Dies soll durch die Berücksichtigung von Kalamitätsflächen geschehen, sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) im Landtag. Das sind Waldflächen, die durch
Schädlinge oder Sturm zerstört wurden.
Die Maßnahme ist Teil einer am Donnerstag vorgestellten Überarbeitung der im Juli 2019 präsentierten Energieversorgungsstrategie der schwarz-gelben Landesregierung. In Nordrhein-Westfalen gab es Ende 2020 rund 3.800 Windräder, davon standen 92 in Wäldern. Derzeit sind nach Angaben des Landesbetriebs Wald und Holz sechs weitere
Windräder in Wäldern im Bau.
Die Windenergieanlagen sollen bis zu 30 Jahre auf diesen Flächen betrieben werden können. Gleichzeitig soll dort
Mischwald nachwachsen. Nach diesem Zeitraum sollen die Windkraftanlagen nicht ersetzt werden dürfen. Pinkwart sprach von einem «doppelten Nutzen»: «Wir haben dort Erneuerbare Energien und wir haben eine zusätzliche natürliche Senke.
Beides hilft dem
Klimaschutz, aber es stärkt auch nachhaltig den Wald.» Die Landesregierung sieht ein Potenzial von bis zu drei Gigawatt Windkraft-Kapazität, die auf den Flächen errichtet werden könnten. Seit Juli 2019 dürfen Windenergieanlagen in NRW-Wäldern nur noch unter strengen Bedingungen errichtet werden.
Die neue Strategie soll helfen, die auf Bundes- und Landesebene angehobenen Klimaschutzziele zu erreichen. Dazu will die Landesregierung vor allem der
Ausbau von Windkraft und
Photovoltaik beschleunigen. Beim Solarstrom ist das neue Ziel jetzt eine Verdrei- bis Vervierfachung der Kapazität 2020 von rund sechs Gigawatt auf 18 bis 24 Gigawatt im Jahr 2030 (Ziel bisher: 11,5 Gigawatt).
Beim Windstrom sollen die Kapazitäten von ebenfalls rund sechs Gigawatt 2020 auf zwölf Gigawatt ausgebaut werden (Ziel bisher: 10,5 Gigawatt). Bis 2030 soll der Anteil der Erneuerbaren Energien an der
Stromerzeugung auf mehr als 55 Prozent steigen. Um das zu erreichen, will die Regierung unter anderem den Landesentwicklungsplan ändern und die Bedingungen für die Freiflächen-Photovoltaik verbessern.
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, André Stinka, kritisierte die Neuauflage der Strategie als «schmal». Sie sei das «bittere Eingeständnis des Scheiterns» der bisherigen Energieversorgungsstrategie. Bei der Windkraft kündigte Stinka für den Fall eines Wahlsiegs der
SPD bei der Landtagswahl im Mai die Streichung der Abstandsregel für Windräder an, die einen Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohnbebauung vorschreibt.
Auch die Grünen äußerten sich ablehnend und sprachen von «Trippelschritten». Die Landesregierung verpasse mit der Fortschreibung die Chance auf einen echten Kurswechsel, sagte die energiepolitische Fraktionssprecherin Wibke Brems. Die leichte Erhöhung der Zubauziele für Wind und Photovoltaik sei ein überfälliger Schritt. Solange die Landesregierung jedoch an den pauschalen Mindestabständen für Windenergieanlagen festhalte, blieben ihre Ausbauziele «unglaubwürdige Ankündigungen ohne Substanz».
Der AfD-Abgeordnete Christian Loose sprach mit Blick auf die Ausbauziele von einer «Energieversorgung aufgrund von Träumen» und forderte den Erhalt von sicheren Kernkraftwerken, Kohlekraftwerken und Gaskraftwerken.
Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW sieht in der neuen Strategie «positive Signale» für den Ausbau Erneuerbarer Energien. Den Ankündigungen müsse nun eine schnelle Umsetzung folgen, forderte der Verbandsvorsitzende Reiner Priggen laut einer Mitteilung.