998 bis 2007 (gemeldete Erkrankungsfälle)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Nachfrage nach Fleischersatz kurbelt Produktion an

 Deutsche Verbraucher offen für abgelaufene Lebensmittel

 EU beschließt Frühstücksrichtlinien: Herkunft von Honig aufs Etikett

 Gegenwind für Unverpackt-Läden - Tiefpunkt aber überwunden

 Edeka steigert Umsatz auf mehr als 70 Milliarden Euro

  Kommentierte Artikel

 Größere EU-Getreideernte erwartet

 Bedarf an hofeigenen KI-Wetterfröschen wächst rasant

 Was will die CDU in ihrem neuen Programm?

 Frankreichs Staatsrat schränkt Vogeljagd weiter ein

 LED-Lampen in Straßenlaternen sparen massiv Strom ein

 Zahl der Bäckereien weiter rückläufig

 Wundermittel und Jahrhundertgift PFAS: Derselbe Circus - andere Clowns

 Deutsche Verbraucher offen für abgelaufene Lebensmittel

 Brandenburger Dackel wohl von Wolf angegriffen

 Tag des Wolfes - Bauern machen Druck für vereinfachten Abschuss