Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
10.05.2014 | 20:19 | Jäger 

Jagdgesetz in Baden-Württemberg auf der Kippe?

Stuttgart/Baden-Baden - Die Opposition nimmt das neue Jagdgesetz schon seit einiger Zeit unter Beschuss. Jetzt werden auch kritische Stimmen in Reihen der Regierungskoalition lauter. Platzt der Plan von Minister Bonde?

Jagdrecht
(c) proplanta
Im Kampf gegen das neue Jagdgesetz der grün-roten Landesregierung bekommen Opposition und Jägerschaft Schützenhilfe aus Reihen der Koalition. «Ich habe erhebliche Zweifel an der jetzigen Form, die eine Menge Schwachstellen aufweist», sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Nikolaos Sakellariou den «Stuttgarter Nachrichten» (Samstag). Einem solchen Gesetz könne er nicht zustimmen. Hingegen beschwor der zuständige Minister Alexander Bonde (Grüne) am Samstag die Einigkeit bei Grün-Rot.

Dem Bericht zufolge könnten zwei Gegenstimmen innerhalb der Koalition das Vorhaben kippen. Laut Zeitung gibt es in der SPD mindestens sechs Kritiker. Beim kleinen Parteitag der Südwest-Grünen in Baden-Baden sagte Bonde der Nachrichtenagentur dpa: «Die Reform des Landesjagdgesetzes steht im Koalitionsvertrag, sie wurde übrigens auch von der SPD-Seite in die Koalitionsverhandlungen eingebracht.»

Mit SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sei er sich einig, «dass wir jetzt nochmal Gespräche führen mit der Jägerschaft, aber wir das Jagdgesetz ändern müssen». Auch bei den Punkten, Tier- und Naturschutzgesetzgebung stärker in das Jagdgesetz einzubauen sowie dass die geltende bundes- und europarechtliche Lage abgebildet werden müsse, seien sich die Koalitionspartner «völlig einig».

CDU-Landeschef Thomas Strobl begrüßte die Kritik aus den Reihen der SPD. «Gut, wenn sich nun auch in den grün-roten Reihen eine Stimme der Vernunft erhebt», sagte er. «Ich erwarte, dass sich Grün-Rot um einen ernsthaften Dialog bemüht und nicht wieder - wie in anderen Fällen - die eigenen ideologischen Vorstellungen gegen alle Widerstände zwangsverordnen will.» Die Landesregierung dürfte das neue Jagdrecht nicht gegen die Betroffenen durchboxen.

SPD-Fraktionschef Schmiedel betonte in der Zeitung: «Wir wollen an der generellen Richtung des Gesetzes festhalten.» Bonde sprach von einem tragfähigen Kompromiss. Im Gespräch mit dem «Reutlinger General-Anzeiger» (Samstag) bekräftigte er, dass das bisherige Gesetz gerändert werden müsse. «Es reflektiert nicht, dass das Grundgesetz den Tierschutz als Staatsziel definiert. Es reflektiert auch nicht, dass die Landesverfassung uns aufträgt, Tiere als Mitgeschöpfe zu schützen.»

Bis Donnerstag steht die Gesetzesreform öffentlich zur Debatte. Im Internet können Details nachgelesen und Stellungnahmen abgegeben werden. Dann geht die Novelle ins Kabinett und später zur Abstimmung in den Landtag. «Wir haben nicht einmal eine Stellungnahme des Jagdverbandes zum Gesetz vorliegen», so Bonde. Die Tür für Gespräche sei immer offen. «Dafür müssen aber die Verbände, die bewusst in den letzten Wochen eskaliert haben, von den Bäumen wieder runter.»

Die Reform ist heftig umstritten. Die CDU/FDP-Opposition kritisiert das Vorhaben im Grundsatz, weil es zulasten der Jäger gehe. Grün-Rot stelle das Jagdrecht voll unter das Naturschutzrecht, gängele und bevormunde die 40.000 Jäger im Land. Das bestehende Gesetz brauche keine Änderungen. Der Jagdverband lehnt die Novelle ebenfalls ab. Angesichts der Skepsis in der SPD sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke: «Die Hoffnung auf Einsicht wächst.» Jetzt gebe es eine reelle Chance, «diesen ideologischen Unfug noch zu verhindern».

«Mein Interesse ist es, alle Akteure wieder an einen Tisch zu holen», sagte Bonde dem «Reutlinger General-Anzeiger». «Mir wäre es recht, wenn wir wieder zu einer konstruktiven Atmosphäre zurückkehren könnten.» Der dpa sagte er: «Schade ist, dass der Jagdverband vor der Kommunalwahl die Stimmung eskaliert hat, obwohl man eigentlich sachlich beieinander ist. Ich hoffe, dass der Jagdverband nach den Wahlen zurück an den Verhandlungstisch kommt.» Beim Landesjägertag im April hatten die Waidmänner eine Rede von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) mit Pfiffen und Buhrufen quittiert.

In der SPD-Fraktion bestehen laut dem Bericht der «Stuttgarter Nachrichten» vor allem Zweifel am Verbot, wildernde Hunde und Katzen zu schießen. «Der Tierschutz sollte doch auch für das von diesen Haustieren gewilderte Wild gelten», sagte Sakellariou. Der Landessprecher der Grünen Jugend, Marcel Emmerich, sagte: «Die Leute haben offensichtlich den Schuss nicht gehört.» Unverantwortlich sei es, auf Haustiere zu schießen. «Das wird ja wohl jeder verstehen.» Die SPD sei kurz vor der Kommunalwahl «ganz offensichtlich dabei, in fremden Wählerschichten zu wildern».

SPD-Fraktionschef Schmiedel versucht unterdessen, Brücken zwischen Jägern und Naturschützern zu bauen. Allerdings sagte auch er den «Stuttgarter Nachrichten»: «Leider haben wir eine Situation erreicht, wo beide Gruppen wieder auf ihre Startpunkte zurückgegangen sind.»

In der neuen Woche wollen beide Seiten noch einmal ihre Positionen darstellen. Am Montag haben Vertreter der Landesnaturschutzverbände BUND und Nabu sowie des Landestierschutzverbands und des Ökologischen Jagdverbandes Baden-Württemberg zu einer Pressekonferenz nach Stuttgart geladen. Am Donnerstag zieht der Landesjagdverband nach. (dpa/lsw)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Nutrias breiten sich in Mecklenburg-Vorpommern aus - Gefahr für Deiche

 Deutlich weniger Schweine in Baden-Württemberg

 Weinmosternte 2023 im Südwesten: Baden mit guter Bilanz, rote Rebsorten in Württemberg schwächeln

 Neues Landesjagdgesetz - Wann dürfen Problemwölfe geschossen werden?

 Ausgiebige Regenfälle bereiten Jägern keine Probleme

  Kommentierte Artikel

 Tag des Wolfes - Bauern machen Druck für vereinfachten Abschuss

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte