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03.08.2008 | 09:08 | Konkurrenzkampf 

Wochenmärkte nehmen Kampf mit den Discountern auf

Essen - Im Konkurrenzkampf mit den Discountern haben die traditionellen Wochenmärkte in den vergangenen Jahren an Boden verloren.

Wochenmärkte nehmen Kampf mit den Discountern auf
Fehlende Parkplätze und zunehmend knappe Haushaltskassen bei den Verbrauchern machen den bunten Ständen zu schaffen. Neue Ideen und nicht zuletzt der Trend zu gesunder Ernährung sollen den Handel unter freiem Himmel jetzt vor dem Aussterben retten.

«In den vergangenen 20 Jahren mussten die Wochenmärkte Umsatzeinbußen zwischen 30 und 50 Prozent hinnehmen», schätzt Peter Joppa, der als Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft Duisburger FrischeKontor auch für die dortigen Wochenmärkte zuständig ist. Dem Rückgang will eine Initiative aus mittlerweile 20 nordrhein- westfälischen Städten nun entgegenwirken.

Unter dem Titel «AG Wochenmarkt» haben sich die Großstädte Köln, Düsseldorf und Duisburg ebenso zusammengeschlossen wie das kleinstädtische Voerde. Dabei geht es nicht nur um den Erhalt von rund 200 Wochenmärkten als Grundversorger und Kommunikationszentren, sondern auch um rund 12.000 bis 15.000 Arbeitsplätze. «Bundesweit kenne ich keinen ähnlichen Zusammenschluss», sagte Joppa.

Öffentliches Schau-Kochen auf dem Marktplatz zählt ebenso zu den Ideen der Organisatoren wie Kinderbetreuung oder ein Bring-Service für die schweren Markt-Einkäufe. Angesichts eines Altersdurchschnitts bei den Kunden von mehr als 50 Jahren könnten etwa Abendmärkte jüngere Kunden wieder verstärkt an die Stände locken. Den Ausschank von Bier und Wein verbietet derzeit jedoch in fast allen Kommunen die Marktordnung. «Da müssen Sie anschließend in eine der umliegenden Kneipen gehen», heißt es trocken aus dem zuständigen Ordnungsamt.

Daneben soll Werbung für mehr Aufmerksamkeit sorgen. In Essen nutzen etwa die dort für die Wochenmärkte zuständigen Entsorgungsbetriebe ihre Einsatzfahrzeuge als Werbeträger. «Mein Wochenmarkt-Versuchung pur!», heißt es dort etwa auf den Müllwagen, die mit einem lockenden Kussmund durch die Straßen rollen. Die schätzungsweise rund 3.000 deutschen Wochenmärkte sind vor allem im Westen der Republik immer noch traditionell verankert.

«Kleine Händler haben im Osten Deutschlands noch aus den Zeiten der DDR keine große Tradition», sagt Wilfried Thal, Bundesvorsitzender für den Bereich Wochenmärkte beim Bundesverband deutscher Schausteller und Marktkaufleute. «Wir beobachten seit dem vergangenen Jahr eine Trendwende hin zur gesunden Ernährung und zum Selberkochen. Davon profitieren die Märkte», freut sich Thal, der als Markthändler in Hamburg seinen Stand in der deutschen Wochenmarkt-Hochburg aufbaut. In der Hansestadt, deren Händler ihre Produkte frisch aus dem nahen Hafen oder aus dem landwirtschaftlich geprägten Umland beziehen, gibt es noch etwa 90 Wochenmärkte. Das ist bundesdeutscher Rekord.

Vom Sterben der Märkte ist aber auch an einem Samstagvormittag auf dem Wochenmarkt im Essener Szene-Stadtteil Rüttenscheid nichts zu merken. Auf dem von renovierten Jugendstil-Altbauten eingerahmten Marktplatz stehen die Kunden etwa für teure Käse- und Schinkenspezialitäten aus aller Welt Schlange, die sonst nur in ausgesuchten Feinkostabteilungen zu finden sind.

Auch die aus der Region angereisten Bauern, die meist Bio-Produkte aus eigener Produktion im Angebot haben, können sich über mangelnde Nachfrage nicht beklagen. «Ich gebe gern etwas mehr Geld für gute Produkte aus», sagt Kundin Maria Schnitt, die als Lehrerin jedoch nur am Wochenende Zeit für den Marktbummel hat.

Märkte wie in Rüttenscheid gelten jedoch als seltene «Perlen». Von 24 Märkten in Essen sind weniger als die Hälfte für die Anbieter wirklich noch finanziell interessant, sagt der 75-jährige Johannes Schandelle, der seit 50 Jahren auf den Essener Märkten seine Waren anbietet. «In manchen Vororten stehen dann oft nur noch vier oder fünf Händler auf einem riesigen Platz», meint er. Nachwuchs für den harten Job der Markt-Händler sei ohnehin kaum noch zu finden. Der 75- Jährige Schandelle steht immer noch fast jeden Morgen pünktlich um 2.30 Uhr auf dem Großmarkt und beendet seinen Arbeitstag erst am späten Nachmittag. (dpa)
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