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10.05.2023 | 11:17 | Waldbrandgefahr 

Mehr Waldbrände erwartet: Experten suchen nach Gegenstrategien

Dömitz - Die Bilder von den aktuellen Waldbränden im Westen Kanadas gehen um die Welt: Dort sind nach Angaben der Behörden bislang knapp 383.000 Hektar Land abgebrannt. 

Strategien gegen Waldbrände
In Deutschland fielen 2019 bei Flächenbränden etwa 2.700 Hektar Wald den Flammen zum Opfer, so viel wie seit mehr als 30 Jahren nicht. Zwar gingen die Brände danach wieder zurück, doch rechnen Experten in Folge des Klimawandels mit einer steigenden Tendenz. (c) Evgeny Dubinchuk - fotolia.com
«Dagegen sind die Waldbrände, mit denen wir es in Deutschland zu tun haben, eher eine Kleinigkeit», sagt Andreas Schütte, Geschäftsführer der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe zum Auftakt der Bundes-Fachtagung Waldbrand in Dömitz (Landkreis Ludwigslust-Parchim). Ganz in der Nähe des Tagungsortes drohte im Sommer 2019 ein Waldbrand außer Kontrolle zu geraten. Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Lübtheen hatte fast eine Woche lang ein Feuer gewütet und etwa 950 Hektar Kiefernwald erfasst. «Waldbrände werden uns in Folge des Klimawandels mehr und mehr begleiten», ist sich Schütte sicher.

Die von ihm geleitete Fachagentur des Bundes hatte die Tagung in Dömitz organisiert, um Brandschutz-Projekte vorzustellen und den Austausch über wirksame Maßnahmen zu fördern. Laut Schütte stehen aus dem Waldklimafonds des Bundes insgesamt etwa 11 Millionen Euro zur Verfügung, um die Folgen von Waldbränden zu untersuchen, Rückschlüsse für die Renaturierung zu ziehen und Strategien für eine zielgerichtete Brandbekämpfung zu entwickeln.

Nach Angaben des Freiburger Ökologie-Professors Johann Georg Goldammer wird seit den verheerenden Wald- und Heidebränden, bei denen Mitte der 1970er Jahre in Niedersachsen etwa 13.000 Hektar vernichtet wurden, zu den Auswirkungen von Waldbränden und Formen der Brandbekämpfung geforscht. Mit Hilfe von Überwachungskameras oder auch Satellitenaufnahmen könne heute zwar schnell auf Brände reagiert werden. Doch hindere der Grundsatz «Wer ordert, bezahlt» regionale Behörden mitunter, Technik oder gar Löschhubschrauber anzufordern.

40.000 Euro fallen laut Goldammer allein für eine Stunde Hubschrauber-Einsatz an. In Lübtheen waren Bundeswehr-Hubschrauber seinerzeit viele Stunden in der Luft, um Wassersäcke über den Brandherden zu entleeren. Doch nährt der Leiter der Arbeitsgruppe Feuerökologie am Max-Planck-Institut für Chemie Zweifel, ob dies und die Entsendung von Wasserwerfern der Polizei auch «sinnvoll und erforderlich» waren.

«Da wurde eine große Übung draus gemacht», sagt Goldammer und verweist auf Alternativen zur Brandbekämpfung etwa mit sogenannten Brandschneisen. Die mehrere Meter breiten vegetationslosen Streifen sollen ein Übergreifen der Flammen auf Nachbarbestände unterbinden. Allerdings hatte die hohe Belastung des Waldgebiets bei Lübtheen mit Altmunition solchen Vorhaben seinerzeit enge Grenzen gesetzt.

Doch steht Goldammer mit seinem Plädoyer für angepasste Löschmaßnahmen und mehr Prävention nicht allein. «Nicht jedes Feuer ist eine Katastrophe. Wir brauchen ein besseres gegenseitiges Verständnis aller Akteure im Wald: Forstleute, Waldbesitzer, Touristiker und Feuerwehrleute», sagt Alexander Held vom European Forest Institute in Bonn. Wichtig sei dabei der Austausch von Erfahrungen, auch über Ländergrenzen hinweg. Dafür stünden ihm derzeit rein rechnerisch 3 Cent je Hektar zur Verfügung. «10 Cent, und wir könnten es flächendeckend anbieten», sagt Held.

Zudem mahnt er einen konsequenteren Waldumbau an. Mischwälder würden den veränderten klimatischen Verhältnissen besser standhalten und seien so auch weniger anfällig für Flächenbrände als Monokulturen aus Kiefer oder Fichte. «Wir reden seit Jahrzehnten darüber, so richtig vorangekommen sind wir nicht», beklagt der Ökologe und benennt neben den wirtschaftlichen Interessen der Waldbesitzer auch die teilweise hohen Wildbestände als Grund. Reh und Hirsch verspeisten junge Triebe mit Vorliebe und behinderten so die natürliche Verjüngung.

Dass diese auch nach Waldbränden rasch einsetzt, belegt eine Studie aus Brandenburg. Wie Jens Schröder von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde berichtete, breiteten sich nach einem großflächigen Brand bei Treuenbrietzen dort rasch Pappeln, Birken aber auch Eichen und Kiefern aus. Bezeichnend sei die Artenvielfalt nachdem dort zuvor fast ausschließlich Kiefern gestanden hätten.
dpa/mv
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