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03.09.2016 | 07:10

Altes Handwerk wiederbeleben: 100-Tonnen-Floß soll Weser hinunterschippern

Holzstämme
100 Tonnen zu bewegen, das ist nichts für schwache Nerven. So schwer ist das Floß, das eine Gruppe von Männern aus Reinhardshagen gebaut hat. Nun wollen die Rentner damit die Weser hinabfahren - ihr Abenteuer beginnt direkt vor der eigenen Haustür. (c) proplanta

Warum 18 Rentner mit einem Floß die Weser hinab fahren



Die Fichtenstämme sehen harmlos aus. Doch wenn sie in Bewegung geraten, sind sie geradezu unberechenbar. «Die Stämme sind alle nicht gerade, wenn die eine Böschung runterrollen, schlagen die richtiggehend aus», erklärt Hermann-Josef Rapp.

Er und seine 17 Mitstreiter wissen, wovon sie reden. Sie bauen zum dritten Mal ein Holzfloß nach historischem Vorbild. Ab Sonntag wollen sie damit in Etappen auf der Weser fahren: vom nordhessischen Reinhardshagen über Höxter und dann durch Niedersachsen entlang der Route Holzminden, Bodenwerder, Hameln und Rinteln bis nach Minden in Nordrhein-Westfalen.

Bis in die 1950er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein wurde Holz mit Flößen transportiert. «Die Alten, die am Ufer stehen, erinnern sich noch gerne an die Zeiten», sagt Rapp. Der Ausbau der Flüsse und Schleusen senkte dann die Fließgeschwindigkeit des Wassers, die Flößerei wurde unrentabel. Zudem eröffneten Eisenbahn und größere Lastwagen neue Möglichkeiten. 2014 wurde die Flößerei in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen.

Hermann-Josef Rapp und seine Freunde begannen 2008, das alte Handwerk wiederzubeleben - mit großem Erfolg. Tausende säumten seinerzeit den Fluss und bestaunten das Floß. Nun gehen die Männer des Vereins «Weserflößer» wieder auf Tour. 192 Flusskilometer sollen in sechs Tagen überwunden werden. 40 Meter lang wird das fertige Floß sein, 100 Tonnen schwer.

«Das ist eine ernsthafte Sache», sagt Rapp. Zum Glück habe es bei den Vorbereitungen bislang bis auf ein paar Blasen keine ernsthaften Verletzungen gegeben. Die Blasen kommen vom Schälen der 66 Stämme aus dem Solling und dem Reinhardshäger Wald. Die Flößer haben sie eigenhändig von der Rinde befreit. Allein das beschäftigte die Männer, die fast alle Rentner sind, fast zwei Wochen.

Der ehemalige Schlosser Heinz Christian, der bei den Touren 2008 und 2009 auch schon dabei war, sagt: «Ein halbes Jahr Vorbereitung ist fast zu wenig.» Der hölzerne 100-Tonnen-Koloss müsse nicht nur gebaut, sondern auch versichert sein. «Wenn damit ein anderes Schiff gerammt wird, nicht auszudenken», sagt Christian.

Steuern darf nicht jeder, nötig ist ein sogenanntes Weser-Patent. Einer aus den Reihen des Flößer-Vereins hat es. Auch bei der Abnahme durch einen Sachverständigen wird nichts auf die leichte Schulter genommen. «Die geforderte Reling widerspricht zwar den historischen Vorbildern, sorgt aber für Sicherheit», erläutert Christian. Die Kosten für die sechstägige Fahrt beziffern die Männer auf Nordhessen auf bis zu 30.000 Euro. Zusammengekommen ist das Geld auch mit Hilfe von Sponsoren. «Die Abnahme, die Versicherung, das Holz», zählt Christian die Kostenfaktoren auf. Die Abenteuerlust der Männer wird dadurch freilich nicht gebremst.

Das Projekt der mit ihrer Region stark verwurzelten Flößer steht unter dem Motto «Regional ist nicht egal». Es gehe darum, das örtliche Handwerk zu fördern, auf überschaubare Lieferketten zu achten und unnötigen Energieeinsatz zu vermeiden, erklärt Rapp. Das Fichtenholz wird nach der Tour in Minden in ein Sägewerk vor Ort gebracht.

«Der Rohstoff Holz wird von uns mit Bedacht genutzt.» Es werde beispielsweise kein Nagel in das Holz geschlagen. Die Stämme werden zusammengebunden - eingebunden nennen das Fachleute. Die Fahrt auf der Weser steigere sogar noch die Holzqualität. «In Minden kommt kein Wurm mehr im Holz an», sagt Rapp und lacht.
dpa
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