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19.01.2021 | 13:11 | Tante Emma 2.0 

Werden Dorfläden durch Corona mehr geschätzt?

Bolzum/Kirchlinten - Als Reaktion auf Supermarkt-Schließungen auf dem Land gibt es in Niedersachsen immer mehr Dorfläden, die von Bürgern gegründet worden sind.

Tante-Emma-Laden
Wenn die Betreiber des letzten Geschäfts in kleinen Orten aufgeben, finden sich oft keine Nachfolger. Eine Lösung sind von engagierten Bürgern geführte Dorfläden. Mit Lieferservice für Senioren oder Ladesäulen für E-Autos machen sie sich fit für die Zukunft. (c) proplanta
Bundesweit sei ihre Zahl seit 2015 von rund 200 auf etwa 300 gestiegen, sagte Günter Lühning, erster Vorsitzender der Bundesvereinigung multifunktionaler Dorfläden. Die Geschäfte haben oft ein kleines Café und sind sozialer Treffpunkt, wenn aus dem Ort schon der Bäcker und das Gasthaus verschwunden sind.

«Es ist keine Modeerscheinung, sondern ein nachhaltiger Trend geworden, auch wenn es immer schwerer wird, eine schwarze Null zu schreiben», sagte Lühning, der zu den Gründern des vor 20 Jahren eröffneten Dorfladens in Otersen gehört. Der Laden im Landkreis Verden zählte zu den ersten in Deutschland.

Während des Lockdowns im Frühjahr und seit November seien die Umsätze der Dorfläden bei den Lebensmitteln um 10 bis 30 Prozent gestiegen, berichtete Lühning vom Austausch im Netzwerk der Betreiber. Die Kunden zeigten in der Pandemie ihre Wertschätzung. «Gut, dass wir euch vor Ort haben», sei oft zu hören. Weil die angeschlossenen Cafés monatelang schließen mussten und Schützenfeste oder Hochzeitsfeiern ausfielen, gebe es aber deutliche Umsatzeinbrüche. Die Einrichtungen bieten oft Getränke auf Kommission oder Catering an.

In der Pandemie können sich vielerorts Senioren und Risikogruppen vom örtlichen Dorfladen beliefern lassen. «Bei uns wird das allerdings kaum angenommen», sagte Frauke Lehrke, Leiterin des Dorfladens Bolzum bei Hannover. «In der Pandemie ist die Stimmung bei vielen Kunden bedrückt, weil Frühstücks-Stammtische und Veranstaltungen ausfallen.» Gerade ältere Menschen ließen sich deshalb den persönlichen Schnack an der Käsetheke oder Kasse nicht entgehen.

Wollen die Betreiber die Tante-Emma-Läden der Nachkriegszeit bewahren? Laut Lühning setzen sie vielmehr auf Zukunftsthemen wie regionale Produkte und Nachhaltigkeit. Der Dorfladen Otersen etwa hat einen kleinen Elektrobus, vergrößert im Frühjahr seine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und plant drei Ladesäulen für E-Autos. Für die Investition gebe es schon Darlehens-Zusagen in sechsstelliger Höhe von den Mitgliedern, berichtete der 59-Jährige.

In vielen Fällen verkaufen die Initiatoren von Dorfläden Anteilsscheine, die Kunden können Teilhaber werden. Kommunen fördern oft die Gründungen. Aktiv werden Bürger häufig, wenn die Inhaber des letzten Lebensmittelmarktes vor Ort aus Altersgründen aufgeben. Für die großen Ketten seien Märkte in Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern uninteressant, beobachtete Lühning.

Nach Angaben der Bundesvereinigung befindet sich etwa die Hälfte der aktuell rund 300 Dorfläden in Bayern. Jeweils etwa 30 gebe es in Baden-Württemberg und Niedersachsen, jeweils circa 25 in Nordrhein-Westfalen sowie in Rheinland-Pfalz mit dem Saarland, etwa 10 in Hessen. In Schleswig-Holstein gibt es 40 MarktTreffs, die von der Landesregierung in Kiel gefördert werden - einige davon sind bürgerschaftlich organisiert. Zuletzt gab es laut Lühning mehrere Gründungen in Ostdeutschland. Ein Beispiel sei der Dorfladen Deersheim im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt.

Dafür, dass es so viele Dorfläden in Bayern gibt, hat Anton Brand, zweiter Vorsitzender des Dorfladen-Netzwerkes, keine wissenschaftliche Erklärung. «Wir haben viele dörfliche Gegenden, wo die Nahversorgung fehlt», sagte der Chef des Dorfladens Gleiritsch in der Oberpfalz. «Es gibt noch ein intaktes Dorfleben. Man kennt sich, man trifft sich, man packt gemeinsam an.»
dpa/lni
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