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12.02.2011 | 11:38
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Matthias Fladung: In der Diskussion um gentechnisch veränderte Bäume sollten die Vorteile auch berücksichtigt werden

Dr. Matthias Fladung
Dr. Matthias Fladung (c) bioSicherheit.de

bioSicherheit: Sie arbeiten auch an der Entwicklung von sterilen Bäumen, die mit gentechnischen Methoden erzeugt werden. Was ist hier der Vorteil?

Matthias Fladung: Mit gentechnischen Methoden können sterile Bäume schneller erzeugt werden. Gerade bei Bäumen ist der konventionelle Züchtungsweg besonders langwierig. Mit gentechnischen Methoden können wir sehr unterschiedliche Dinge erreichen: Wir könnten z.B. den ersten Blühzeitpunkt von Bäumen deutlich verzögern. Solche Bäume kämen dadurch im Plantagenanbau bis zur Abholzung nicht zur Blüte. Außerdem werden dadurch die Bäume produktiver und erzeugen mehr Biomasse in Form von Holz. Denn Bäume investieren normalerweise eine große Menge Energie in die Blüten- und Samenentwicklung.

Mit einem eigenen Projekt verfolgen wir ein weiteres Ziel: Gentechnisch veränderte Bäume, deren Pollen nicht mehr die gentechnische Veränderung enthalten. Diese Bäume schneiden bei der Pollenbildung die neuen Gene aus ihrem Erbgut selbstständig aus. Damit haben wir ein effektives Confinement-System und gleichzeitig kommen die Bäume ganz normal zur Blütenbildung. Tiere, die auf Pollen und Nektar der Baumblüten angewiesen sind, haben in solchen Baum-Plantagen weiterhin eine Nahrungsgrundlage.

bioSicherheit: Vor gv-Bäumen wird gewarnt, weil solche Bäume genetisch instabil sein könnten und unerwartete Effekte eintreten könnten. Als Beleg wird z.B. in der Testbiotech-Studie auf Freisetzungsversuche hingewiesen, die Sie Ende der 90er Jahre in Deutschland mit Pappeln durchgeführt haben. Die Bäume hätten unter Freilandbedingungen viel früher als erwartet zu blühen begonnen.

Matthias Fladung: Diese selbsternannten Experten sollten sich besser einmal vor Ort über die wahren Begebenheiten informieren. Es wundert mich nämlich sehr, dass gerade dieser Versuch als Beleg für unerwartete Effekte bei gv-Bäumen herangezogen wird. Untersucht wurde, ob ein neu eingeführtes Gen über einen längeren Zeitraum und unter dem Einfluss der Umwelt genetisch stabil bleibt. Es war auch bereits bekannt, dass das neu eingeführte Gen bei Kartoffeln den Blühzeitpunkt verändern kann. Entsprechend haben wir im Freisetzungsantrag für die Pappeln auf diesen Sachverhalt hingewiesen. Der veränderte Blühzeitpunkt war somit kein unerwartetes Ereignis. Zusätzlich zeigte sich, dass das neu eingeführte Gen keine Instabilität aufwies. Während der fünfjährigen Freisetzungsversuche blieb das Gen und die damit verbundene Eigenschaft stabil. Heute haben wir diese Pflanzen immer noch in in vitro-Kultur, das eingeführte Gen ist auch nach mittlerweile 17 Jahren immer noch stabil.

bioSicherheit: Was spricht aus ihrer Sicht für den Anbau von gentechnisch veränderten Bäumen?

Matthias Fladung: Die Diskussionen über ein Ja oder Nein zum Anbau von gv-Bäumen müssen zwei Seiten haben. Einerseits müssen die möglichen Risiken wissenschaftlich und fallspezifisch bewertet werden. Aber auch die Vorteile von gv-Bäumen sollten in dieser Diskussion berücksichtigt werden. Gentechnisch veränderte Bäume können helfen, den steigenden Bedarf an nachwachsenden Rohstoffen und Treibstoffen zu decken. Die Produktivität muss auch bei Bäumen nicht nur erhalten, sondern auch gesteigert werden. Plantagen mit gentechnisch veränderten Bäumen könnten sehr effizient zur ökologisch vertretbaren Produktion von nachwachsenden Rohstoffen und Bioethanol genutzt werden, denn Bäume haben eine deutlich höhere Energiekonversationsrate als beispielsweise Mais- oder Weizenkulturen. Und wir sollten nicht außer Acht lassen, dass der bereits eingesetzte Klimawandel den Wäldern Probleme bereiten könnte, was zukünftig eine sichere Verfügbarkeit des Rohstoffes Holz in Frage stellt. Letztlich kann langfristig gesehen die Etablierung von gv-Baumplantagen überall auf der Erde den enormen Druck von den tropischen Urwäldern nehmen.

bioSicherheit: Freilandversuche werden von einigen Umweltorganisationen sehr kritisch gesehen. Gibt es Alternativen dazu?

Matthias Fladung: Meine Ausführungen machen deutlich, dass die sichere Verwendung von gv-Bäumen ökologisch sehr sinnvoll ist und damit ein Beitrag zum Umweltschutz geleistet wird. Das müsste eigentlich doch gerade die Umweltverbände freuen. Freisetzungen sind für eine Sicherheitsbewertung von gv-Bäumen unentbehrlich. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Gewächshausergebnisse nicht per se auf das Freiland zu übertragen sind. Bei kleinflächigen Freisetzungen sind, wie bereits gesagt, keine negativen Umweltwirkungen festgestellt worden. Wir können nur dann mehr über ökologische Wechselwirkungen erfahren, wenn wir auf größeren Flächen gentechnisch veränderte Bäume freisetzen und untersuchen. Für diesen Erkenntnisgewinn im Rahmen der biologischen Sicherheitsforschung gibt es aus meiner Sicht keine Alternative.

bioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch

Quelle: www.BioSicherheit.de

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Kommentare 
Alfred schrieb am 15.02.2011 00:04 Uhrzustimmen(68) widersprechen(85)
Im Bericht heißt es, Dr. Matthias Fladung prüfe im Rahmen eines BMBF-Projektes neue Methoden zur Verhinderung der Ausbreitung von gentechnisch veränderten Bäumen. Ferner sei er der Meinung, in der Diskussion um gentechnisch veränderte Bäume sollten die Vorteile auch berücksichtigt werden. Leider nennt er aus seinem Forschungsbereich keinerlei Vorteile dazu. Aber, wenn Vorteile auch berücksichtigt werden sollten, was gibt dann wohl neben auch?
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