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14.04.2016 | 10:39 | Waldökosystem 

Bäume der Zukunft sollen ihr Leid twittern

Eberswalde - Dass Menschen mit ihren Pflanzen sprechen, ist nicht ungewöhnlich. Doch jetzt twittern Bäume zurück.

TwitteringTrees
«Hilfe, ich habe Durst» - so oder so ähnlich könnte es klingen, wenn demnächst eine Kiefer aus der Schorfheide twittert. Forscher wollen mit neuen Methoden die Folgen des Klimawandels erfassen und herausfinden, wie Pflanzen bei der Anpassung geholfen werden kann. (c) proplanta
«Wir haben eine Sprache gefunden, wie diese mit uns kommunizieren können», sagte die Ökophysiologin Kathy Steppe von der belgischen Universität Gent. Die Forscherin will wissen, wie es Pflanzen im Klimawandel ergeht.

In Joachimsthal, 70 Kilometer nordöstlich von Berlin, steht eine «Test-Birke». Die Wissenschaftlerin will am Rande eines Kongresses in Joachimsthal Kollegen vorführen, wie sie Bäume zum Sprechen bringt. Mit Zauberei habe dies wenig zu tun. «Die Bäume werden einfach mit Messfühlern und Sensoren ausgestattet, die ihre Vitalwerte per WLAN direkt ins Internet senden», erläuterte sie. «Es funktioniert wie eine Art Fitnesstracker beim Menschen.»

Im Kern geht es darum, Veränderungen im Wasserhaushalt von Bäumen zu erkennen. «Der Wassertransport ist der Herzschlag eines Baums», sagte Andreas Bolte, Leiter des Eberswalder Thünen-Instituts für Waldökosysteme, das als Bundesforschungsinstitut an dem Projekt beteiligt ist. Letztlich könnten Tweets über Verdunstung und Wasserfluss bei starker Trockenheit mit der Formel «Hilfe, ich habe Durst» übersetzt werden.

Der Klimawandel und damit einhergehende Extremwetterlagen setzen Bäumen in ganz Europa mächtig zu. Über vier Jahre haben Genetiker, Ökophysiologen, Holz-Anatomen und Pflanzenökologen innerhalb des europäischen Forschernetzwerks «Streess» sich dieses Themas angenommen und Daten zusammengetragen. «Die allgemeingültige Antwort gibt es nicht, wie Wäldern geholfen werden kann. Es ging für uns in einem ersten Schritt darum zu verstehen, wie einzelne Baumarten auf extreme Trockenheit überhaupt reagieren», erklärte Bolte.

Fichten zum Beispiel reagierten sehr sensibel auf Trockenheit, Eichen wiederum seien resistenter. «Uns interessierte, warum ein Baum besser mit Trockenheit oder Kälte klarkommt und ein anderer nicht», sagte er weiter. «Erst so haben wir ein Handwerkszeug, um eingreifen zu können», betonte Bolte.

Die «TwitteringTrees» seien deshalb ein sehr wichtiger Baustein in den Untersuchungen, betonte Steppe. «Sie senden ihre Daten ungefiltert raus. Jeder kann so sehen, wie es den Bäumen geht. Das sensibilisiert über Social Media die Menschen», sagte die Forscherin. «Und sie liefern uns Wissenschaftlern konstant neue Erkenntnisse, wie die Bäume auf zunehmende Hitze- und Trockenheit reagieren», ergänzte Bolte.

In Belgien twittern bislang schon sechs mit solchen Systemen ausgerüstete Bäume, in den Niederlanden einer. Bolte will die Vorführ-Anlage aus Joachimsthal nach Kongressende am Donnerstag mit nach Eberswalde (Brandenburg) nehmen und einer Kiefer in der Schorfheide anlegen.

Steppes großes Ziel ist es, über die «TwitteringTrees» ein europaweites Frühwarnsystem zu installieren. «Dafür brauchen wir jede Menge neue twitternde Bäume.»
dpa
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