Brandenburg ist als Transitland besonders betroffen - und die Polizei zunehmend belastet. In manchen Nächten müssen nach Behördenangaben mehr als 70 Streifenwagen die Fahrten begleiten, berichtet Dietmar Keck, Sprecher des Polizeipräsidiums.
Im Durchschnitt seien es täglich zwölf Autos mit je zwei Beamten. «Diese stehen dann nicht für andere Aufgaben zur Verfügung - was eine erhebliche Belastung sowohl für die Einsatzkräfte selbst als auch für die Kräftebilanz der Polizei insgesamt darstellt», erklärt Keck. Die Polizei muss die meisten Transporte begleiten, um Unfälle zu vermeiden.
2014 gab es erneut mehr solcher Begleit-Fahrten als im Vorjahr. Bereits Ende November waren die Zahlen von 2013 überschritten, so Keck. Insgesamt gab es bis zu diesem Zeitpunkt 12.374 Einsätze, bei denen 16.896 Schwerlaster begleitet wurden.
Allein im Zeitraum von 2010 bis 2013 stieg die Zahl dieser Fahrzeuge laut Polizei um 25,9 Prozent. Experten erwarten eine weitere Zunahme. Im Jahr 2025 werden sich bis zu dreimal mehr Lastwagen auf den Autobahnen des Landes bewegen, heißt es im Bericht der Kommission Polizei Brandenburg 2020. Da Gütertransporte sich nicht in dem Maße auf Bahn oder Schiff verlagern, wie es sich viele wünschen würden, rechnet das Ministerium auch mit noch mehr Schwertransporten.
Die Gewerkschaft der Polizei betrachtet die Entwicklung mit Sorge: Die Beamten fehlten andernorts, meint Landeschef Andreas Schuster. Er sieht deutliche Entlastungsmöglichkeiten - beispielsweise, indem Aufgaben aus diesem Bereich auf Private übertragen werden. Auf der Autobahn geschieht dies nach Branchenangaben auch zunehmend. Spätestens an der Abfahrt wird es jedoch kompliziert: «Straßen sperren kann nur die Polizei», erklärt der Gewerkschafter.
Brandenburg drängt auf die Lösung des Problems. «Es wäre schön, wenn wir die Polizei davon entfrachten könnten», sagt Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD). Aus Sicht des Landes ist eine Privatisierung von Aufgaben möglich, «ohne dass Sicherheit und Ordnung leiden». Dafür ist aber eine Gesetzesänderung nötig - dies lehnen viele Bundesländer ab. «Es muss aber einheitliche Regeln geben», betont Gewerkschafter Schuster.
Seit Jahren bemüht sich auf Bundesebene die Innenministerkonferenz in Zusammenarbeit mit den Verkehrsressorts um eine Lösung. «Bislang gibt es für eine durchgreifende Entlastung aber noch kein grünes Licht», schildert Ingo Decker, Sprecher von Brandenburgs Innenministerium.
«Dass die Schwertransporte so zugenommen haben, ist der
Windenergie geschuldet», schildert Wolfgang Draaf, Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Schwertransport in Frankfurt/Main. Rund 25 Millionen Euro zahle die Branche jährlich für die Begleitung der Fracht.
Die Gebühren sind je nach Bundesland unterschiedlich. Bis zu 4,50 Euro fallen laut Draaf pro Begleitkilometer an. In Brandenburg werden mindestens 100 Euro pro Einsatz abgerechnet, erklärt Polizeisprecher Keck. Für jeden begonnenen Kilometer berechne die Behörde pro Fahrzeug 3,50 Euro.
Für die Abwicklung solcher Transporte nutzt Brandenburg seit mehreren Jahren ein bundesweit einheitliches Online-Verfahren (Vemags). Laut Landesverkehrsbetrieb Straßenwesen wurden seit dessen Betriebsstart 2007 bundesweit rund 1,85 Millionen Anträge bei den 1.300 zuständigen Behörden gestellt. 2014 seien es etwa 350.000 Anträge bundesweit gewesen.
«Es gab aber deutlich mehr Transporte, weil ein Antrag auch für mehrere Fahrzeuge gelten kann», erklärt Astrid Müller vom Landesverkehrsbetrieb. Um die Polizei in Brandenburg zu entlasten, gibt es bei den Unternehmen ein Pilotprojekt: Im Landkreis Oberspreewald-Lausitz wird eine Ampelanlage eingesetzt, schildert Müller. Mit ihrer Hilfe wird bei Großräschen der Verkehr auf einer Landstraße so geregelt, dass Schwertransporter auch ohne Polizeibegleitung zum
Windpark kommen. (dpa/bb)