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15.10.2012 | 11:11

Nobelpreisträgerin setzt sich für grüne Gentechnik ein

Christiane Nüsslein-Volhard
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Christiane Nüsslein-Volhard (c) L'Oréal/MPI für Entwicklungsbiologie
Nobelpreisträgerin Nüsslein-Volhard wird 70

Zu Fruchtfliegen hat Christiane Nüsslein-Volhard bis heute keine besondere Beziehung. «Wenn mir zu Hause eine ins Weinglas fällt, dann hole ich sie halt raus und versuche, dass sie wegfliegt. Aber manchmal zerreibe ich sie auch zwischen den Fingern.»

Dabei haben die kleinen Tierchen die Tübinger Genetikerin berühmt gemacht und ihr 1995 den Nobelpreis beschert. Denn an ihnen hat sie die wesentlichen Mechanismen erforscht, wie aus einer Eizelle Insekten werden. Am kommenden Samstag (20.10.) wird die Direktorin am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie 70 Jahre alt. Doch in Rente will sie erst in ein paar Jahren gehen.

Tausende der kleinen Fruchtfliegen hat die Biologin in ihren Laboren gezüchtet, sie unter dem Mikroskop beobachtet, ihre Eier, Larven und Puppen gezeichnet. Vor allem Mutanten interessierten sie. Durch die Mutationen konnten sie und ihr Kollege Eric Wieschaus schließlich erklären, wie die Gene aus einem Ei eine Fliege werden lassen.

Die entscheidende Entdeckung dabei war, dass die Fliegen-Mutter jede Eizelle mit vier Substanzen versieht. Sie legen fest, wo beim Tier oben und unten, vorn und hinten ist. Dadurch entsteht ein Raster, in dem sich die Organe der Fliegenlarve entwickeln - jedes Organ, jeder Flügel, jedes Bein am richtigen Ort.

Das Interesse für die Natur und ihre Zusammenhänge war bei Nüsslein-Volhard früh erwacht. Geboren wurde sie mitten im Krieg 1942 in Magdeburg, aufgewachsen ist sie mit ihren drei Schwestern und ihrem Bruder in Frankfurt am Main. Mit etwa zehn Jahren besorgte sich Nüsslein-Volhard ihr erstes Bestimmungsbuch und lernte damit Pflanzen und Vögel kennen. Nach dem Abitur studierte sie Biologie und Biochemie und spezialisierte sich schnell auf die Genetik. Seit 1981 arbeitet die erste deutsche Medizin-Nobelpreisträgerin nun am Tübinger Max-Planck-Institut.

Als Frau in den Naturwissenschaften sei sie oft diskriminiert und ausgebremst worden. «Es ist anstrengend, eine Ausnahme, die Erste, die Einzige zu sein», sagte sie einmal. Doch ihre Neugier war stets stärker als der Frust. «Im Grunde geht es immer um die Frage: Wie funktioniert etwas, wie kommt es zustande. Die Belohnung ist die Erkenntnis.» Heute hilft sie Wissenschaftlerinnen mit einer eigenen Stiftung dabei, Karriere und Familie unter einen Hut zu bekommen.

Anders als viele männliche Konkurrenten habe auch sie sich immer die Zeit für Hobbys genommen. Jede Woche nimmt die Forscherin Gesangsunterricht, hin und wieder tritt sie in kleinem Rahmen als Mezzosopranistin auf und singt Arien von Schubert und Brahms. Um das neue Feld der Genetik vielen Menschen verständlich zu machen, schrieb sie populärwissenschaftliche Bücher und erklärte in kleinen Aufsätzen schon Kindern die Grundlagen der Genetik. Auch ein Kochbuch hat die Biologin veröffentlicht - für alle, die wie sie wenig Zeit haben, und Gästen trotzdem etwas Besonderes servieren wollen.

Inzwischen forscht Nüsslein-Volhard nicht mehr an Fruchtfliegen, sondern an Zebrafischen. Tausende tummeln sich in den Aquarien ihres Labors. Letztlich geht es um dieselben Fragen wie bei den Fruchtfliegen. Allerdings könnten sich Ergebnisse von dem Wirbeltier eher auf den Menschen übertragen lassen. Eines Tages, so hatte es das Nobelpreis-Komitee betont, könnte man dadurch vielleicht mehr über genetische Missbildungen bei Menschen verstehen. Wobei das für Nüsslein-Volhard nebensächlich ist. Sie ist Grundlagenforscherin durch und durch. «Der Mensch interessiert mich eigentlich nicht besonders. Am Menschen kann man nicht forschen», sagt sie.

Bis 2014 will die Professorin noch am Max-Planck-Institut bleiben. Mit 72 wird sie dann emeritiert. «Dann werde ich vielleicht noch ein bisschen vor mich hinforschen», sagt sie. Im Moment beschäftigt sie sich mit den Streifen der Zebrafische und mit den Genen, die dafür verantwortlich sind, das manche Streifen weiter auseinanderliegen als andere. «Das ist eine Frage, die hält Sie nachts nicht wach, aber mich! Es geht um die Erkenntnis.»
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