Doch an der normalen Influenza sterben jedes Jahr allein in Deutschland etwa 5.000 bis 8.000 Menschen, bei ungewöhnlich starken Grippewellen gab es sogar schon bis zu 20.000 oder 30.000 Tote. Das Schweinegrippen-Virus sei dagegen bislang nicht sehr infektiös, sagte der Mikrobiologe Alexander Kekulé von der Universität Halle. Man wisse jedoch nicht, wie es sich entwickle. Auch der Berliner Immunologe Stefan Kaufmann sieht nur ein relativ geringes Gefahrenpotenzial.
Nach bisheriger Schätzung gebe es bei der
Schweinegrippe etwa einen Toten pro 1.000 Infizierten, sagte Kekulé «Spiegel online».
Wirkliche Pandemie-Viren seien aggressiver - rund vier von 1.000 Infizierten würden dann sterben. Nach Kaufmanns Darstellung schwebt bei einer Ansteckung mit der Schweinegrippe nur etwa ein Prozent der Patienten in Lebensgefahr. Bei der
Vogelgrippe liege die Todesrate dagegen bei 30 bis 50 Prozent. Die Schweinegrippe sei gefährlich, weil sie von Mensch zu Mensch übertragen werde, sagte Kaufmann. «Aber die bekannten Medikamente wirken, und ein Impfstoff kann innerhalb der nächsten drei bis sechs Monate entwickelt werden.» Die Vogelgrippe sei zwar nicht von Mensch zu Mensch übertragbar, für Infizierte aber weitaus gefährlicher.
Der Chef des Europäischen Zentrums für Krankheitskontrolle und Prävention (ECDC), Angus Nicoll, meinte, von großer Bedeutung sei ein Rückgang der aus Mexiko gemeldeten Zahlen von neuen Opfern. Dies sowie die Entwicklung die USA könnten darauf hindeuten, dass die Ausbreitung der Schweinegrippe «jetzt mehr wie bei einer normalen Grippe-Epidemie verläuft». Das könnte bedeuten, dass die Zahl erkrankter Menschen stark steigt, während die Zahl von schwer Erkrankten oder Toten nicht in gleichem Maß zunimmt. Man wisse aber noch nichts Definitives.
Nicoll sagte auf die Frage, warum die Schweinegrippe Anlass zu so großer Besorgnis gebe, während die Zahl von Toten im Verlauf normaler saisonaler Grippeepidemien sehr viel höher sei: «Weil es ein neues Virus ist, gibt es noch keine Immunität dagegen. Und es gibt noch keinen Impfstoff dagegen. Deshalb ist sehr viel wahrscheinlicher, dass der Virus sich ausbreiten kann.» Niemand könne derzeit sagen, wie gefährlich der neue Virus wirklich sein werde.
Das Deutsche Blindenhilfswerk rief dazu auf, bei einem Verdacht auf Schweinegrippe nicht nur ein Mundschutz, sondern auch eine Schutzbrille zu tragen. «Die Erreger der Schweinegrippe können über Tröpfchen, die beim Niesen oder Husten eines Infizierten ausgestoßen werden, nicht nur in die Atemwege anderer Menschen gelangen, sondern genauso leicht in die Augen», teilte das Blindenhilfswerk am Mittwoch mit. Mit der Tränenflüssigkeit könnten sie dann in den Nasen-Rachen- Raum gelangen - und sich dort vermehren. (dpa)